Soziales Land hilft Prostituierten in Not in Trier mit einer neuen Beratungsstelle

Trier/Mainz · Das Schicksal einer Prostituierten kann die rheinland-pfälzische Frauenministerin Anne Spiegel (Grüne) nicht vergessen. Die Frau aus Baden-Württemberg, von der sie hörte, war schwanger, bekam das Baby – und stand eine Stunde nach der Geburt wieder auf dem Straßenstrich.

Land plant Beratungsstelle für Prostituierte in Trier
Foto: dpa

Helfer in Baden-Württemberg unterstützen die Mutter später, den Ausstieg aus der Prostitution zu schaffen, eine Ausbildung zu starten und sich um ihr Kind zu kümmern, schildert die Ministerin. Ein solches Vorbild soll auch eine neue Beratungsstelle in Trier sein, die Prostituierten in Not helfen soll und ihren Betrieb aufgenommen hat.

80 000 Euro investiert das Ministerium in die dritte landesweite Beratungsstelle nach Koblenz und Ludwigshafen. Träger ist die Aidshilfe in Trier. „Die Region ist durch die Nähe zu Luxemburg und Frankreich besonders von Problemen belastet“, sagt Spiegel, die in der Stelle auch einen Weg sieht, um Folgen des Prostituiertenschutzgesetzes zu bekämpfen.

Denn das Gesetz, das seit Juli 2017 bundesweit in Kraft ist, zündet laut Spiegel nicht. „Es hat die Lage für die Frauen teilweise verschlechtert“, sagt die Grüne. Prostituierte sollen sich mit dem Gesetz eigentlich bei den Kommunen anmelden, um sich gesundheitlich beraten zu lassen. Bis Ende des vergangenen Jahres hatten sich in Rheinland-Pfalz aber nur 1252 Prostituierte bei Behörden in Rheinland-Pfalz angemeldet. Spiegel rechnet aber alleine mit 10 000 bis 20 000 Frauen im Land, die sexuelle Dienste gegen Geld anbieten.

Das Gesetz treibe viele Prostituierte in die Anonymität, weil sie Stigmatisierung fürchteten, sagt die Ministerin. „Viele Frauen entziehen sich der Anmeldung und wechseln in die Wohnungsprostitution, die schwerer zu kontrollieren ist.“

Es gibt immer weniger Bordelle im Land, unter anderem deshalb, weil mit dem neuen Gesetz Notrufsysteme geschaffen werden müssen, sagen Kritiker. Dies könne dazu führen, dass Frauen auf den Straßenstrich wechselten und sich damit noch größeren Gefahren aussetzten.

Landesweit sind bislang von mehr als 130 Anträgen auf eine so genannte Prostitutionsstätte – was die für Sexarbeit genutzte Wohnung bis hin zum Groß-Bordell sein kann – mehr als 20 abgelehnt und rund 30 angenommen worden, seit das Gesetz in Kraft ist. In der Stadt Trier und im Kreis Trier-Saarburg, in denen die neue Beratungsstelle angesiedelt ist, gebe es bislang vier Betriebserlaubnisse, sagt Katja Sauer von der Aidshilfe in Trier.

Sieben Frauen befänden sich lokal bereits in der Ausstiegshilfe. Sie sagte, die Stelle verfolge eine „akzeptierende Haltung gegenüber Frauen“ und wolle Prostituierten in Not und bei Fragen helfen. Ein jüngster Fall sei der einer Frau, die vom Betreiber ihrer Arbeitsstätte auf die Straße gesetzt wurde und plötzlich obdachlos gewesen sei. Ihre gesamte Habe hatte sie in zwei Plastiktüten. Spiegel forderte von der Bundesregierung, das Gesetz zu überarbeiten. Menschenrechtsorganisationen wie Solwodi pochen für Deutschland auf das nordische Modell, das den Kauf von Sex verbietet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort