Affäre in Luxemburg: Polizei, Minister und Sohn liefern sich Schlagabtausch

Luxemburg · Eine Polizeiaffäre beschäftigt das Nachbarland. Ein Minister soll Druck auf eine Beamtin gemacht haben – um seinen eigenen Sohn bei einem Verhör zu schützen. Zwar scheitert ein Rücktrittsantrag im Parlament, aber jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Die luxemburgische Polizei hat Arbeitsminister Nicolas Schmit (57) in einem internen Bericht Einflussnahme auf Ermittlungen gegen dessen Sohn (18) vorgeworfen. Demnach soll der Politiker der sozialistischen LSAP einer Polizeibeamtin bei der Vernehmung des jungen Mannes wegen eines Verkehrsdelikts – zu schnellen Fahrens – gedroht haben.

Schmit weist dies zurück, und Premierminister Jean-Claude Juncker hat sich bereits vor seinen Kabinettskollegen gestellt. Nun aber ermittelt die Staatsanwaltschaft des Großherzogtums, und zwar auch gegen die Polizei selbst – denn es muss ein Leck bei den Sicherheitkräften geben, die den internen Protest gegen Schmit an Medien weiterleiteten.

In einer Anhörung soll nun dem „Informationsaustausch innerhalb der Polizei“ auf den Zahn gefühlt werden, sagte Innenminister Jean-Marie Halsdorf laut Luxemburger Tageblatt. „Auf den internen Bericht hatten nur wenige Leute Zugriff“, sagte Halsdorf.
Hintergrund: Am Mittwochabend waren weitere Polizeinformationen an eine Radiostation gelangt. Radio 100,7 habe gemeldet, dass Minister Schmit bereits 2009 einen Beschwerdebrief an die Polizeidirektion geschrieben habe, weil seiner Gattin vorgeworfen worden sei, ein Stoppschild missachtet zu haben – was diese bestritt. Die Frau des Ministers musste laut Tageblatt später dennoch ein Bußgeld entrichten.

Das Verfahren gegen den Ministersohn ist besonders aus Sicht der luxemburgischen Opposition heikler: Beim Verhör seines Sohnes habe Nicolas Schmit der Polizei mit juristischen sowie personellen Konsequenzen gedroht, zitieren die Medien des Nachbarlandes aus dem besagten Polizeischreiben. Schmit soll auch von möglichen Folgen für die zukünftige Personalaufstockung der Polizei gesprochen haben. Schließlich sei er mitverantwortlich für das Budget, soll Schmit dann noch nachgeschoben haben.

Deswegen war bei der Christlich Sozialen Jugend (CSJ) vom Amtsmissbrauch Schmits die Rede. Der Nachwuchs der Regierungspartei CSV, der Partei von Premier Juncker, forderte deswegen gar den Rücktritt Schmits, die Demokratische Partei und die Grünen verlangten eine Stellungnahme.

Die folgte denn auch Anfang dieser Woche. „Zu keinem Zeitpunkt hat die Absicht bestanden, bei dem Verhör durch meine Präsenz Einfluss auszuüben“, schrieb Schmit ans Parlament. Vielmehr habe er sich als Vater und nicht als Minister ein Bild von den Anschuldigungen gegenüber seinem Sohn machen wollen. Er habe zu keinem Zeitpunkt versucht, Druck auf jene Polizeibeamtin auszuüben, um sie an der Arbeit zu behindern. „Hier entsteht der Eindruck, ich hätte ausschließlich Vorwürfe an die Polizei gerichtet, was nicht stimmt“, schrieb Schmit weiter. Während der Polizeikontrolle im Dezember 2010 hatte sich der Sohn des Regierungsmitglieds nämlich auch beleidigend gegenüber Polizisten geäußert. Dafür will der Vater seinen Filius gerügt haben. Dessen Fahrzeug, ein Fiat 500, war an einem Sonntag um vier Uhr morgens kontrolliert worden – von sechs Beamten. Das fand Schmit übertrieben.

Zugleich hören sich die schriftlichen Einlassungen Schmits anders an als zuvor diejenigen seines Anwalts, der alle Vorwürfe der Einflussnahme bestritt. Nun lässt der Minister erkennen, dass er die Polizisten ebenfalls anging.

Die schimpften zurück, so legt es der in den Medien zitierte Polizeibericht nahe: „Wou gees de hin, du bass dach nëmmen ee Meter héich!“, „Hal deng Schnëss, du Aarsch, meng Schwëster ass méi staark wéi s du!“, „Houre Fransous, géi an däi Land zeréck“, (in etwa: „Was willst du, du bist nicht mal ‚nen Meter groß! Halt’ deine Schnauze, du Arsch, sogar meine Schwester ist stärker als du! Huren-Franzose, geh’ in dein Land zurück!“) seien Aussagen von Polizisten.

Die beiden jungen Männer sollen die letztere, fremdenfeindliche Äußerung mit den Worten „Rassisten!“ und „Bande d’incapables!“ (auf Deutsch: „unfähige Bande“) gekontert haben. Und: Die Polizisten hätten wohl nicht die „Eier“, um ihren Job zu machen. Das ist Schmit junior heute peinlich: „Die ganze Situation war äußerst kindisch, muss ich im Nachhinein zugeben“, sagte der Politikersohn dem Tageblatt.

Auch Schmit senior hat sich entschuldigt – über seinen Chef. „Er bedauert dies und entschuldigt sich“, sagte Premier Juncker am Dienstag, und zwar für die „Interpretationsdifferenz“ bei den Aussagen des Ministers bei der Polizei. Für den Regierungschef war die Causa Schmit damit erledigt. Für die luxemburgische Staatsanwaltschaft aber geht die Affäre jetzt erst los.

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