Familiendrama Ardennenstadt unter Schock: Wiltz am Tag nach der tödlichen Beziehungstat

Wiltz/Luxemburg · Wiltz trägt Trauer nach dem tragischen Beziehungsdrama, bei dem ein 47-jähriger Luxemburger Familienvater versucht hat, seine Ex-Partnerin zu überfahren. Das zweijährige gemeinsame Kind kam dabei ums Leben.

 Luxemburgische Ermittler in der Ardennengemeinde Wiltz nach dem Familiendrama vom 3. Januar.

Luxemburgische Ermittler in der Ardennengemeinde Wiltz nach dem Familiendrama vom 3. Januar.

Foto: Julien Garroy, Luxemburger Tageblatt

(tgbl) „Es ist einfach nur dramatisch“, sagt Frank Arndt. „Mit so etwas rechnet keiner“, sinniert der Wiltzer Bürgermeister und wiegt den Kopf hin und her. Er ist erst vor kurzem aus dem Urlaub zurück. Seit zehn Jahren ist der 60-Jährige jetzt im Amt und hat bislang manche Höhen und Tiefen erlebt. „Wir sind ja alles andere als verwöhnt hier“, sagt Arndt weiter.

Wiltz sei eine Arbeiterstadt mit Migrationshintergrund. Aber mit solchen Klischees habe diese Tat rein gar nicht zu tun. Es ist ein Beziehungsdrama und vermutlich eine Kurzschlussreaktion. Dem Vernehmen nach ist der Mann, der am Mittwoch in der Ardennengemeinde in die Fußgängergruppe gefahren ist, dabei seinen zweijährigen Sohn getötet und vier weitere Menschen verletzt hat, nämlich Ende des Jahres aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, in der er mit seiner Ex-Partnerin und dem gemeinsamen Kind lebte. „Solche negativen Schlagzeilen helfen uns nicht weiter auf unserem Weg nach vorne. Vor allem die Berichterstattung darüber, die teils alles andere als sachlich war“, so Arndt weiter. Und dann die Mutmaßung, dass es sich gar um einen Terrorakt handele. Oder eben um keinen Terrorakt.

„Der Clou war auch noch, dass wir geplant hatten, in den nächsten Tagen zusammen mit den Verantwortlichen des Service technique nach Bottrop zu fahren, um ein paar Ferienhäuser in Augenschein zu nehmen”, erzählt Arndt weiter. Die Gemeinde Wiltz hat vor, ebenfalls solche Ferienhäuser aufzubauen, deshalb die Reise dorthin. In der Silvesternacht fuhr bekanntlich ein Amokfahrer in Bottrop und in drei anderen Städten im deutschen Ruhrgebiet mehrfach in Menschenmengen und verletzte dabei insgesamt acht Personen. Und dann ereignet sich so ein Szenario auch in Wiltz: „Wir saßen zusammen im Schöffenrat, als die Nachricht kam. Es ist nicht einfach, diese Tat in Worte zu fassen.“ Als Gemeinde leide man mit. „In einer Großstadt ist dies wahrscheinlich völlig anders.“

Gegen 15.10 Uhr hatte der 47-jährige Familienvater mit seinem blauen Citroën am Mittwoch versucht, seine Ex-Lebensgefährtin in der Rue Grande-Duchesse Charlotte zu überfahren. Er kam aus Richtung Krankenhaus. Er habe beschleunigt, statt abzubremsen, so jedenfalls die Zeitung lessentiel.lu. Der Fahrer hielt vermutlich auf die Personengruppe zu, in der sich seine Ex-Partnerin und das gemeinsame Kind befanden, und verließ dabei die rechte Straßenseite. Die Staatsanwaltschaft geht denn auch von einer vorsätzlichen Tat aus. Am Donnerstag wurde der Luxemburger dem Untersuchungsrichter in Diekirch vorgeführt. Ermittelt wird unter anderem wegen Mordes.

In Höhe der Hausnummer 37 in der Rue Grande-Duchesse Charlotte war am Donnerstagvormittag auch der Mess- und Erkennungsdienst der Polizei noch dabei, Fotos vom Tatort zu machen. Der Bewohner eines der anliegenden Häuser sagt, dass er es nicht fassen kann, was sich ein paar Stunden zuvor vor seiner Haustür ereignet hat. Er ringt nach Worten. Eine Frau, die mit ihrer Tochter gerade von einem Arztbesuch kommt, schüttelt den Kopf: „Wie kann ein Familienvater so etwas tun? Es ist unfassbar und einfach nur dramatisch. Mir fiel es schwer, heute hierherzukommen, nachdem ich die Bilder im Fernsehen gesehen hatte.“

Eine andere Passantin kann es ebenfalls nicht fassen: „Ich komme gerade aus einer Versammlung. Man kann sich das nicht vorstellen, dass einer zu so einer Tat fähig ist. Er muss diese ja irgendwie geplant und der Frau regelrecht aufgelauert haben. Mir fehlen die Worte“, so die Frau weiter, die die Tat des Familienvaters nicht nachvollziehen kann. Einem jungen Mann, der sich gerade in der Nähe des Krankenhauses mit einem Bekannten unterhält, steckt der Schock ebenfalls noch in den Gliedern: „Es ist schlimm, dass Menschen so weit kommen und eine solche Tat begehen. Das macht mir Angst. In der Form gab es das ja noch nicht hier bei uns in Luxemburg. Wenn so was passiert, geht einem vieles durch den Kopf“, sagt der Mann. Nach den dramatischen Ereignissen wird es schwer werden in Wiltz, das mittlerweile etwas mehr als 7000 Einwohner zählt, wieder von heute auf morgen zum Alltag zurückzukehren. „So etwas bleibt haften und ist schwer für uns zu verkraften. Und das Schlimme ist, dass man dagegen keine Handhabe hat“, sagt Frank Arndt.

Dem Vernehmen nach ist der nun inhaftierte 47-jährige Familienvater bislang nicht auffällig gewesen. Bis zu jener Kurzschlussreaktion am 2. Januar 2019.

Die Autoren sind Redakteure
beim Luxemburger Tageblatt.

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