Landwirtschaft Den Grünen stinkt’s, den Bauern aber auch

Luxemburg · Gülle wird im Großherzogtum zunehmend zum Politikum. Nachdem Landwirtschaftsministerin Carole Dieschbourg (déi gréng) schon im Frühjahr die Bauern an das temporäre Verbot für Gülleausfuhr erinnert hatte, nimmt ihr Ministerium seit vergangenem Monat vermehrt Kontrollen vor. Die CSV-Abgeordnete Martine Hansen sieht die Bauern unnötig gegängelt.

 Ein Traktor mit Gülleanhänger versprüht die Gülle.

Ein Traktor mit Gülleanhänger versprüht die Gülle.

Foto: dpa/Carsten Rehder

(tgbl) Für Martine Hansen ist es eine Maßnahme, die über das Ziel hinausschießt. Anfang Juli hat das luxemburgische Landwirtschaftsministerium mitgeteilt, in Zukunft eigenständig Kontrollen der Lagerung von Gülle und Dung sowie von Gärresten vorzunehmen. Die Abgeordnete der luxemburgischen Chrëschtlech Sozial Vollekspartei (CSV) kann nicht nachvollziehen, warum das Ministerium nun zusätzliche Kontrollen ausführt, ausgerechnet in der Hochphase der Erntezeit.

Und vor allem: Warum die Kontrollkampagne so medienwirksam angekündigt wurde. Die christsoziale Politikerin sieht die Gefahr von Imageeinbußen für einen gesamten Berufsstand: der Bauer als Sündenbock.

Nun hat das Ministerium auf die Anfrage reagiert. Grund für die zusätzlichen Kontrollen seien alarmierende Ergebnisse der Wasserverwaltung. 2017 hat die Behörde demnach in elf Fällen Wasserverschmutzung auf der Grundlage von Gülle feststellen müssen. In diesem Jahr sind es den Angaben zufolge bislang bereits 20 Fälle. Dafür verantwortlich waren laut Landwirtschaftsministerin Carole Dieschbourg (déi gréng/Grüne) oftmals undichte Gülle-Zisternen bzw. Ventile, die nicht ordnungsgemäß abgedichtet waren.

Die Ministerin erinnert daran, dass es sich dabei nicht um ein Kavaliersdelikt handelt, sondern dass durch das Austreten von Gülle erhebliche ökologische Schäden entstehen könnten und das Grundwasser kontaminiert werde. Deshalb habe sie entschieden, die Lagerung genauer zu inspizieren.

 Luxemburgs Umweltministerin Carole Drieschbourg (die greng)

Luxemburgs Umweltministerin Carole Drieschbourg (die greng)

Foto: Bernd Wientjes

Die Umweltministerin will dabei klarstellen, „dass hier niemand unter Generalverdacht steht“; die medienwirksame Ankündigung der Kontrollen sei als Warnung gedacht – ähnlich wie wenn die Polizei öffentlich mitteilt, dass es zu Verkehrskontrollen kommen wird.

   Die CSV-Abgeordnete Martine Hansen.

Die CSV-Abgeordnete Martine Hansen.

Foto: Didier Sylvestre, Luxemburger Tageblatt

Bei der Diskussion um Gülle geht es in Luxemburg aber mittlerweile um weit mehr als um Gestank, denn das Thema ist zum Politikum geworden.

Bereits zu Beginn des Jahres hatte die Umweltministerin daran erinnert, dass das Ausbringen von Gülle bis zum Monat März untersagt ist.

Pflanzen brauchen zwar Nitrat aus Gülle für ihr Wachstum, und der Stoff ist für den Menschen auch erst mal ungefährlich.

Durch chemische Zerfallsprozesse können daraus aber gesundheitsgefährdende Nitrite entstehen. Und sind die Böden mit Wasser gesättigt, läuft die Gülle oberflächlich in den nächstgelegenen Bach ab. Dort steigen dann die Stickstoffwerte und belasten die Gewässer. Im Sommer sind Algenblüte und kippende Gewässer die Folge.

Mit diesem Problem hat Luxemburg gerade zu kämpfen. Die Blaualgen, bei denen es sich eigentlich um Bakterien handelt, gedeihen in diesem Jahr besonders prächtig. Nachdem zunächst der „Stausee“ und der See in Weiswampach betroffen waren, musste das Gesundheitsministerium am Donnerstag dieser Woche bekanntgeben, dass auch die luxemburgische Mosel mit Blaualgen kontaminiert ist.

Eine solche flächendeckende Kontaminierung von Gewässern hat es im Großherzogtum bislang noch nicht gegeben.

Der Autor ist Redakteur
beim Luxemburger Tageblatt

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