Ist die deutsche Maut rechtmäßig? Interview mit dem luxemburgischen Verkehrsminister Bausch

Zweifel bestehen noch. Doch der luxemburgische Verkehrsminister François Bausch setzt auf Diplomatie.

Ist die deutsche Maut rechtmäßig? Interview mit dem luxemburgischen Verkehrsminister Bausch
Foto: Bernd Wüstneck (Zentralbild)

Herr Bausch, Österreich wird gegen die deutsche PKW-Maut klagen. Warum schließt sich Luxemburg einer solchen Klage nicht an?
FRANÇOIS BAUSCH: Meiner Einschätzung nach ist es viel zu früh für eine Klage. Die Prozedur bei einer solchen Klage sieht vor, dass man zunächst die EU-Kommission als Hüterin der EU-Regeln schriftlich um eine Stellungnahme bittet. Die Kommission hat dann drei Monate Zeit darauf zu antworten. Ich halte es für sinnvoller, diesen Brief zu schreiben, um zu erfahren, warum die Kommission das Verfahren gegen die deutschen Mautpläne eingestellt hat. Daher werde ich in den nächsten Tagen einen solchen Brief schreiben.

Es wird aber keine Klage Luxemburgs gegen die deutsche Maut geben?
BAUSCH: Wir haben ja eine neue Lage. Die EU-Kommission hat Vorschläge gemacht für eine Harmonisierung der Maut-Systeme, bis 2023 für LKW und bis 2027 für PKW. Das ist das, was ich schon immer gefordert habe. Es muss europäische Standards für die Maut-Systeme geben.

Aber trotzdem haben Sie ja noch immer Vorbehalte gegenüber der deutschen PKW-Maut.
BAUSCH: Ja, es bestehen immer noch Zweifel daran, dass sie rechtmäßig ist. Es gibt unterschiedliche Gutachten. Einige kommen zu dem Schluss, dass durch die von der EU geforderten Nachbesserungen die deutsche PKW-Maut ausländische Autofahrer nicht benachteiligt. Österreich stützt sich auf ein Gutachten, das in der Maut eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer in Deutschland sieht. Mich interessieren in erster Linie die Argumente der EU-Kommission, die dazu geführt haben, dass diese die deutsche PKW-Maut nicht mehr ablehnt.

Glauben Sie, dass die deutsche PKW-Maut wie geplant in den nächsten Jahren umgesetzt werden wird?
BAUSCH: Es ist noch vieles offen. Nicht umsonst wurde ja als voraussichtliches Startdatum der 1. Januar 2019 gewählt. Das bedeutet, dass noch eineinhalb Jahre Spielraum für eine rechtliche Ausgestaltung sind, damit es keine Diskriminierung von ausländischen Autofahrern geben wird.

Sie sind also nicht generell gegen die Maut?
BAUSCH: Es steht keinem europäischen Land zu, einem Nachbarland reinzureden, wenn es zum Beispiel eine Maut einführt. Ich habe kein prinzipielles Problem damit, wenn Deutschland eine Maut einführt. Kommentar

Die Wut größer als der Mut

Da war die Wut größer als der Mut. Luxemburg zählte von Anfang an zu den Kritikern der deutschen PKW-Maut. Verständlich: Luxemburgische Autofahrer würden durch die Autobahnnutzungsgebühr etwa bei Einkaufsfahrten nach Trier kräftig zur Kasse gebeten. Premierminister Bettel machte der deutschen Kanzlerin bei deren Staatsbesuch im Januar deutlich, dass er durch die Maut die Reisfreiheit eingeschränkt sieht. Eine Klage Luxemburgs gegen die von Bundesverkehrsminister Dobrindt durchgepeitschte, handwerklich schlampig gemachte PKW-Maut, stand im Raum.
Doch anscheinend will das Nachbarland, wie auch Belgien und die Niederlande, die Beziehungen zu Deutschland nicht aufs Spiel setzen und verzichtet auf den Gang zum Europäischen Gerichtshof. Diplomatie siegt über die Wut. Dabei wäre es ein starkes Signal gewesen, wenn die fünf Mautrebellen, die sich in Luxemburg getroffen haben, gemeinsam - und nicht nur Österreich - gegen die Maut geklagt hätten. b.wientjes@volksfreund.de

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