Parlament Sie geloben dem Großherzog Treue

Luxemburg · Im Luxemburger Parlament werden die neuen Abgeordneten eingeschworen. Unter anderem auf Gehorsam gegenüber der Verfassung.

 Die frisch gewählten Abgeordneten haben in der „Chamber“, dem luxemburgischen Parlament, Platz genommen.

Die frisch gewählten Abgeordneten haben in der „Chamber“, dem luxemburgischen Parlament, Platz genommen.

Foto: Luxemburger Tageblatt/Herve Montaigu

Normalerweise ist der Balkon fast leer. Normalerweise sitzen hier nur ein paar Journalisten, ein paar Diplomaten und ein Polizist, der aufpasst. Normalerweise. An diesem Nachmittag ist das nicht der Fall. Unten in der Kammer redet der ADR-Abgeordnete Gast Gibéryen. Neben ihm sitzen die beiden jüngsten Abgeordneten: Sven Clement (Piraten) und François Benoy („déi gréng“). Gibéryen leitet am Dienstag die Sitzung. Die Zuschauer drängen sich auf dem Balkon. Ruhig ist es auch nicht. Es wird getuschelt. Eine Polizistin bittet die letzten stehenden Zuschauer, sich hinzusetzen.

Die erste Sitzung des neuen Parlamentes ist überdurchschnittlich gut besucht. Besser als Sitzungen, in denen tatsächlich wichtige Entscheidungen getroffen werden. Heute werden Punkte abgeklappert. Die Choreographie wird von Gesetzen und von der Verfassung geregelt.

Kandidaten, die siegreich aus der Wahl am vorletzten Sonntag hervorgingen und noch Teil der Regierung sind, werden an einem anderen Tag eingeschworen, erklärt Gast Gibéryen. Eine Kommission wird ausgelost. Sie soll prüfen, ob die Wahlen rechtmäßig verlaufen sind.

Ob alles so abgelaufen ist, wie es soll. Ob keine Gewählten zu nah verwandt sind. Kaum hat die Sitzung angefangen, wird sie schon unterbrochen, damit die Kommission tagen kann. Links vom Rednerpult sitzen die „Gambia“-Parteien. Grün, dann Rot, dann Blau. Rechts vom Rednerpult die Opposition. ADR, dann CSV, dann Piraten und Linke. Das traditionelle Links-rechts-Schema wird in der Kammer in Luxemburg nicht eingehalten – schon lange nicht mehr. In der Mitte des Saals hängt der große Lüster mit den Plastikkerzen und den Plastikflammen, die langsam hin- und herwippen, um den Eindruck zu erwecken, sie seien echt. Der Besucherbalkon hängt über der Opposition. So wie die Kammer aufgebaut ist, so wie die Abgeordneten sitzen, blicken die Besucher den Parlamentariern der Mehrheitsparteien in die Gesichter und der Opposition auf die Hinterköpfe, auf die Handybildschirme oder in die Zeitung. Wer am Rednerpult steht, redet in Richtung Regierungsbank.

ADR-Mann Roby Mehlen hatte sich nach den Wahlen beklagt, dass eine Stimme nicht in allen Wahlbezirken das gleiche Gewicht hat. Er hatte offizielle Beschwerde eingereicht. Auch darüber musste die Kommission befinden. Die Berichterstatterin Sam Tanson deklariert: Die Kommission empfiehlt der Kammer, die Beschwerde von Mehlen abzuschmettern. Mehrheitlich habe man das so entschieden. Die Kommission empfiehlt aber, die Anmeldeprozedur zur Briefwahl zu verbessern und für einen besseren Zugang für Blinde und Invaliden zu den Wahllokalen zu sorgen.

Sam Tanson verliest das Wahlresultat. Bezirk um Bezirk. Die Kandidaten erfüllen alle Bedingungen. Keine unerlaubten Verwandtschaften. Alle dürfen vereidigt werden. Die Kammer „validiert“ die Wahlen einstimmig per Handzeichen.Dann das, weshalb alle hier sind: Die Abgeordneten legen ihren Schwur ab. Treue gegenüber dem Großherzog, Gehorsam gegenüber der Verfassung und dem Gesetz. Zuerst jene aus dem Süden, dann jene aus dem Osten, dem Zentrum und dem Norden. Einer nach dem anderen tritt an das aufgestellte Mikrofon, hebt die rechte Hand mit einem „Je le jure“, gefolgt von Gibéryens „Merci“ und dem Namen des nächsten Kandidaten, der an das Mikrofon treten soll. Dann übernimmt, für nicht mehr als ein paar Sekunden, der Zweitdienstälteste Michel Wolter, damit auch Gibéryen seinen Schwur leisten kann. Die Namen werden erneut verlesen. Gibéryen spricht motivierende und dankende Worte.

Luxemburg hat also neue Abgeordnete. Noch kein komplettes Parlament allerdings. Das wird es erst sein, wenn feststeht, wer für die Regierung ernannt und wer nachrücken wird.

Der Autor ist Redakteur
beim Luxemburger Tageblatt.

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