Migration Warum Luxemburg die Genitalien bei jungen Flüchtlingen untersucht

Luxemburg · Das Außenministerium nimmt zum wiederholten Male zu den umstrittenen medizinischen Tests Stellung. Kritiker hatten die Vorgehensweise der Behörden immer wieder bemängelt.

 Luxemburgs Außenministerium wehrt sich gegen Kritik.

Luxemburgs Außenministerium wehrt sich gegen Kritik.

Foto: Luxemburger Tageblatt

Gibt ein Geflüchteter bei der Ankunft und Erfassung im Großherzogtum an, dass er minderjährig ist, und die luxemburgischen Behörden stellen diese Angabe infrage, dann werden eine Reihe von medizinischen Untersuchungen vorgenommen. Ziel ist es zu verhindern, dass sich Erwachsene als Minderjährige ausgeben, um Vorteile bei der Behandlung ihrer Dossiers zu erschleichen.

Die Menschenrechtskommission hatte die Methode kritisiert – insbesondere, dass dabei in einigen Fällen die Genitalien untersucht werden. Dies sei in Frankreich bereits verboten, argumentiert die Menschenrechtskommission.

Das luxemburgische Außenministerium hatte sich im November bereits dazu geäußert. Es könne laut Gesetz vom 18.12.2015 solche Untersuchungen anordnen. Das „Laboratoire national de santé“ (LNS) habe die medizinischen Tests entwickelt. Das Ministerium unterstreicht, dass diese Untersuchungen nicht an allen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten vorgenommen werden, sondern nur bei denen, die keine Papiere vorweisen können und bei denen ein erheblicher Zweifel an den Angaben zu ihrem Alter besteht.

Vor 2015 habe man sich bei dieser Untersuchung auf die Röntgenaufnahme des Handgelenks beschränkt, erläutert das Ministerium weiter. Bei Kindern sieht man auf Röntgenaufnahmen Wachstumsfugen, die bei 18-Jährigen normalerweise verschwunden sind. Ein exaktes Alter kann so aber nicht bestimmt werden.

„Diese Methode wurde zu Recht kritisiert“, räumte das Ministerium damals ein. Heute würden zunächst Handgelenk und Hand durchleuchtet. Wenn diese darauf hinwiesen, dass die Person minderjährig sei, wäre die Untersuchung an dieser Stelle beendet. Sollte allerdings immer noch der Verdacht bestehen, dass die Person volljährig ist, werde eine komplette Untersuchung veranlasst – inklusive einer Inaugenscheinnahme der Genitalien. Auch Schlüsselbein und Zähne würden geröntgt.

Die Fotos, die dabei entstünden, würden vertraulich behandelt und dienten nur dazu, dass die Mediziner ihren Bericht schreiben könnten, versichert das Ministerium. Die Fotos tauchten genauso wenig im Gutachten des LNS auf wie in der Akte des Ministeriums, so die Behörde.

In einer Pressemeldung äußerte sich das Ministerium nun erneut zu diesen Untersuchungen. Die Würde der Personen werde respektiert, da ihr Körper dabei nicht berührt, sondern nur betrachtet werde. Seit 2017 würden außerdem nur Fotos von Gesicht und Torso gemacht.

Die Luxemburger Justiz bestätige regelmäßig die Legalität und die Dringlichkeit der Untersuchungen, und sieben Mitgliedstaaten der EU praktizierten ähnliche Methoden, gibt das Ministerium weiter an.

Diese weiterführenden medizinischen Tests haben bislang in Luxemburg noch nie ergeben, dass die untersuchte Person minderjährig ist. Der Verdacht der Beamten, dass die Angaben einer Person über ihr Alter falsch sind, hat sich also noch immer bewahrheitet. Bislang sei also noch nie ein „echter Minderjähriger“ dieser Untersuchung unterzogen worden, schreibt das Ministerium. 2018 habe es acht solcher medizinischer Tests gegeben. Bei einigen der Untersuchten sei das Alter sogar auf 26-27 Jahre geschätzt worden. Luxemburg habe die Pflicht, echte Minderjährige in den Unterkünften und Schulen zu schützen und zu verhindern, dass dort Erwachsene untergebracht werden, heißt es weiter.

Der Autor ist Redakteur
beim Luxemburger Tageblatt.

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