Tierrecht Mangelhafte Kontrolle von Tiertransporten?

Trier/Wincheringen · Eine ARD-Reportage wirft einem Unternehmen aus Wincheringen vor, sich beim Transport und Export von Tieren nicht an rechtliche Vorgaben gehalten zu haben. Das Veterinäramt des Kreises Trier-Saarburg soll zudem nicht genau genug hingeschaut haben, ob beim Tiertransport Rechtsvorschriften eingehalten wurden.

 Kälber sollen aus Bayern über einen Viehhändler aus Wincheringen und über eine Sammelstelle in der Nähe von Mulhouse nach Spanien exportiert worden sein – ohne Beachtung der Transportzeiten.

Kälber sollen aus Bayern über einen Viehhändler aus Wincheringen und über eine Sammelstelle in der Nähe von Mulhouse nach Spanien exportiert worden sein – ohne Beachtung der Transportzeiten.

Foto: Getty Images/iStockphoto/DWalker44

Von Alexander Schumitz

Rund eine Million Zuschauer haben am Montagabend die ARD-Dokumentation „Tiertransporte gnadenlos – Viehhandel ohne Grenzen“ gesehen, darunter auch zahlreiche Menschen aus der Region. Den TV erreichten zu diesem Thema mehrere empörte Leserzuschriften. Aufhänger für die 45-minütige Dokumentation war unter anderem der Transport eines Kalbes von einem Hof in der Nähe von Augsburg über Wincheringen und via Soppe-le-Bas im Elsass nach Katalonien in Nordspanien im Dezember 2019. Das Problem auf dieser Tour mit dem Abstecher an die Obermosel: Rechtlich vorgegebene Ruhezeiten für die Tiere werden auf diesem Transport nicht eingehalten. In Nordspanien verliert sich schließlich die Spur des Kalbes. Es könnte jetzt in einem katalanischen Betrieb bis zur Schlachtreife gemästet werden.

Oder über die katalanische Hafenstadt Tarragona nach Nordafrika verschifft worden sein. Die etwa 135 000 Einwohner zählende Stadt südlich von Barcelona ist einer der wichtigsten Umschlagsplätze für Vieh nach Nordafrika und in den Nahen Osten. In der Folge dokumentiert das ARD-Team zahlreiche Verstöße gegen europäisches Tierschutzrecht während der Einschiffung der Tiere sowie die unwürdige Haltung und Schlachtung des Viehs in Staaten wie Marokko, Libanon und der Türkei. In diese drei Staaten wurden von der Kreisverwaltung Trier-Saarburg im Jahr 2019 nach eigenen Angaben noch insgesamt zehn Tiertransporte genehmigt.

Rita Wacht, Geschäftsführerin der Viehgeschäft Johann Wacht GmbH in Wincheringen, wollte sich trotz eines detaillierten Fragenkatalogs gegenüber dem TV nicht zu den in der Dokumentation gegen ihr Unternehmen erhobenen Vorwürfen äußern.

Martina Bosch, Sprecherin des Kreises Trier-Saarburg, bestreitet im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, dass die Behörde diesen Weitertransport des Tieres nach Spanien gekannt habe. „Wir waren zunächst nicht über die tatsächliche Route informiert, glaubten, dass die Kälber nur zur Sammelstelle in Soppe-le-Bas transportiert würden.“ Den Verdacht, dass die Tiere tatsächlich nach Nordspanien gebracht wurden, habe das Kreisveterinäramt erst später durch die bayerischen Behörden mitgeteilt bekommen. „Daraufhin haben wir diese Transporte von der Sammelstelle in Wincheringen ab Mitte Dezember 2019 nicht mehr genehmigt“, sagt Bosch weiter. Ein Eilantrag des Viehhändlers gegen diese Verfügung sei vom Verwaltungsgericht abgelehnt worden.

In der Fernsehdokumentation hatte der Sachgebietsleiter des Kreises, Stephan Schmitz-Wentzel, noch argumentiert, dass es eine wirtschaftliche Entscheidung des Unternehmers sei, über welche Route Tiertransporte abgewickelt werden. Für den Unternehmer könne es Sinn machen, eine fast doppelt so lange Fahrtstrecke zurückzulegen (Welden – Wincheringen – Soppe-le-Bas: 748 Kilometer), wie sie tatsächlich nötig wäre (Welden – Soppe-le-Bas: 403 Kilometer), um die Tiere an ihren Bestimmungsort zu bringen.

Tatsächlich schreibt die EU-Tiertransportverordnung detailliert vor, was bei Viehtransporten in den Papieren stehen muss: so ist etwa die Angabe des Versand- und des Bestimmungsorts zwingend. Ferner wird den Viehtransporteuren aufgegeben, was sie auf ihrer Tour beachten müssen. Laut Bosch werden geplante Tiertransporte auf ihre Plausibilität mithilfe von Routenplanern und Wetterdaten auf ihre Zulässigkeit hin geprüft.

Insgesamt acht geplante Tiertransporte in den Libanon und nach Marokko hat die Kreisverwaltung seit November 2019 nicht mehr genehmigt. Bosch: „Hier waren die Angaben zu den Transportfahrzeugen und den Bestimmungsorten nicht plausibel. Unterlagen zur Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorgaben wurden nicht vollständig vorgelegt.“

Der Grund für diese strengere Genehmigungspraxis dürften strengere Vorgaben des Landesuntersuchungsamtes für den Export von Tieren in Nicht-EU-Staaten sein. Auf Nachfrage des TV betont Kerstin Stiefel, Pressesprecherin des Landesuntersuchungsamtes, dass ihre Behörde sowie das zuständige rheinland-pfälzische Umweltministerium seit August 2019 die Amtsveterinäre der Kreise bei der Abfertigung von Tiertransporten in Nicht-EU-Staaten fachaufsichtlich unterstützen. Hierzu müssen die Veterinärämter seither bei der Prüfung der Transportplanung von Beförderungen, die länger als acht Stunden dauern und in Nicht-EU-Staaten – sogenannte Drittländer – führen, das Landesuntersuchungsamt vorab beteiligen. „Wir bestärken die Veterinärämter konsequent darin, solche Transporte nicht abzufertigen, bei denen die Prüfung der Tour ergibt, dass die Anforderungen der EU-Tiertransportverordnung nicht bis zum Bestimmungsort im Drittland eingehalten werden können.“ Deshalb gebe es im Land auch keine generellen Ausfuhrverbote in bestimmte Drittländer.

Das Landesuntersuchungsamt bestätigt die Angaben des Kreises, dass in dem in der Dokumentation zu sehenden Transport in den Papieren die Sammelstation Soppe-le-Bas als Bestimmungsort angegeben war. Für den Weitertransport von Soppe-le-Bas seien deshalb die französischen Behörden zuständig gewesen. Diese hätten laut Landesuntersuchungsamt darauf achten müssen, dass bei dem Transport die gesetzlichen Ruhezeiten von 48 Stunden eingehalten werden.

Nach Angaben des Landesuntersuchungsamtes hat es seit September 2019 aus Rheinland-Pfalz keine Tiertransporte mehr in Drittländer gegeben. Einzige Ausnahme hiervon ist die Schweiz. Auch nach Spanien seien in den vergangenen Monaten keine Tiere mehr transportiert worden.

Die Behörde sieht aber kaum Möglichkeiten Tiertransporte „allein aufgrund möglicher tierschutzrechtlicher Verstöße nach Ankunft der Tiere am Bestimmungsort zu untersagen“. Es müssten stets die Einzelfälle geprüft werden. Um besser kontrollieren zu können, sei letztlich die europäische Kommission gefordert, die Regeln für Tiertransporte nachzubessern.

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