Achtung, Schwitzkasten!

Hannover/Berlin · Ein heißes Auto kann gefährlich werden. Das sollte kein Fahrer auf die leichte Schulter nehmen.

 Puh, was für eine Hitze: Wer sich auf hohe Temperaturen nicht richtig vorbereitet, etwa zu wenig trinkt, riskiert auch die Verkehrssicherheit. Foto: dpa

Puh, was für eine Hitze: Wer sich auf hohe Temperaturen nicht richtig vorbereitet, etwa zu wenig trinkt, riskiert auch die Verkehrssicherheit. Foto: dpa

Foto: Christin Klose (dpa-tmn)

Hannover/Berlin (dpa) Sommer, Sonne - Hitze unterm Dach. Der Innenraum eines Autos kann sehr schnell sehr warm werden. Ein wesentlicher Grund dafür: die vielen Glasflächen. Allen voran die Frontscheibe. "Allein die Windschutzscheibe ist in den vergangenen Jahren deutlich größer geworden und geht bei einigen Autos bereits ins Dach über", sagt Thomas Klein vom Bundesverband Autoglaser. Durch sie gelange am meisten Wärme ins Fahrzeuginnere. Das Problem hierbei sei dann der Treibhauseffekt. "Die warmen Sonnenstrahlen dringen durch die Windschutzscheibe ins Fahrzeug ein, werden dort reflektiert und können aber nicht mehr entweichen, weil sie dann eine andere Wellenlänge haben", erklärt Klein.
Besonders anfällig gegenüber Hitze ist die Frontscheibe auch, weil sie nur bedingt getönt werden darf. "Ab der B-Säule ist eine stärkere Abdunklung erlaubt, etwa die Privacy-Verglasung." Die Frontscheibe und die vorderen Seitenfenster hingegen müssten eine Lichtdurchlässigkeit von mindestens 70 Prozent aufweisen.
Bei normalen, grün getönten Scheiben gelangen 65 Prozent der Wärme ins Auto, während bei spezieller Wärmschutzverglasung dieser Wert auf bis zu 40 Prozent reduziert werden kann, so der Autoglashersteller Saint-Gobain Sekurit International. "Bei einer Wärmeschutzverglasung befindet sich im Inneren der Scheibe noch eine zusätzliche Schutzschicht", sagt Klein. Erkennbar seien diese Scheiben oft auch an einem grünlichen und bläulichen Schimmer.
Ist das Auto erst einmal aufgeheizt, hat der Fahrer verschiedene Möglichkeiten, die Temperatur zu senken. "Empfehlenswert ist, vor dem Losfahren Fenster und Türen zu öffnen, um die Stauhitze entweichen zu lassen", sagt Alexander Ahrens vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Zu Beginn der Fahrt sollten die Fahrer die Fenster schließen und den Innenraum mit der Klimaanlage mit hoher Leistung fünf Minuten herunterkühlen. "Anschließend die Klimaanlage auf eine kleine Stufe stellen und den kalten Luftstrahl nie direkt aufs Gesicht lenken", rät Ahrens. Die Folge könnte sonst eine Erkältung sein.
Bei Autos ohne Klimaanlage sollten die Fenster leicht geöffnet und die Lüftung auf die niedrigste Stufe eingestellt werden, um eine Luftzirkulation zu ermöglichen.
Mit größeren körperlichen Beeinträchtigungen müssen Autofahrer rechnen, wenn sie die Hitze im Innenraum ignorieren. "Hier können schnell Temperaturen von weit über 50 Grad erreicht werden", erklärt Professor Dr. Matthias Graw von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin. "Dies wirkt sich ganz unmittelbar auf die Konzen-trations- und Reaktionsfähigkeit aus." Besonders Personen, die zu einem hohen Blutdruck und Kreislaufproblemen neigten, sollten sich umsichtig verhalten und lieber öfter kurze Pausen an einem schattigen Platz einlegen.
Daneben sei es wichtig, immer ausreichend zu trinken. "Hierbei ist es ratsam, besser regelmäßig kleine Schlucke Wasser zu trinken als eine größere Menge auf einmal", sagt Graw. Insgesamt sollten Autofahrer, wenn sie an heißen Tagen unterwegs sind, durchaus zwei bis drei Liter Flüssigkeit zu sich nehmen, rät der Mediziner. Ein Indikator für eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme sei auch ein sehr dunkler Urin.
Wird der Innenraum zu stark heruntergekühlt, können die warmen Außentemperaturen beim Aussteigen wie eine Wand wirken. Ahrens rät daher dazu, den Temperaturunterschied spätestens Richtung Fahrtende auf nicht mehr als drei Grad einzupegeln.
Einen wirksamen und günstigen Schutz vor der Hitze bietet bereits eine einfache Wellpappe auf der Windschutzscheibe. "Zusätzlich kann man das Armaturenbrett, Lenkrad und Sitze mit einem Tuch abdecken." An den hinteren Seitenscheiben können auch Zusatzrollos einen gewissen Schutz bieten, allerdings werde dadurch auch die Sicht behindert. "Gefährlich ist es, wenn Tücher oder Pappen in die hinteren Scheiben eingeklemmt werden", warnt Ahrens. "Denn wenn dann beispielsweise ein Kind versehentlich das Fenster öffnet, zieht der Fahrtwind die Pappe nach draußen, und sie landet im schlimmsten Fall auf dem nachfolgenden Fahrzeug."
Verzichten sollten Autofahrer auf Cockpitspray. "Das enthält Silikon und erzeugt daher bei direkter Sonneneinstrahlung noch mehr Spiegelungen." Daneben gibt es im Fachhandel auch Folien, die nachträglich auf die Scheiben ab der B-Säule aufgebracht werden können und zwischen 150 und 300 Euro pro Satz kosten. Klein weist aber darauf hin, dass diese Folien über ein Prüfzeichen verfügen müssen, damit sie bei der Hauptuntersuchung akzeptiert werden. "Gar nicht erlaubt ist es, eine Scheibe zu tauchen oder zu lackieren." Wer das Bekleben der Scheiben von Fachbetrieben durchführen lässt, erhält auch eine Gewährleistung und kann sicher sein, dass die Folie hält.
Besser setzen Autokäufer gleich beim Neuwagen auf eine Wärmeschutzverglasung, rät Klein. Die böten mittlerweile viele Autohersteller an. Vor allem die französischen Hersteller seien hier fortschrittlich und würden ihre Neufahrzeuge vielfach bereits serienmäßig mit Wärmeschutzverglasung ausstatten.
Muss die Frontscheibe aufgrund eines Glasschadens ausgetauscht werden, lohne es sich aber auch, nachträglich auf eine Wärmeschutzverglasung umzusteigen. "Vielfach ist das nicht sehr viel teurer. Bei Fahrzeugen wie dem Audi A4 oder einem 5er BMW etwa kostet eine Frontscheibe rund ein Drittel mehr", sagt Klein. Allerdings übernehme die Teilkasko die Mehrkosten für die bessere Verglasung nicht, da immer nur die ab Werk verbaute Scheibe ersetzt werde.

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