Aloe Vera im Höschen - Wäschehersteller setzen auf Nischen

Stuttgart (dpa) · Früher hatten Frauen die Wahl zwischen Unterhose oder Tanga - heute auch zwischen Aloe Vera oder Koffein. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, setzen einige Wäscherhersteller auf besondere Inhaltsstoffe in BH und Höschen.

Wer seiner Liebsten Dessous schenken möchte, muss sich künftig zwischen Aloe Vera, Milchproteinen und fettverbrennendem Koffein entscheiden. Um das Geschäft mit Höschen und BH anzukurbeln, setzen Wäschehersteller verstärkt auf Stoffe mit gewissen Extras. Cellulite bekämpfen, die Haut pflegen oder an heißen Tagen Erfrischung verschaffen - mit neuen Inhaltsstoffen können Unterhosen solche Bedürfnisse mittlerweile erfüllen.

„Ein Durchschnittsprodukt hat es immer schwerer, Käufer zu finden“, sagt Rolf Boje, Marketing-Vorstand des Wäscheherstellers Triumph . Womit man heute punkten kann? „Besonderes Material, besondere Passform, besonderes Design, besondere technische Fähigkeiten.“

Das hat auch die Firma Mey aus Albstadt für sich entdeckt. „Pflegeprodukte in Fasern - das ist ein Trend, der in der Luft liegt“, sagt Marketingchef Roland Geiger. Der Wäschehersteller bietet seit Neustem Unterwäsche mit Milchproteinen an, die dem natürlichen PH-Wert der Haut entspricht.

Nach Angaben des Gesamtverbandes der Maschenindustrie fiel der Umsatz der deutschen Wäsche- und Miederhersteller im vergangenen Jahr mit rund 1,06 Milliarden Euro etwas höher aus als noch im Vorjahr. „Wir kämpfen weiter mit steigenden Kosten bei Material, Logistik und Energie“, sagt Silvia Jungbauer, stellvertretende Vorsitzende des Verbands. Aber: „Wir haben Nischen aufgebaut und entdeckt, wo wir Chancen haben zu wachsen.“

Kleine Besonderheiten sollen Kunden so auch höhere Dessous-Preise schmackhaft machen: „Wenn ich ein Produkt im oberen oder mittleren Bereich kaufe, dann erwarte ich dafür auch etwas“, sagt Jungbauer. „Der Verbraucher ist jahrzehntelang in einer Geiz-ist-geil-Mentalität erzogen worden - jetzt kann er nur schwer nachvollziehen, warum er mehr bezahlen soll.“

Auch Triumph und Mey mussten die Preise erhöhen, wie die Wäscheproduzenten bestätigen. „Die Spanne reicht von weniger als 1 Prozent bis 7 Prozent“, sagt Triumph-Vorstand Boje. „Die vollen Rohstoffpreise konnten wir nicht weitergeben. Das haben wir in den Margen gespürt.“ Auch Mey spricht von „moderaten Preiserhöhungen“.

Wie man trotzdem konkurrenzfähig bleibt? „Indem man Themen spielt, die andere noch nicht auf dem Tablett haben“, sagt Geiger von Mey.

Bei Triumph hält man das ähnlich - und verkauft bald Unterwäsche, die „über 100 Wäschen“ lang Aloe-Vera abgibt, figurformende Unterhosen mit kühlendem Effekt oder solche, die fettverbrennendes Koffein enthalten und so Cellulite bekämpfen sollen.

Kombiniert werden solche Extras oft noch mit einer figurformenden Funktion: „Das muss man als Megatrend bezeichnen“, sagt Boje. Bei den sogenannten „Shaping“-Produkten verzeichnete Triumph zuletzt zweistellige Wachstumsraten und rechnet damit auch 2012. „Die Frau hat etwas lieben gelernt, was sie von ihrer Mutter oder Großmutter noch von der reinen Ansicht des Produkts kannte, aber gescheut hat, weil es fürchterlich unbequem war.“ Das sei nun anders.

Überhaupt setzen Hersteller verstärkt auf den Wohlfühleffekt: „Wir setzen auf Top-Qualität in Stoff, Passform und Verarbeitung“, betont etwa Schiesser-Vorstandschef Rudolf Bündgen. Das Traditionsunternehmen aus Radolfzell am Bodensee hatte 2011 nach der Insolvenz erstmals wieder Gewinn erwirtschaftet. Schiesser brachte jüngst eine neue Serie mit 95 Prozent Baumwollanteil auf den Markt.

„Die Kunden legen heute mehr Wert auf sich selbst“, meint Geiger von Mey. „Heute ist der Trend: Wir lassen es uns gut gehen.“ Mey wolle daher noch stärker auf Nachhaltigkeit setzen als ohnehin bereits. Bei Triumph soll der Anteil nachhaltiger Produkte innerhalb der nächsten 10 Jahre um 50 Prozent steigen, sagt Boje.

Einen Kunden könne man mit besonderen Inhaltsstoffen oder Nachhaltigkeit allerdings nur schwer in Kauflaune versetzen: Den Mann. „Der modische Anspruch ist da überschaubar“, sagt Boje. In Deutschland machten Männer nur ein Viertel des Triumph-Umsatzes aus, sagt Boje. Bei Mey ist der Anteil ähnlich gering.

Mey

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