Beim Fleisch vergeht vielen der Appetit

Jeder will gesund sein, doch an der gesunden Ernährung scheitern die meisten Verbraucher. Nicht nur, weil sie nicht wollten, sondern weil sie leicht getäuscht werden können. Denn immer mehr Konsumenten sind in Ernährungsfragen verunsichert, stellt die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz fest.

Die Zahl ist alarmierend: Rund drei Viertel der deutschen Verbraucher sind laut einer Studie des Verbraucherzentrale Bundesverbands davon überzeugt, dass die Lebensmittelhersteller sie austricksen. Nicht ganz zu Unrecht, wie Susanne Umbach von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz festhält. "Vielfach liegt es an den Herstellern, die jede rechtliche Grauzone ausschöpfen", sagt die Ernährungsexpertin. Werbung und Aufmachung täuschten oftmals über die wahren Inhalte hinweg. Ein Standardmüsli etwa als Fitness-Gericht zu bezeichnen, führe den Verbraucher in die Irre. Daran wird wohl auch die neue EU-Lebensmittelinformationsverordnung nichts ändern (der TV berichtete). Seit dem 12. Dezember 2011 ist sie bereits in Kraft, die sehr langen Übergangsfristen enden in diesem Jahr, teils sogar erst Ende 2016. Vor allem Kennzeichnungspflichten sollen in einigen Punkten verschärft werden und die Verbraucher schützen. Viele aus Sicht der Verbraucherzentrale ungünstige Regelungen bleiben allerdings bestehen. Und oftmals sind auch neue Vorschriften nicht optimal gestaltet: "Für das gesamte Paket gilt: Die Situation verbessert sich, aber ungünstige Regeln bleiben bestehen", sagt Umbach. Es gebe nach wie vor Handlungsspielraum für Täuschungen, etwa bei Schinkenimitaten oder Klebefleisch.
Gerade Fleisch bietet den Lebensmittelherstellern viele Schlupflöcher, haben die Verbraucherschützer festgestellt. "Die Ursache der Skandale um BSE, Pferdefleisch und Massentierhaltung liegen vor allem in undurchsichtigen Lieferwegen", sagt Umbach. Die Alternative: regionale Produkte. Doch auch im Slogan "regionale Produkte sind das neue Bio" sieht die Expertin Schwächen. Regional heiße ja nicht aus der eigenen Heimat, so dass der Begriff auch ausgenutzt werden könne.
Wer aber bewusst saisonal und frisch einkaufe, habe bereits etwas für sichere Lebensmittel getan. "Selbst mit kleinem Budget kann ich frische Kartoffeln kau-fen und einlagern, auch Bio-Mehl, -Nudeln, -Milch gibt es schon für wenig Geld", rät Susanne Umbach. "Ich muss nicht die ganze Bio-Palette abdecken. Bio-Chips sind ja nicht gesünder als herkömmliche."
Ihr Tipp: möglichst wenige, unverarbeitete, saisonale und bunte Zutaten sowie hochwertiges Fleisch kaufen.
Gerade beim Fleisch haben Verbraucherschützer einen Verhaltenswandel bei den Konsumenten festgestellt. Inzwischen sind bereits neun Prozent der Deutschen Vegetarier. "Negativberichte verstärken die Nachfrage nach fleischlosen Produkten", weiß Umbach (siehe Extra). Doch einfach so auf Fleisch & Co. zu verzichten, davon rät die Ernährungsexpertin ab (siehe Kolumne). Eine geringere Ermüdung einerseits führe andererseits womöglich zu Mangelerscheinungen. Auch der Berliner Bio-Psychologe Peter Walschburger sagt: "Was dem einen bekommt, tut dem anderen nicht gut."
Studien haben nämlich gezeigt: Wer generell auf das achtet, was er isst, ist auch tendenziell weniger übergewichtig, körperlich fit und damit auch weniger dem Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls ausgesetzt.

Der TV veröffentlicht nun immer mittwochs seine neue Ernährungskolumne "Mahlzeit" (siehe nebenstehender Text).Extra

Untersuchungen haben gezeigt: Noch 91 Prozent der Deutschen essen regelmäßig Fleisch. Im Schnitt verzehrt jeder Deutsche im Jahr 60 Kilogramm Schnitzel, Steaks und Wurst. Allerdings wächst die Zahl derjenigen, die ganz oder zeitweise darauf verzichten. Nach einer Studie der Unis Hohenheim und Göttingen ist bereits jeder neunte Deutsche sogenannter Flexitarier, also ein Konsument, der möglichst wenig Fleisch essen möchte; weitere zehn Prozent der Deutschen möchten ihren Fleischkonsum reduzieren. Fleischlos leben laut dem Vegetarierbund Deutschland inzwischen mehr als sieben Millionen Deutsche. Das sind rund neun Prozent der Bevölkerung - Tendenz steigend. Ebenso steigt die Zahl der Veganer, also derjenigen Vegetarier, die neben Fleischprodukten auch auf Milchprodukte, Eier und Honig verzichten. Sie liegt bei derzeit 600 000. sas

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