Bitte fragen: Verbraucher sollen leichter an Ämter-Infos kommen

Berlin (dpa) · Ob die Küche ihres Lieblingslokals blitzblank oder schmuddelig ist, interessiert viele Gäste. Was Behörden dazu wissen, wollten bisher aber nur wenige Bürger wissen. Nun ermuntert der Staat, nachzufragen.

Wurde der Imbiss um die Ecke kürzlich auf Sauberkeit kontrolliert? Und was kam dabei heraus? Steckt im neuen Kuscheltier vielleicht Chemie? Auf Fragen wie diese müssen sich Ämter in ganz Deutschland verschärft gefasst machen. Künftig sollen die Bürger bei Behörden leichter Auskünfte einholen können, wenn es um Lebensmittel, Tierfutter und bestimmte andere Produkte geht. Doch an der Reform des Verbraucherinformationsgesetzes , die an diesem Samstag in Kraft tritt, gibt es auch Kritik - nicht nur aus der Wirtschaft.

Nach welchen Informationen können Verbraucher fragen?

Der Anspruch auf Auskünfte wird erweitert. Künftig kann auch nach technischen Geräten wie Waschmaschinen und Haartrocknern sowie Möbeln und Heimwerkerartikeln gefragt werden. Schon jetzt gilt das für Lebensmittel, Tierfutter und Produkte mit viel Körperkontakt wie Kleidung, Spielzeug, Reinigungsmittel oder Schminke. Dabei sind bei Ämtern solche Infos zu bekommen, die sie etwa durch Kontrollen gesammelt haben: über Hygieneprobleme in Gaststätten, Zusatzstoffe in Lebensmitteln, Pestizide in Gemüse - aber auch zu Sicherheitsmängeln bei Geräten und kleinen Spielzeugteilen, die Kinder schlucken können.

Kommt nun eine Anfragewelle?

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will die Bürger ermuntern, ihr Recht stärker zu nutzen. Schließlich könnten sie „bei konkreten Anliegen eine konkrete Behördenauskunft“ bekommen. Möglich ist das schon seit 2008, war bisher aber nicht gerade ein Renner. Um die 400 Anträge gingen jährlich in der ganzen Republik ein. Dass sich plötzlich Millionen melden, wird nicht erwartet. Um Hemmschwellen zu senken, sollen Anfragen künftig aber formlos per Anruf oder E-Mail zu erledigen sein. Sind für einfache Fragen bisher 5 oder 25 Euro Gebühr möglich, soll es bis zu einem Verwaltungsaufwand von 250 Euro gratis sein. Geht es um einen Rechtsverstoß, liegt die Schwelle bei 1000 Euro.

Was ändert sich für die Behörden?

Um Fragen loszuwerden, müssen die Bürger herausfinden, welche Stelle überhaupt zuständig ist. Das können Kreisverwaltungen sein, Gewerbeaufsichtsämter oder Landesämter für Verbraucherschutz. Als Konsequenz aus Lebensmittelskandalen sieht das Gesetz zugleich vor, dass Behörden von sich aus informieren müssen, wenn überschrittene Grenzwerte entdeckt werden. Aber auch, wenn bei Hygiene-Verstößen mindestens 350 Euro Bußgeld zu erwarten sind. Dafür haben mehrere Länder Internetportale angekündigt, die Produkte samt Grund der Beanstandung auflisten, zum Beispiel „unhygienische Lagerung“ oder „Verschmutzung von Produktionsmaschinen“. Bis es so weit ist, dürften aber einige Wochen vergehen, denn erst werden die Firmen angehört.

Was sagen Verbraucherschützer und die Wirtschaft?

Aus Sicht der Verbraucherorganisation Foodwatch herrscht bei der Lebensmittelbranche weiter zu viel Nebel. „Behörden müssen auch in Zukunft nicht aktiv und von sich aus alles veröffentlichen, was sie über gesundheitsgefährdende, ekelerregende oder unhygienische Zustände wissen“, sagt Vize-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt. Gäbe es eine Sauberkeitskennzeichnung an Restauranttüren wie etwa in Dänemark, erledigten sich viele Verbraucheranfragen. Dagegen hat die Wirtschaft Bedenken, dass der Auskunftsanspruch auf weitere Produkte ausgedehnt wird. Dies sei eine Einladung an Konkurrenten und eine „Gefährdung von Betriebsgeheimnissen ohne tatsächlichen Nutzen für Verbraucher“, moniert der Bundesverband der Deutschen Industrie.

Warum sind andere Produkte und Dienstleistungen ausgenommen?

Die Opposition kritisiert, die Reform greife zu kurz. Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen müssten publik werden, auch wenn sie unter Grenzwerten liegen, forderte die SPD im Bundestag. Und der Anspruch auf Auskunft müsse für alle Produkte und auch für Dienstleistungen gelten. Die Regierung hat sich vorerst aber dagegen entschieden. Denn bei Handwerkern, Anwälten oder Ärzten seien Dienstleistungen sehr unterschiedlich, und es gebe keine einheitliche Marktüberwachung wie bei Lebensmitteln. Auch Auskünfte zu Bankgeschäften sind ausgenommen, da für Kontrollen der Aufsichtsbehörde Bafin schon ein anderes Info-Gesetz gilt. Anfragen dort seien aber nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen möglich, kritisieren die Verbraucherzentralen.

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