Buchautor Christian Schuldt: "Beziehungen, die im Netz entstanden sind, sind stabiler und leidenschaftlicher" - TV-Serie "Generation Y" (Teil 3-2)

Trier · Volksfreund: Ein kurzer Blickkontakt, ein verlegenes Lächeln, der Duft von frisch aufgelegtem Parfüm: Viele Reize fehlen bei der digitalen Partnersuche. Ist das nicht furchtbar unromantisch?Christian Schuldt: Ganz im Gegenteil: Tendenziell ist das Kennenlernen im Netz sogar offener, tiefgründiger und emotionaler als offline, gerade weil wir uns "spiegelverkehrt" kennenlernen, von innen nach außen.

 Christian Schuldt

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Foto: privat

Im Schutz der Anonymität fällt es viel leichter, Hochpersönliches zu offenbaren. Deshalb kann gerade die Virtualität den Weg für eine tiefe emotionale Nähe ebnen. Das Kennenlernen im Netz ist außerdem langsamer, reflektierter, weil man sich schriftlich, Schritt für Schritt, aufeinander zubewegt. Dieses Wechselspiel aus Nähe und Distanz ist grundromantisch und kann schon vor dem ersten Treffen eine gemeinsame Basis aufbauen. Studien zufolge sind Beziehungen, die im Netz entstanden sind, deshalb auch stabiler und leidenschaftlicher.

Irgendwann kommt es dann doch - das erste Treffen in der realen Welt. Falsche Angaben zu Körpergröße oder Gewicht werden natürlich sofort enttarnt. Wie steht es um die eigenen Vorlieben? Wie viel Schummeln ist erlaubt?
Schuldt: Online-Dater unterscheiden klar zwischen "erlaubten" Verschönerungen und "illegalen" Lügen. Ein paar Zentimeter mehr oder ein paar Jahre oder Kilo weniger müssen nicht verwerflich sein, ein verschwiegener Partner dagegen schon. Für das erste Treffen ist vor allem das richtige Timing entscheidend: Um eine Online-Beziehung erfolgreich ins "echte" Leben übertragen zu können, sollte ein echter persönlicher Kontakt im Netz entstanden sein - doch das virtuelle Vorspiel darf auch nicht zu lang dauern, weil dann die Gefahr steigt, das virtuelle Gegenüber zu idealisieren und mit Erwartungen zu überfrachten.

Die Auswahl an potenziellen Partnerbörsen ist enorm, der Unterschied bei den Kosten gravierend. Wie finde ich das passende Jagdrevier?
Schuldt: Der Erfolg beim Online-Dating hängt stark davon ab, ob man ein Portal findet, dessen Stil zu einem selbst passt. Eine grundsätzliche Typfrage ist dabei auch die Entscheidung zwischen kostenlosen bzw. preiswerten Singlebörsen wie Friendscout24 oder Finya und eher kostenintensiven Partnervermittlungen wie Parship oder ElitePartner. Viele Online-Dater bevorzugen Singlebörsen gerade deshalb, weil man selbst aktiv werden muss, anstatt Partner vermittelt zu bekommen - zumal es keine gesicherten Erkenntnisse über die Erfolgsquoten von Partnervermittlungen gibt. Letztlich gilt also die Devise "Probieren geht über Studieren". Eine Hilfestellung kann die Webseite singleboersen-vergleich.de geben.

Zur Person: Christian Schuldt (44) ist als Autor und Referent für das Zukunftsinstitut tätig. In Hamburg studierte er Literaturwissenschaften und Soziologie. Seine Recherche über das Online-Dating hat er 2013 veröffentlicht:
Christian Schuldt, "Romantik 2.0: Vom Suchen und Finden der Liebe im Internet", 192 Seiten, Gütersloher Verlagshaus, 17,99 Euro, ISBN 978-3-5790-6656-1. sek

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