Damit die Gewinne weiter sprudeln

Region/Berlin · Die zum 1. Januar angekündigten Strompreiserhöhungen kommen den Verbraucher teuer zu stehen: Zwei Milliarden Euro kassieren die ohnehin gut verdienenden Stromkonzerne durch die Preisanhebungen bei ihren Kunden zusätzlich ab - und zwar ungerechtfertigt. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gegeben hatte.

 Wenn der Strom fließt, wachsen die Profite. Netzagentur und Politiker kritisieren die Preispolitik der Energieversorger. Foto: dpa

Wenn der Strom fließt, wachsen die Profite. Netzagentur und Politiker kritisieren die Preispolitik der Energieversorger. Foto: dpa

Die größte Strompreiserhöhungswelle seit Jahren rollt auf die Verbraucher zu: Mehr als 500 Versorger verteuern den Strom ab Januar. Millionen Kunden sind betroffen, mehr als die Hälfte aller Haushalte in Deutschland. Im bundesweiten Durchschnitt steigen die Energiekosten laut Experten um rund sieben Prozent.

Der Ärger bei den Grünen ist deshalb groß: "Die Versorger erhöhen die Preise, um ihre Gewinne zu steigern", empören sich die Energie-Expertin der Fraktion, Ingrid Nestle, sowie die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn. Das von den beiden Politikerinnen in Auftrag gegebene Gutachten zur Plausibilität der Begründung von Preiserhöhungen decke dies eindeutig auf, meinen sie. Denn in der Expertise heißt es: "Durch die nicht nachvollziehbaren Preiserhöhungen zahlen die Verbraucher 2011 deutschlandweit rund zwei Milliarden Euro zuviel an die Stromversorger, wenn diese flächendeckend umgesetzt werden."

Die Konzerne begründen die Preisanhebung unter anderem mit der gestiegenen EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) von 1,5 Cent pro Kilowattstunde zum Jahreswechsel. Demgegenüber steht jedoch laut Studie "ein bislang nicht weitergegebenes, erhebliches Preissenkungspotenzial". So seien die um 30 bis 40 Prozent gesunkenen Beschaffungskosten beim Strom seit Herbst 2008 nicht an die Kunden weitergegeben worden. Auch sei die Umlage für die Kraftwärmekopplung (KWK) gesunken, und seit 2006 hätten sich die Margen der Stromversorger bei den Haushaltskunden im gesamtdeutschen Durchschnitt annähernd verdreifacht. Fazit der Grünen: "Entlarvt wird die Begründung, dass die erneuerbaren Energien die Preistreiber beim Strom sind. Hier wird ein Vorwand benutzt, um ungerechtfertigte Preiserhöhungen zu kaschieren."

Verfasst hat das Gutachten der Energiewirtschaftler Gunnar Harms, der auch stellvertretender Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher ist. Er geht davon aus, dass das auslaufende Jahr 2010 ertragsmäßig ein Rekordjahr insbesondere für die vier großen Stromversorger wird. "Ihr gesamter Jahresgewinn dürfte bei rund 30 Milliarden Euro liegen. Nie zuvor haben sie einen höheren Gewinn eingefahren", analysiert Harms.

"Weil die Kunden zu wenig den Anbieter wechseln, können die Stromversorger die Preise ohne Schaden hoch halten und immer wieder ohne Grundlage Erhöhungsrunden einlegen", sagt Höhn. Gerade große Konzerne wie Vattenfall und EnBW würden jetzt noch einmal richtig zulangen. "Ich kann nur empfehlen, die Preise zu vergleichen und zu wechseln, sonst kommt keine wirkliche Bewegung in den Markt", mahnt die Grüne mehr Wechselbereitschaft an.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Grünen mit den mächtigen Energieriesen anlegen. Erst im Sommer hatten sie eine Studie vorgelegt, wonach den Kunden eine Milliarde Euro zu viel abgeknöpft wird. 2008 wurden die vier großen Stromkonzerne in Deutschland als Abkassierer gebrandmarkt, weil sie ihre Gewinne innerhalb von fünf Jahren verdreifacht hatten und der Strompreis gleichzeitig um mehr als 50 Prozent gestiegen war.

extra Fast jeder zweite Kunde kann beim Wechsel seines Stromanbieters nach Angaben der Bundesnetzagentur bis zu 300 Euro jährlich sparen. "45 Prozent der deutschen Stromkunden haben noch die teuren Grundlasttarife", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth. "Wer ein günstiges Angebot aussucht, kann im Schnitt 160 Euro sparen." Das gelte auch beim Gastarif. Trotz des kalten Winters blieben die Einkaufspreise für Gas niedrig. "Auch hier muss der Verbraucher vergleichen und seine Marktmacht durch Wechsel nutzen." Dass viele Versorger ihre zum Jahreswechsel angekündigte Anhebung des Strompreises mit der Erhöhung der Umlage für erneuerbare Energien aus dem Energieeinspeisegesetz begründen, sei nur zum Teil richtig. Es werde verschwiegen, dass etwa die Preise an der Strombörse in den vergangenen zwei Jahren deutlich gesunken seien. (dpa)

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