Dann eben mit dem Taxi

Die Reaktion der Bahn klang gestern so: "Wir arbeiten mit Hochdruck intern daran, die Bestimmungen kundenfreundlich und rechtzeitig umzusetzen", meinte eine Sprecherin. Allzu viel Zeit bleibt dem Konzern nicht: Die neuen Fahrgastrechte, die das Kabinett auf den Weg gebracht hat und die den Kunden eine höhere Entschädigung bei Verspätungen sichern, sollen schon im Frühjahr kommenden Jahres in Kraft treten. Also vor Beginn der Reisesaison 2009.

Berlin. (has) Welche Rechte erhalten die Fahrgäste neu?

Bahnkunden bekommen künftig bei Verspätungen ihres Zuges ab 60 Minuten 25 Prozent des Fahrpreises erstattet, bei Verspätungen von mehr als zwei Stunden die Hälfte des Ticketpreises. Ist absehbar, dass der Zug mehr als 60 Minuten später kommen wird, kann der Fahrgast auch von einer Fahrt zurücktreten und sein Geld zurückverlangen.

Wie wird künftig eine Verspätung bemessen?

Bei den neuen Regelungen soll nicht mehr die Unpünktlichkeit einzelner Züge, sondern die tatsächliche Ankunftszeit am Zielort zählen. Ist also ein erster Zug nur fünf Minuten verspätet und kommt ein Bahnkunde durch einen dann verpassten Anschlusszug über eine Stunde später am Zielort an, erhält er auch die Entschädigung.

Wann muss die Bahn nicht haften?

Nicht haften muss die Bahn, wenn die Verspätung "durch außerhalb des Bahnbetriebes liegende Umstände" verursacht wird. Beispielsweise bei einem Unfall an der Strecke, wodurch ein Zug seine Fahrt über eine Stunde lang nicht weiter fortsetzen kann. Auch gibt es keine Erstattungen unter einer Bagatellgrenze von vier Euro. Kostet ein Ticket zum Beispiel 14,60 Euro, und der Zug erreicht sein Ziel mit einer Stunde Verspätung, muss die Bahn nicht zahlen: 25 Prozent des Ticketpreises sind in diesem Fall lediglich 3,65 Euro.

Gibt es auch eine Fahrpreiserstattung im Nahverkehr?

Nein. Laut Gesetz handelt es sich um Nahverkehr, wenn die Reiseweite nicht mehr als 50 Kilometer oder die Reisezeit nicht mehr als eine Stunde beträgt. Eine anteilige Fahrpreiserstattung ist nach Ansicht des Justizministeriums wegen der vergleichsweise preisgünstigen Fahrkarten eher unattraktiv.

Ist im Nahverkehr denn etwas anderes geplant?

Ja. Bei Verspätungen von mehr als 20 Minuten können die Kunden einen anderen Zug - auch Intercitys oder ICE - nehmen. Nicht umsteigen dürfen sie allerdings auf Züge mit Reservierungspflicht - etwa Nachtzüge, ICE-Sprinter oder Sonderzüge. Zwischen 23 und 5 Uhr können Bahnfahrer ab einer Verspätung von 60 Minuten zudem auf Kosten des Unternehmens aufs Taxi umsteigen, wenn sie ihren Zielort ansonsten nicht mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen können. Die Taxifahrt darf aber nicht teurer als 50 Euro sein.

Was halten die Kritiker von den neuen Regeln?

Sie sind nicht zufrieden. So kritisieren die Grünen, dass das Gesetz viel zu sehr den Interessen der Bahn entgegenkommt, da die Kunden erst ab einer Stunde Verspätung einen Entschädigungsanspruch erhalten. Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) habe im Sommer 2006 zunächst Entschädigungssätze bei 30-minütiger Verspätung angekündigt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort