Der Reiz der leuchtenden Weidenruten

In der internationalen Gartengestaltung heißt die Devise "less is more" - "weniger ist mehr". Zu keiner anderen Zeit lässt sich das besser beobachten als zu Beginn des Jahres. Denn im farblos und kahl gewordenen Garten wird die Aufmerksamkeit auf Details gelenkt, die in der Saison unter einem Blätterdach verschwinden.

 Als Nutzpflanze zum Korbflechten und Anbinden von Weinreben haben Weiden eine lange Tradition. Doch ihre farbigen Ruten, die wie hier in der Wittlicher Senke im Winter weithin sichtbar leuchten, besitzen auch einen Schmuckwert, der sich in der Gartengestaltung einsetzen lässt. TV-Foto: Kathrin Hofmeister

Als Nutzpflanze zum Korbflechten und Anbinden von Weinreben haben Weiden eine lange Tradition. Doch ihre farbigen Ruten, die wie hier in der Wittlicher Senke im Winter weithin sichtbar leuchten, besitzen auch einen Schmuckwert, der sich in der Gartengestaltung einsetzen lässt. TV-Foto: Kathrin Hofmeister

Foto: Kathrin Hofmeister (kf) ("TV-Upload Hofmeister"

Immer mehr Gartenfreunde entdecken den Reiz von Rindenschmuck. Um in den Genuss auffälliger Baumstämme und farbiger Zweige zu kommen, muss man die richtige Gehölzauswahl treffen und gegebenenfalls zur Schere greifen. Am Ende des Winters werden Rosemary Alexander, Helen Riches und viele andere bekannte englische Gartengestalterinnen die weißen Stämme ihrer Birken wieder schrubben. Im Mutterland der Gartenkultur ist es schon lange kein Geheimtipp mehr, dass Rindenschmuck ein wichtiges Gestaltungselement darstellt.
Regelmäßige Säuberung


Über die Wintermonate zeigt sich der Reiz farb- und formenreicher Gehölzstämme besonders eindrucksvoll. Der Garten wirkt leer und farblos. Eine hübsche Rinde wie das Elfenbeinweiß der Birken auf glatten Stämmen fällt da positiv auf. Damit sie ihre Strahlkraft behalten, werden sie mit Topfreiniger-Pads und lauwarmem Wasser, in den die Engländerinnen einen Schuss Geschirrspülmittel gegeben haben, regelmäßig gesäubert.
Rosemary Alexander, Grand Dame der Gartenszene und Gründerin der renommierten English Gardening School in London, schätzt vor allem das Cremeweiß der Gold-Birke (Betula ermanii). Helen Riches, die für ihre raffinierte Planung von langen, schmalen Stadtgärten bekannt ist, bevorzugt die Weißrindige Himalaya-Birke (Betula utilis Doorenbos): "Sie sind gerade im Winter ein Hingucker." Die jungen Triebe sind olivbraun, im vierten Jahr werden sie glänzend braungelb und nach sechs Jahren reinweiß.
Bunte Farbpalette


Während viele Birken ihre schönsten Farben mit zunehmendem Alter entwickeln, zeigen Weiden die intensivste Färbung an jungen Trieben. Die Palette der rasch wüchsigen Gehölze reicht von rötlichen Tönen, wie bei der Locken-Weide mit auffallend gedrehten Zweigen, bis zu fast gelb leuchten Ruten der schönen Silber-Weiden-Auslese Britzensis. In kleinen Gärten sind Hochstamm-Formen eine echte Alternative. So werden von den großen Silber-Weiden mit ihren in der freien Landschaft weithin orange-gelb leuchtenden Ruten Kopf-Weiden herangezogen. Elegant wirkt die ebenfalls kopfweidenartig gezogene Harlekin-Weide (Salix integra Hakuro Nishiki). Auch sie schmückt sich über den Winter mit rot-orange leuchtenden Ruten. Um die Form zu erhalten und den bunten Blattaustrieb zu garantieren, schneidet man sie jedes Jahr im Spätwinter bis auf Aststummel zurück.
Unter den Sträuchern stechen viele Hartriegel mit ihren farbigen Zweigen im Wintergrau hervor. Im Licht der tief stehenden Wintersonne leuchtet der Tatarische Hartriegel (Cornus alba) glutrot. Eine der schönsten Sorten ist Sibirica mit seiner korallenroten Rindenfarbe. Beim Roten Hartriegel Winter Beauty steckt die "Winterschönheit" im Sortennamen. Allerdings verblasst die Rindenfärbung bei älteren Zweigen. Deshalb sollte man jährlich alle Triebe, die drei Jahre oder älter sind, knapp über dem Boden zurückschneiden.
Der Vorteil des Rückschnitts


Der beste Zeitpunkt für den Verjüngungsschnitt liegt im späten Winter, kurz bevor die Sträucher frisch austreiben. Ein regelmäßiger Rückschnitt hat einen weiteren Vorteil: Ins Alter kommende Exemplare legen ihre Triebe zunehmend nach außen. Wo sie den Boden berühren, bilden sie Wurzeln und breiten sich flächig aus. Schöner sehen die winterlichen Rindenwunder jedoch aus, wenn sie ihre ursprüngliche, aufrechte Wuchsform behalten. Und frische Ruten färben nicht nur schön aus, sondern schießen auch stramm nach oben.
Extra

Für den Baum ist die Rinde eine Schutzschicht. Darunter verlaufen die Leitbahnen des Gehölzes. Manche Gehölze besitzen eine besonders markante Rinde wie die Eiche mit ihren hervortretenden Korkschichten oder die Kiefer, deren Stämme im Alter dekorative Plattenborken aufweisen. Andere bilden mehrfarbige Strukturen aus und wirken wie die grün und weißgrau gefelderten Platanenstämme exotisch. In der Gartengestaltung haben auffällige Rindenformen und -farben Schmuckwert. Einen besonderen Reiz besitzen glänzende Stämme, wenn sie im Sonnenlicht blitzen. Zu den eindrucksvollsten Rindenschmuckgehölzen in der Kategorie "wie frisch lackiert" gehört neben den Birken die Mahagoni-Kirsche (Prunus serrula). Eine weitere Besonderheit teilen diese Stamm-Schönheiten mit dem Zimt-Ahorn: Sie rollen ihre alte Rinde in Streifen ab. Auch das sieht interessant aus. kf

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