Die unbekannten Jäger im heimischen Wald

Berlin · Tierfreunde im Volksfreund: Bis zu 8000 Wildkatzen gibt es in Deutschland. Viele Menschen wissen das nicht und verwechseln die Tiere mit Hauskatzen.

Berlin (dpa) Wenn man in europäischen Wäldern auf Katzen trifft, handelt es sich meist nicht um ausgesetzte Hauskatzen, sondern um Wildkatzen. Wenn man sich die Tiere ansieht, kann man die Wildkatze jedoch gut von der Hauskatze unterscheiden. Das Fell wirkt bei Wildkatzen deutlich verwaschener und ist grau mit cremefarbigen Stellen. Meist zieren ein weißer Kehlfleck und ein dunkler Strich auf dem Rücken das Fell der Wildkatze. Grundsätzlich ist das Fell länger als das der meisten Hauskatzen.
Auch am Körperbau sind die Tiere erkennbar. "Die Europäische Wildkatze ist größer, massiger und kraftvoller als eine Hauskatze", erklärt Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung. Der Schwanz der Wildkatzen ist sehr buschig und wirkt dadurch dicker, hat aber ein stumpfes Ende. In seltenen Fällen kann es passieren, dass sich eine Wildkatze mit einer Hauskatze paart. Aus dieser Kreuzung entstehen sogenannte Hybriden. Die lassen sich oft nur schwer erkennen und werden meist durch eine genetische Analyse identifiziert.
Der Bestand von Wildkatzen in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren erholt. Die Experten schätzen 6000 bis 8000 Exemplare auf deutschem Boden. Besonders in Mittelgebirgen in Südwest- und Mitteldeutschland sind die Tiere verbreitet, unter anderem im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen und im Harz.
Wildkatzen sind Einzelgänger und leben meist zurückgezogen in Waldgebieten. Die Tiere sind am Tag und in der Nacht unterwegs und auf Jagd. "Wildkatzen haben einen gut ausgeprägten Geruchssinn und sind gute, kraftvolle Jäger", erklärt Münchhausen. Etwa 80 Prozent der Beute sind kleine Säugetiere - meist Wühlmäuse. In Ausnahmefällen können Wildkatzen aber auch Hasen oder Rehkitze reißen. In der Regel sind die Tiere sehr scheu und meiden den Kontakt zu Menschen. Wer das Glück hat, einem Exemplar zu begegnen, sollte eine Wildkatze aus der Entfernung betrachten und nicht stören.
Für den Menschen sind Wildkatzen völlig ungefährlich. Auf der anderen Seite kann der Mensch aber zur Gefahr für die Katze werden. "Niemals sollte man sich einem Wildkatzenversteck oder Wurfplatz nähern", warnt Münchhausen. Denn dann könnte es sein, dass die Katze nicht mehr zu diesem Platz zurückkehrt. Wer eine einsame Wildkatze oder ein Katzenbaby findet, sollte die Tiere in Ruhe lassen. "Den Tieren helfen zu wollen ist zwar gut gemeint, aber das Schlechteste, was man den jungen Wildkatzen antun kann", sagt Judith Freund vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Wer Jungtiere unwissentlich einsammelt, sollte sie schnell an gleicher Stelle wieder absetzen. Beim Zurücksetzen sollte man darauf achten, dass die Tiere keinen Kontakt zu Hauskatzen oder sonstigen Infektionsquellen hatten. "Aufgrund der Ansteckungsgefahr sollten die Tiere nicht zu Tierheimen oder Katzenhilfen gebracht werden", sagt Freund. Verletzte Tiere können beim BUND-Landesverband, dem Jagdpächter oder bei einer Naturschutzbehörde gemeldet werden.
Kann man Wildkatzen an den Menschen gewöhnen? "Nein, Wildkatzen lassen sich nicht zähmen und nie freiwillig berühren", sagt Münchhausen. Eine Wildkatze zu Hause zu halten würde nur schwer funktionieren. Denn die Tiere sind nicht robust gegenüber Infektionen und nicht daran gewöhnt, sich zu versorgen. "Katzenfutter ist außerdem eine Mangelernährung", sagt Mica Pfleiderer, Katzenforscherin und Buchautorin. Normalerweise brauchen die Wildkatzen Frischfleisch mit Knochen. Eine kleine Chance, die Tiere an den Menschen anzupassen, gibt es bei zwei Ausnahmen: Wenn die Augen der Jungtiere noch geschlossen sind oder bei den Hybriden. "Grundsätzlich ist es aber illegal, privat Wildkatzen zu halten", erklärt Pfleiderer.

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