Eltern, schwere Verbrecher

In Millionen Familien wird tagtäglich eine schwere Straftat begangen. Glauben Sie nicht?! Dann überlegen Sie doch mal, wann Ihnen zuletzt der empörte Satz: "Das ist Erpressung!" von Ihrem Kind an den Kopf geworfen wurde.

Wahrscheinlich war das in einer Situation, in der es um "wenn-dann"-Bedingungen ging, wie zum Beispiel: "Wenn das Zimmer nicht endlich aufgeräumt wird, fällt die Fernsehzeit heute aus!" Auf den ersten Blick klingt das ja wirklich wie eine Erpressung: Wenn du meine Bedingungen nicht erfüllst, wird das unerwünschte Konsequenzen für dich haben. Tatsächlich geht es hier im Kern jedoch um etwas anderes. Kinder müssen lernen, dass vieles im Leben an Bedingungen geknüpft ist, die man im eigenen Interesse einhalten sollte. Wenn man nicht zur Arbeit geht, bekommt man keinen Lohn. Tritt man anderen gegenüber nicht freundlich auf, wird man nur schwer Anschluss finden. Wird die Wohnung zugemüllt, findet man nichts wieder und fühlt sich in seinem Zuhause nicht wohl. All das und viele weitere Dinge sollten Kinder spätestens dann begriffen haben, wenn sie das Elternhaus verlassen und allein zurechtkommen müssen. Ob sie dann auch danach leben möchten, ist letztlich ihre Entscheidung. Erpressungsähnliche Situationen können dennoch auch in Familien entstehen. Zum Beispiel wenn elterliche Zuneigung an Bedingungen geknüpft wird im Sinne von "… dann hab' ich dich nicht mehr lieb!" Das hat allerdings nichts mehr mit Lernerfahrungen für das Kind zu tun, sondern erzeugt Druck und Angst - mal ganz abgesehen von dem fragwürdigen Beziehungsmodell, das auf diese Weise vermittelt wird.Petra Gottwald ist Diplom-Psychologin und stellvertretende Leiterin der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais e.V., Trier. TV-Kolumnen lesen Sie auch unter <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/kolumnen" text="www.volksfreund.de/kolumnen" class="more"%> Kolumne Familienbande

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort