Experten raten Vielfahrern zu Winterreifen

Für viele Autofahrer stellt sich spätestens im Herbst die Frage nach den Winterreifen. Weil aber bisher die rechtlichen Vorschriften sehr schwammig formuliert sind, verzichtet doch so mancher Fahrer auf einen schneetauglichen Reifensatz. Nun will Bundesverkehrsminister Ramsauer die Pneus zur Pflicht machen.

Berlin/Trier. Während viele deutsche Autofahrer vor dem ersten Schnee überlegen, ob sie Winterreifen aufziehen sollen oder nicht, will nun wohl die Politik eine klare Regelung. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer tagt mit den Landesverkehrsministern in Berlin und hat klare Vorstellungen: "Wir müssen schnell handeln", sagte er. "Übergangsweise werden wir eine konkrete Winterreifenpflicht verankern." Die Übergangsregelung soll bis zu einer einheitlichen EU-Vorschrift gelten. Der Verkehrsminister reagiert damit auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Oldenburg. Danach sind Bußgelder bei Verstößen gegen die bislang schwammigen Vorschriften verfassungswidrig. Die Straßenverkehrsordnung schreibt lediglich eine den Wetterverhältnissen angepasste geeignete Bereifung vor. Sie lässt aber offen, wie diese konkret beschaffen sein soll.

Während einige Kritiker des Ramsauer-Vorstoßes sagen, der CSU-Politiker wolle "den Reifenherstellern ein Wintergeschenk" machen, raten etwa die Experten vom Tüv Süd zum Umrüsten. Ihre Argumente:

Der Grund liegt im Gummi: Der Grip von Sommerreifen lässt mit sinkenden Temperaturen spürbar nach. Der Grund: Bereits bei Temperaturen im einstelligen Plus-Bereich beginnen die Gummimischungen von Sommerreifen zu verhärten. Winterreifen haben in der Regel weichere Gummimischungen mit einem hohen Silica- oder Naturkautschuk-Anteil, die sich besser der Fahrbahnoberfläche anpassen.

Die Kennzeichnung zählt: Die älteste und gebräuchlichste Kennzeichnung für Wintereigenschaften ist M&S oder M+S. Beides steht für "Mud and snow" - Matsch und Schnee. Leider gibt es keine nennenswerten, verbindlichen Anforderungen an die Wintertauglichkeit für derart markierte Reifen. So werden beispielsweise in den USA auch nahezu reine Sommerreifen mit dem Aufdruck M&S verkauft. Bei sogenannten Geländereifen und jenen für SUVs hat sich dies auch in Europa eingebürgert. Solche Reifen haben nach Erkenntnissen von Tüv Süd nur eine sehr eingeschränkte Wintertauglichkeit. Aus der Unzulänglichkeit der M&S-Kennzeichnung, haben die Amerikaner gelernt und das Schneeflockensymbol eingeführt. Es zeigt eine Schneeflocke in einem stilisierten Bergmassiv und garantiert bestimmte Wintereigenschaften. Die Produkte renommierter europäischer Reifenhersteller übertreffen selbst diese Anforderungen deutlich und tragen das Zeichen deshalb zu Recht. "Die Schneeflocke auf Markenreifen ist eine gute Richtschnur beim Kauf", sagt Tüv-Reifenexperte Michael Staude.

Keine Sorge um höheren Verbrauch:
Ein hartnäckiges Vorurteil gegenüber Winterreifen ist der angeblich höhere Spritverbrauch. "Das Auto verbraucht im Winter wegen der Kälte mehr, nicht wegen der Reifen", sagt Staude dazu. Generell ist bei Markenreifen so gut wie kein Unterschied mehr beim Rollwiderstand vorhanden.

Auf die Größe achten: Fans großer und breiter Räder können auch im Winter auf breiten Reifen fahren. Das Sortiment der Hersteller lässt das zu. Staude empfiehlt jedoch Maßhalten. Eine etwas kleinere Dimension ist im Winter in aller Regel die bessere Wahl.

Auf Profil setzen: Auch wenn die gesetzliche Mindesttiefe des Profils genauso wie bei Sommerreifen bei 1,6 Millimetern liegt - nach Ansicht von Experten wie Reifenherstellern sollte die Profiltiefe bei Winterreifen vier Millimeter nicht unterschreiten. Das liegt nicht zuletzt an der Bauweise von Winterreifen, bei der - noch stärker als bei Sommerreifen - für Lauffläche und Unterbau andere Gummimischungen verwendet werden.

Beim Tempo maßhalten: Längst vorbei sind die Zeiten, in denen mit Winterbereifung bei 160 Stundenkilometern Schluss war. Üblich sind heute Freigaben bis 190 oder 210 Stundenkilometer.

Den Druck erhöhen: Der Fülldruck hat großen Einfluss auf den Verbrauch. Schon wenige Zehntel Bar verminderten Drucks erhöhen den Rollwiderstand um bis zu 20 Prozent - und verringern die Sicherheit immens. Jährlich verschenken EU-Bürger mehr als zwei Milliarden Euro, weil sie zu wenig Luft in ihren Reifen haben. "0,2 bis 0,3 Bar über der Empfehlung des Fahrzeugherstellers schaden nicht", empfiehlt Staude. Geht man mit den Winterreifen an die Belastungsgrenze, dann lieber genau den vorgeschriebenen Luftdruck einhalten.

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