Tiere Heimische Eidechsen werden seltener

Trier · Tierfreunde im Volksfreund: Studie der Universität Trier zeigt, wie stark sich Städte ausbreiten und Reptilien verdrängen.

 Eine heimische Mauereidechse und eine italienische Mauereidechse (von unten nach oben) unterscheiden sich unter anderem in der Rückenfärbung.

Eine heimische Mauereidechse und eine italienische Mauereidechse (von unten nach oben) unterscheiden sich unter anderem in der Rückenfärbung.

Foto: Joscha Beninde

() Beton, Bitumen und immer mehr Bewohner: Weltweit wachsen die Städte und beanspruchen immer mehr Raum für ihre Ausbreitung. Evolutionsbiologen wie Forscher an der Universität Trier rücken diese Entwicklung in den Fokus ihrer Forschung und untersuchen, wie sich der Trend zur Urbanisierung auf vereinzelte Tiere und ihre Bestände auswirkt.

Dr. Joscha Beninde von der Universität Trier hat an Mauereidechsen festgestellt, dass die Ausbreitung der Städte dazu führt, dass sich die genetischen Bestände der Tiere intensiver vermischen. Durch den Austausch mit eingeführten fremden Individuen werden einheimische Linien massiv verdrängt. In manchen Bereichen machen einheimische Linien von Mauereidechsen nur noch zehn Prozent des gesamte Bestands aus.

Zu den markanten Beispielen, wie sich Arten an Städte anpassen, gehörten die Saumfingereidechsen, so der Forscher.

In Städten lebende Exemplare hätten längere Beine, größere Zehenballen und mehr Lamellen an den Zehen, um auf glatten Oberflächen wie Metall oder Beton besseren Halt zu haben. Zudem können sie sich laut den Untersuchungsergebnissen schneller bewegen als ihre Artgenossen in den ursprünglichen Waldhabitaten.

Joscha Beninde hat für seine Studie jeweils etwa 200 Exemplare von Mauereidechsen in Trier, Saarbrücken, Mannheim und Freiburg untersucht. Lediglich in Trier fand er noch heimische Linien ohne Vermischung mit fremden Genen vor. In den anderen drei Städten konnte er nur noch zwischen zehn und 54 Prozent heimische Eidechsen nachweisen. Die übrigen 46 bis 90 Prozent sind Abkömmlinge von eingeführten Eidechsen aus Frankreich oder Italien.

Die fremden Arten oder Linien wurden entweder bewusst ausgesetzt oder kamen als blinde Passagiere in die Städte. Zu ihrer Verbreitung trägt häufig das in Städten weit verzweigte Schienennetz bei. Joscha Beninde stellte auch fest, dass landschaftliche Barrieren wie Flüsse oder Straßen eine Vermischung, die so genannte Hybridisierung, nicht verhindern.

Durch diesen Prozess wird das Erbgut der einzelnen Arten, das sich zuvor über Jahrtausende oder Jahrmillionen in Isolation entwickelt hat, neu zusammengewürfelt. Auf diese Weise können vorteilhafte Eigenschaften einer Art oder Linie von der anderen aufgenommen werden. Hybride breiten sich weiter aus, da sie einen „Fitnessvorteil“ gegenüber den ursprünglichen Linien haben.

Für die Forscher stellt sich daher die Frage, wie mit diesen Verdrängungsprozessen umzugehen ist. Mauereidechsen sind immerhin durch die FFH-Richtlinie der Europäischen Union geschützt. Fraglich ist jedoch, ob sich dieser Schutz auch auf nicht-heimische Linien erstreckt. „Aus ökologischer Sicht wäre es konsequent, wenn nur heimische Linien unter Schutz stehen würden. Auch rechtlich ist diese Interpretation vertretbar, wenn nicht sogar notwendig“, sagt Joscha Beninde, dessen Forschungsergenisse in einer Spezialausgabe des Fachjournals „Proceedings B“ veröffentlicht wurden. Bislang steht eine Regelung dazu allerdings aus.

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