Juristische Tücken der Rutschgefahr

Trier/Koblenz · Jedes Jahr aufs Neue sind die Notaufnahmen der Krankenhäuser voll mit Patienten, die auf schlecht geräumten Gehwegen zu Schaden gekommen sind. Die Frage nach der Verantwortlichkeit ist dann ein häufiger Streitpunkt.

Trier/Koblenz. Wenn das Unglück passiert ist, kommt es oft zu juristischen Auseinandersetzungen. Deshalb erläutert die Anwaltskammer Koblenz, was in einem solchen "Schadensfall" alles zu berücksichtigen ist.
Eine praktische Hürde bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ist, dass der Geschädigte die Beweislast trägt. Er muss beweisen, dass er gestürzt ist und der Sturz aufgrund von Glätte erfolgte. Dies wird zwar erleichtert durch den sogenannten Anscheinsbeweis, wonach vermutet wird, dass der Sturz aufgrund von Glätte erfolgte, wenn dies innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht passierte. Den Sturz und die daraus resultierenden Verletzungen und Schäden muss der Geschädigte aber in jedem Fall vollständig nachweisen.
Gesetz regelt Pflichten


Die Gemeinde und der Grundstückseigentümer müssen hingegen nachweisen, dass sie ihrer Streupflicht nachgekommen sind, um sich von der Haftung zu befreien. Sie haften nur dann, wenn sie ihrer zumutbaren Räum- und Streupflicht innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen nicht nachgekommen sind.
Bei anhaltendem starken Schneefall oder zu Nachtzeiten muss der Fußgänger einen verschneiten Gehweg in Kauf nehmen und kann bei einem Schadensfall keine Haftung verlangen.
Aber an wen soll man sich im Zweifelsfall wenden, wenn es zum Schadensfall kommt? Grundsätzlich gilt: Innerhalb geschlossener Ortschaften ist die Ortsgemeinde für die Reinigung und den Winterdienst der Gehwege verantwortlich. (Paragraf 17 Landesstraßengesetz Rheinland-Pfalz). Besonders an verkehrswichtigen Stellen wie Ampeln oder Bushaltestellen ist die Gemeinde zu wiederholtem Winterdienst verpflichtet. Die Gehwege sollten in den Zeiten des Hauptberufs- oder des normalen Tagesverkehrs begehbar sein. An Werktagen muss eine Räumung in der Regel bis 7 Uhr erfolgen, in Einkaufszonen bis zur Geschäftsöffnung.
Anders verhält es sich mit Gehwegen in Parks oder den sogenannten schnellen Schleichwegen. Hier besteht keine Räumpflicht, solange andere geräumte Wege zur Verfügung stehen. Die Ortsgemeinde kann ihre Winterdienstpflicht auch an die Anlieger übertragen, deren Grundstücke an einen öffentlichen Gehweg angrenzen. Der Umfang dieser Pflichtübertragung ist in der gemeindlichen Satzung geregelt. Dennoch besteht für die Ortsgemeinde eine Überwachungspflicht, ob die Räumungs- und Streuarbeiten von den Anliegern ordnungsgemäß durchgeführt worden sind. Ist die Ortsgemeinde ihren Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen, sind es die Privatpersonen, die für einen entstandenen Schaden haftbar gemacht werden können.
Wann und wie häufig geräumt werden muss, hängt von der Gefährlichkeit und Nutzung des Gehwegs ab. So muss ein Grundstückseigentümer seinen Gehweg öfter räumen und streuen, wenn dort ein erhöhtes Fußgängeraufkommen herrscht, zum Beispiel wegen einer Arztpraxis im Nachbarhaus.
Bei anhaltendem Schneefall muss eine Räumung erst nach Ende des Schneefalls vorgenommen werden. Gestreut werden muss bei allgemeiner Glättebildung. Das Vorhandensein einzelner glatter Stellen führt nicht zu einer Streupflicht. Beauftragt der Grundstückseigentümer einen Hausmeisterservice mit dem anfallenden Winterdienst, überträgt er gleichzeitig auch die Haftungspflicht. Der Eigentümer muss dennoch sicherstellen, dass der Hausmeisterservice seine Pflichten in gleichem Umfang wahrnimmt, wie der Eigentümer dies hätte tun müssen. red

Betroffene sollten einen Anwalt ihres Vertrauens zurate ziehen. Anwälte, die sich auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisiert haben, nennt auf Anfrage die Rechtsanwaltskammer Koblenz unter der Telefonnummer 0261/30335-55 oder der Anwaltsuchdienst im Internet unter www.rakko.de

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