Kein Klick auf die Tomate

Der Einkauf im Internet boomt weiterhin. Allerdings beschränkt sich der Handel in Deutschland meist auf Artikel wie Kameras, Schuhe oder Spielzeug. Bei Lebensmitteln halten sich nicht nur die Verbraucher zurück, sondern auch die großen Anbieter.

Längst sind auch die Deutschen begeisterte Internet-Einkäufer: Die Umsätze wachsen stetig, für 2014 rechnet der Handelsverband Deutschland (HDE) mit etwa 38,7 Milliarden Euro - das wäre im Vergleich zum Vorjahr ein weiteres Plus von 17 Prozent. Vor allem Elektronik, Medien und Spielzeug werden dabei auf die Reise geschickt.handel im wandel

Im Gegensatz dazu fristet der Onlinehandel mit Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs allerdings noch ein Nischendasein, während er sich beispielsweise in Frankreich und Großbritannien längst etabliert hat. Der Pionier Froodies ging 2012 pleite, selbst Branchenriesen wie Edeka oder Tengelmann gehen das Geschäft eher zögerlich an.Internet kontra Discounter

Constantin Schnell beobachtet auf seinem Blog efood.de die Entwicklung und sieht in der Preisfixierung der Deutschen einen Grund: "Selbst Discounter befinden sich im ständigen Preiskampf - da können die Internethändler nicht mithalten." Außerdem verfüge Deutschland neben seinen Ballungszentren, auf die sich viele Lieferdienste konzentrierten, über eine weite Fläche, die schwer zu beliefern, aber sehr gut mit Geschäften ausgestattet sei.Fabio Ziemssen, Betreiber von efood-blog.com, findet die deutschen Verbraucher auch sehr anspruchsvoll. "Gerade nach den vielen Skandalen fehlt bei vielen noch das Vertrauen, sich Lebensmittel zuschicken zu lassen."Derzeit gliedert sich der Markt vor allem in drei Sparten:Vollsortimenter, die prinzipiell alles verkaufen, was es im großen Supermarkt auch gibt. Oft wird aber nur in einigen Ballungszentren geliefert. Zudem gehören Frische- und Tiefkühlprodukte nicht immer zum Sortiment.Fachhändler, die sich auf Nischen wie etwa vegane Kost oder besondere Schokolade spezialisiert haben.Abo-Anbieter liefern regelmäßig bestimmte Mengen, etwa zum Ausprobieren neuer Rezepte.Einen solchen Anbieter nutzt Margit Haubrich aus Trier regelmäßig. Sie kauft zwar "möglichst viel vor Ort, um lokale Händler und Arbeitsplätze zu unterstützen", bestellt aber gerne auch bei kochzauber.de - einem Versand, der zu ungewöhnlichen Rezepten die kompletten Zutaten liefert. "Da sind dann Sachen dabei, die ich im Handel noch nie gekauft habe, weil ich nicht weiß, wie sie schmecken oder was man mit ihnen so Leckeres zaubern kann."Verpackung zurückschicken

Damit Kühlprodukte den Kunden auch entsprechend erreichen, verschicken die meisten Händler spezielle Thermokisten, die Trockeneis oder Kühlakkus enthalten. "Das alles kann man mit einem Freiaufkleber kostenlos zurückschicken", erklärt Haubrich. "Das machen wir aber nur gelegentlich - meist haben wir die Sachen einfach verschenkt."Praktisch bedeutungslos sind in Deutschland auch nochAbholdienste: In Frankreich etwa kann man seinen Einkauf online zusammenstellen und dann, fertig verpackt, beim Markt abholen. Aber auch hier wird sich noch einiges tun, glaubt Experte Ziemssen: Bis 2020 könne der E-Food-Handel einen Marktanteil von zehn Prozent des Lebensmittelhandels erreichen: "Dann sind die Onlinehändler so normal, wie es heute die Bofrost-Händler sind."Unser Mitarbeiter hat den Essens-Einkauf im Internet getestet. Seinen Bericht und mehr finden Sie auf volksfreund.de/handel-im-wandel

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