Klimawandel beim Kaufrausch

Am 27. Juli startet der offizielle Sommerschlussverkauf (SSV). Doch die Rabattschlachten und die Reduzierungsspiralen im Einzelhandel toben längst. Preisnachlässe und Prozente gibt es schon seit Ende Juni. Der TV hat sich in der Region umgehört, was die Gewerbevereine vom Stellenwert des klassischen Sommerschlussverkaufes halten und was sie den Kunden im Endspurt um die Schnäppchen raten.

Wittlich. "Das Überbieten mit Rabatten fängt immer früher an - das ist Wahnsinn", macht Ruth Reitzborn vom Gewerbeverein Wittlich deutlich, was sie vom Sommerschlussverkauf anno 2009 hält. Man sei bereits Ende Juni mittendrin im inoffiziellen Sommerschlussverkauf. "Trotz der Hitze fragen die ersten Kunden schon nach Herbstartikeln, obwohl wir noch nicht einmal die Sommerware verkauft haben - und das bei 33 Grad", meint Reitzborn. Auf der anderen Seite käme nun die Herbstware früher rein, und die könne man dann schon veräußern - "Da brauchen wir dann auch keine Rabatte einzuräumen", schmunzelt Ruth Reitzborn. Purer Klimawandel bei den Verkaufsjahreszeiten. Doch der Konsumwahn kennt keine Nostalgie. Trotzdem finde der Kunde auch nun noch preiswerte und hochwertige Ware - er müsse nur suchen. "Der Kunde soll auf Qualität achten und prüfen, ob das Preis-Leistungsverhältnis stimmt", empfiehlt Reitzborn. So würden manches Mal auch No-Name-Produkte vor der Rabattierung preislich hochgezogen, um sie pünktlich zum SSV wieder reduzieren zu können - trotz alledem für keinen guten Preis.

Daun. Auch in der Vulkaneifel ist der Sommerschlussverkauf bereits vorbei, wenn er nominell anläuft. "Es ist ein einziges Dilemma, dass schon so früh reduziert wird. Ich bedauere das sehr", ärgert sich Hans-Dieter Wilhelm vom Gewerbeverein. "Wenn die Sonne scheint, dann verkauft der Eismann sein Eis ja auch nicht billiger", grantelt Wilhelm. Aber die kleinen Einzelhändler müssten eben nachziehen, wenn die Filialisten anfangen, die Rabatt-Schilder in die Schaufenster zu hängen. Seinen Stellenwert als die Zeit für Schnäppchenjäger habe der SSV verloren. Kunden sollten vor allem auf die Qualität der Ware achten. Die Ware muss aus dem Sortiment sein, darf keine zweite Wahl und nicht extra für den SSV eingekauft worden sein.

Bitburg. Trotz der bereits länger tobenden Rabattschlachten räumt Peter Fabry vom Gewerbeverein Bitburg dem SSV einen bedeutenden Stellenwert für den Kunden auf Schnäppchenjagd ein. "Mit Sicherheit wird vom Sommerschlussverkauf wieder ein Kaufimpuls ausgehen. Da schauen die Verbraucher nach wie vor drauf, auch wenn der Kampf mit den Rabatten das ganze Jahr über läuft", meint Fabry. Zwar machten die Filialisten dem klassischen Einzelhandel schwer zu schaffen, doch in Bitburg sei man im Vergleich mit dem Standort Trier im Vorteil. "Der Einzelhandel hier in der Bitburger Einkaufszone ist vor allem am Wochenende stark frequentiert", erklärt Peter Fabry, "hier lässt es sich entspannt und gut einkaufen." Und man bekomme eine gute Beratung, denn - so der Sprecher des Bitburger Gewerbevereins optimistisch: "Hier regelt sich das über die Qualität und nicht über den Preis."

Hillesheim. Verwirrung allenthalben bei so viel Rabatten, Nachlässen und Reduzierungsspiralen. "Mittlerweile rechne ich schon gar nicht mehr mit den Reduzierungen", meint Theo Valerius vom Gewerbeverein Hillesheim. Es hat schlichtweg überhandgenommen mit den Schlachten um die Prozentzahlen. "Der Sommerschlussverkauf hat seinen Status eingebüßt. Es gibt so viele Rabatte schon in den Schaufenstern, bevor der SSV anfängt", steht Valerius dem Starttermin für den SSV am 27. Juli eher gleichgültig gegenüber.

Gerolstein. Auf dem Land ist die Welt des Einzelhandels noch ein Stück weit in Ordnung. In den großen Städten fangen die Filialisten schon früh an, die Preise drastisch gen Kellerstockwerke zu treiben. "Die verlieren vielleicht einfach zu früh die Nerven", meint Manfred Rett, Sprecher des Gewerbevereins Gerolstein. Bei seinem Sportartikelgeschäft hat der SSV noch nicht an Schubkraft verloren, auch bei den anderen Kollegen des Einzelhandels nicht - im Gegenteil. "Die Kunden haben sich an den Zeitraum des SSV gewöhnt und diesen als die Rabatt-Zeit akzeptiert", konstatiert Rett. Nach wie vor halte man den SSV für eine gute Sache. Retts Tipp: "Wer sich Mühe macht zu suchen, der kann hochwertige Markenwaren für einen guten Preis (auch bis zu 50 Prozent reduziert) bekommen." Der SSV sei immer noch lohnend für hochwertige Markenwaren.

Hermeskeil. Sommerschlussverkauf? Wann soll der beginnen? Am 27. Juli? "Wir haben das ganze Jahr über Sommerschlussverkauf. Mit dem SSV werden die Leute auf gut Deutsch verarscht", meint Markus Weicherding vom Gewerbeverein Hermeskeil. Man höre und sehe ständig nur noch Rabatte. Für ihn existiere der SSV im Grunde nicht mehr.

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