Liebe auf den ersten Klick - Singles greifen bei der Partnersuche immer häufiger zum Smartphone - TV-Serie "Generation Y" (Teil 3-1)

Trier · Verklicken oder Verknallen: Etwa neun Millionen Singles haben 2014 im Internet nach der großen Liebe gesucht. Ein Drittel davon hat sie auch gefunden. Ein Trend der jüngeren Generation: die Partnersuche mit dem Smartphone. Zwei Trierer haben das getestet - mit unterschiedlichem Ergebnis.

Der Duft von frischgebrühtem Kaffee, das Zirpen der Grillen beim sonnabendlichen Spaziergang, das erste Lächeln, das die Schmetterlinge im Bauch freilässt: Bei den ersten Dates sammeln Frischverliebte viele Eindrücke, an die sie sich lange zurückerinnern.

Einem neuen Trend zufolge fehlen diese Reize zunächst: Denn um einen geeigneten Partner zu finden, greifen Singles immer häufiger zum Smartphone - das gilt zumindest für den Teil der Suchenden, die zwischen 1975 und 1995 geboren wurden und damit zur sogenannten Generation Y gehören. Laut einer Bitkom-Studie haben 2014 etwa neun Millionen Deutsche im Internet nach einem Partner gesucht - ein Drittel davon mit Erfolg.

Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest geht davon aus, dass bereits 89 Prozent aller 18- bis 19-Jährigen ein Smartphone besitzen - Tendenz steigend. Auch die Nutzerzahlen sogenannter Dating-Apps wie lovoo oder badoo sprechen eine deutliche Sprache. Bei lovoo sind weltweit zurzeit mehr als 22 Millionen Nutzer registriert. Bei badoo sind es knapp 13 Millionen alleine in Deutschland.

Dating-Apps funktionieren in der Regel nach demselben Schema. Zunächst bekommt man das Foto eines Singles angezeigt. Das muss für den ersten Eindruck genügen. Mit einem Klick kann man dann bereits sein Interesse bekunden oder sich das Profil der jeweiligen Person anzeigen lassen, um weitere Informationen zu erhalten.
Der TV hat mit zwei ehemaligen Singles gesprochen, die ihr Glück in der digitalen Welt gesucht haben - und deren Erlebnisse unterschiedlicher kaum sein könnten.

Blond, schlank, lange Beine: Christina (20, Name geändert) passt ins "Beuteschema" vieler Männer. Entsprechend oft wird sie im Internet angesprochen. Ein halbes Jahr ist es her, dass sie sich von ihrem Freund getrennt hat. Kurz darauf meldete sie sich bei der Dating-App lovoo an.

Ihr Profil zeigt ihr Gesicht und ihre Tätowierungen, auch ihr Alter gibt sie preis. Täglich haben ihr auf lovoo 15 bis 20 Männer mit einem Klick auf den "Ich-mag-dich-Button" grundsätzliches Interesse signalisiert. Davon haben sie dann jeweils zwischen fünf und zehn Männer angeschrieben. "Viel zu viel", findet die angehende Erzieherin. Die Folge seien oberflächliche Gespräche, die nach einem bestimmten Muster ablaufen.

"Hey, wie geht's dir?"
"Gut, und dir?"
"Welche Hobbys hast du?"
"Ich singe im Chor, und du?"

"Da alle die gleichen Fragen stellen, kopiert man die Antworten auch schon mal", verrät Christina. Es merkt ja sowieso niemand. Danach folge meist die entscheidende Frage:

"Wonach suchst du hier?"

Ungezwungener Sex oder große Liebe: Hier gehen die Erwartungen oft weit auseinander. "Ich würde hier nie nach einer Beziehung suchen", sagt sie: "Nach der schnellen Nummer aber auch nicht."

Einfach Leute kennenlernen und Freundschaften schließen, aus denen sich dann vielleicht auch einmal mehr entwickelt: Das ist Christinas Idealvorstellung. Die Männer kennen nur Extreme, klagt sie. "Entweder sie wollen nur Sex oder sprechen gleich von der ganz großen Liebe." Beides schrecke sie ab.

Zum Gespräch komme es meist aber nicht. Viele Männer scheitern schon mit ihrem Profilbild. "Die zeigen oft gar nicht ihr Gesicht, sondern nur ihren nackten Oberkörper." Da müsse sie dann gar nicht nachfragen: "Da sieht man ja direkt, wonach die suchen."

Lustig oder kreativ sei sie nur ganz selten angeschrieben worden - einmal doch:

"Ich hab deine Nase geklaut!"
"Wie?"
"Ja, jetzt musst du sie dir holen kommen."

"Da habe ich schon gelacht", sagt sie und schmunzelt wieder. Mehr ist daraus aber nicht entstanden. Auch deswegen, weil sie im Zimmer des jungen Räubers eine ganze Nasensammlung vermutete.

Seit vier Monaten ist Christina vergeben. Ihr Profil hat sie gelöscht. Kennengelernt hat sie ihren Freund in einem Trierer Club - ganz klassisch. Ob das Projekt Smartphone-Date damit gescheitert ist? "Nein", sagt sie: "Das hat mir sogar gutgetan." Nach der Trennung zu sehen, dass viele Männer Interesse an ihr haben: "Das hat mein Selbstbewusstsein ordentlich aufpoliert."

Von einer völlig anderen Erfahrung berichtet Tobias: Der 26-jährige Student aus Trier hat lovoo ein Dreivierteljahr genutzt. Wenn er dort eine Frau sah, die ihm gefiel, schrieb er sie an. "Dabei habe ich mir viel Mühe gegeben." Ein einfaches Hallo: "Solche Nachrichten bekommen Frauen zu oft am Tag, da fällt man nicht auf", ist Tobias überzeugt. Der Erfolg war dennoch mäßig. Einmal habe er einer Frau über längere Zeit geschrieben, dann habe sie sich einfach wortlos abgemeldet. "Dumm gelaufen", sagt er.

Mit der Partnersuche habe er allerdings nicht direkt angefangen, nachdem er die App installiert hatte: "Die Kosten haben mich erst einmal abgeschreckt." Zwar ist die grundsätzliche Nutzung der App kostenlos, aber durch bestimmte Tageslimits eingeschränkt.

Für Funktionen darüber hinaus werden dann sogenannte Credits fällig. 1500 Credits für 15 Euro hat er insgesamt gekauft. Davon kann man sich beispielsweise die letzten 75 Profilbesucher anzeigen oder unbegrenzt vielen Frauen eine Nachricht zukommen lassen. Im Gegensatz zu klassischen Partnerbörsen (siehe Extra) fallen die Kosten bei der App je nach Bedarf und ohne ein Abonnement an. Das Lesen von Nachrichten ist generell kostenlos.

Tobias haben im Zeitraum von vier Monaten fünf Frauen angeschrieben. Zwei davon waren nicht nach seinem Geschmack. "Da habe ich dann geantwortet, mir aber direkt eine Ausrede einfallen lassen, warum wir angeblich nicht weiterschreiben könnten", sagt er.

Mit zwei Frauen hat er sich dann Anfang August 2014 doch näher befasst - eine davon war Vivien. "Wir haben uns super verstanden und uns nach zwei Wochen zum Essen beim Italiener verabredet." Ein Volltreffer: "Das lief direkt so gut, dass ich den Kontakt zu der anderen Frau sofort abgebrochen habe." Danach ging alles ganz schnell. Der Abstand zwischen den Treffen wurde immer kürzer, den ersten Kuss gab es nach dem dritten Date.

Seit dem 31. August sind Tobias und Vivien offiziell ein Paar. "An dem Tag sind wir zusammen in einen Freizeitpark gefahren", erzählt er: "Da sind wir das erste Mal als Paar aufgetreten."

Sein lovoo-Profil hatte er bereits ein paar Tage vorher gelöscht und Vivien davon erzählt. "Sie hat das mit einem breiten Grinsen quittiert, ihr Handy rausgenommen und ihr Profil ebenfalls gelöscht."

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Videos: Zwei junge Frauen geben Tipps für die perfekte erste Nachricht und ein alter Mann macht Tinder unsicherExtra Partnerbörsen und Dating-Apps

Partner- oder Singlebörsen sind Treffpunkte im Internet, in denen Singles auf die Suche nach Lebens-, Freizeit- oder Sexualpartnern gehen. Neben üblichen Angaben wie Geschlecht, Alter, Größe, Gewicht kommen oft Angaben zu Freizeitaktivitäten hinzu, die den Suchenden genauere Vorstellungen vom Gegenüber geben sollen.
Zwar ist das Anmelden in der Regel kostenlos. Möchte man Kontakt zu anderen Mitgliedern aufnehmen, werden allerdings Gebühren fällig. Häufig sogar mit einer Mindestvertragslaufzeit.

Die Kosten variieren dabei sehr stark. Für die Plattform Elitepartner.de (Mindestlaufzeit: drei Monate) und Parship.de (sechs Monate) werden jeweils 54,90 Euro pro Monat fällig. Für friend-scout24.de müssen Suchende 39,90 Euro einplanen, das Abo kann jeweils zum Monatsende gekündigt werden. Frauen haben zu vielen Plattformen einen kostenlosen Zugang. Die Anbieter wollen dadurch dem Männerüberschuss entgegenwirken. Das Portal finya.de ist für beide Geschlechter kostenlos.

Dating-Apps richten sich auch an spezielle Zielgruppen. Während badoo und lovoo ein breites Publikum ansprechen, bieten andere Apps beispielsweise eine Plattform speziell für Homosexuelle. Zu den bekanntesten Apps zählen Grindr, PinkMap, Nearox und Planet Romeo. Grindr schickt homo- und bisexuelle Männer bereits seit 2009 weltweit auf Partnersuche. Die App lovoo gibt es erst seit 2011, sie richtet sich in erster Linie an deutschsprachige Singles.sekMeinungen

Kommentar Kontra: Oberflächlichkeit als Prinzip

Dating-Apps sind oberflächlich. Der Nutzer klickt sich von einem Foto zum nächsten und entscheidet, ob er die Person gerne näher kennenlernen möchte. Dieses simple Prinzip "gefällt mir - gefällt mir nicht" zieht Menschen an, die auf der Suche nach einer schnellen Nummer sind. Das ist genau die Oberflächlichkeit, die auch in der Realität zum Scheitern verurteilt ist, wenn eine ernsthafte Beziehung gewünscht ist. Es ist einfacher, einen Partner im realen Leben kennenzulernen. Denn da entscheidet nicht alleine das Aussehen, sondern auch die Ausstrahlung. Wer also mit offenen Augen durch die Welt geht, braucht keine Dating-App.
j.wagner@volksfreund.de

Kommentar Pro: Ein Türöffner für Schüchterne

Die Partnersuche im Internet ist grundsätzlich nichts Neues. Schon vor Jahrhunderten haben Junggesellen ihre Angebeteten mit Liebesbriefen bezirzt. Das kann in der modernen Form kein Fehler sein - im Gegenteil: Eine nicht beantwortete Chatanfrage verletzt deutlich weniger als ein "Du bist nicht mein Typ" im nächsten Club. Da können sich auch mal schüchterne Typen aus der Deckung trauen. Verläuft das Gespräch in der virtuellen Welt gut, ist der Chat ein Türöffner für das erste Treffen in der realen Welt. Dann zählen nur noch all die Gefühle, die uns an das Gegenüber fesseln. Letztlich geht es dann nur noch um die Frage, ob man glücklich ist. Wen interessiert dann noch, wie man es geworden ist?
s.klipp@volksfreund.de

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