Masern sollen ausgerottet werden

Trier · Bis 2015 sollen Masern in Europa ausgerottet sein. Um das Ziel zu erreichen, müssten sich aber noch mehr Menschen gegen die Infektionskrankheit impfen lassen, sagen Ärzte.

Trier. Ein Husten reicht schon. Auch Händeschütteln oder Niesen kann gefährlich sein. Selbst durchs Sprechen können sie übertragen werden: die Masern. Sie gelten als eine der ansteckendsten Krankheiten. Hustet ein an Masern erkranktes Kind in einem Raum mit 100 Kindern, steckten sich 99 an, heißt es bei dem für die Gesundheitsüberwachung in Deutschland zuständigen Robert-Koch-Institut (RKI).
"Neun bis elf Tage nach Ansteckung durch das Masernvirus, also bis zum Ausbruch der Erkrankung, infiziert jeder Erkrankte jeden anderen Menschen in seiner Umgebung und so weiter. Das Virus kennt keine Zurückhaltung, es benutzt jeden nicht geimpften oder nicht natürlich vorher Erkrankten", sagt der Trierer Mikrobiologe Ernst Kühnen. Masern seien gefährlich. Fünf bis zehn Jahre nach einer Masernerkrankung könne eine tödliche Hirnerkrankung auftreten, die subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE). Im Juni ist in Nordrhein-Westfalen ein 14-jähriger Junge gestorben, der sich als Baby angesteckt hatte. Laut Experten endet eine von 1000 Masernerkrankungen tödlich.
Aus den aktuellen Masernepidemien in Bayern und Berlin wären ohne Impfung der Bevölkerung schon einige Zehntausend Erkrankungen geworden, sagt Kühnen. Bis Mitte Juni gab es in Bayern und Berlin zusammen 744 Masernfälle. Bundesweit waren es im vergangenen Jahr 166. In Rheinland-Pfalz wurden seit Anfang des Jahres sieben Erkrankungen registriert, keine in der Region. Den Grund dafür sieht der Trierer Kinderarzt Stephan Güntzer in der vergleichsweise guten Durchimpfung der Bevölkerung. Während zum Beispiel im Schuljahr 2004/2005 in Trier nur 65 Prozent der Erstklässler und in Trier-Saarburg 68 Prozent vollständig, also zwei Mal, gegen Masern geimpft waren, waren es im abgelaufenen Schuljahr bereits 87 Prozent in Trier und 91 Prozent in Trier-Saarburg.
Eine gute Quote. Aber noch zu wenig. Denn erst wenn 95 Prozent der Bevölkerung gegen eine Infektion geimpft sind, gilt eine Herdenimmunität, das heißt, es besteht eine äußerst geringe Gefahr, sich mit der Krankheit anzustecken. Daher glaubt Güntzer, der Bezirksvorsitzender der Kinder- und Jugendärzte in der Region ist, dass Masern ausgerottet werden können. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat als Ziel ausgegeben, dass bis 2015 die Infektionskrankheit europaweit verschwunden sein soll. Deutschland gelte als "Hauptexporteur" der Krankheit, sagt Güntzer. Daher führe kein Weg an einer Impfpflicht vorbei. Die gesetzlichen Grundlagen dazu gebe es durch das Infektionsschutzgesetz. Danach darf der Bund bei sehr gefährlichen Viren eine Impfpflicht einführen. Die Kinder- und Jugendärzte sehen das durch die Masern gegeben.
Impfstatus überprüfen


Die Krankenkasse Barmer GEK rät allen, die nicht gegen Masern geschützt sind, etwa weil sie als Kind nicht daran erkrankt waren oder keine Impfung bekommen haben, sich impfen zu lassen. Masern seien nicht nur eine Kinderkrankheit, auch Erwachsene müssten bei einer Infektion mit schweren Komplikationen rechnen, sagt Barmer-GEK-Landesgeschäftsführer Friedhelm Ochs.
Vor allem alle nach 1970 Geborene sollten ihren Impfstatus überprüfen. Von da an wurde eine Impfung empfohlen, allerdings nur eine. Seit 2001 wird neben einer ersten Impfung nach Ende des ersten Lebensjahres eine zweite im Alter von 15 bis 23 Monaten empfohlen. Allerdings übernehmen nicht alle Krankenkassen die Kosten für die Masern-Impfung für Erwachsene. Da es vor 1970 keine Masernimpfungen gegeben hat, geht man davon aus, dass eine Vielzahl der in dieser Zeit Geborenen daran erkrankt waren und dadurch lebenslang immun sind.Extra

Bei einer Maserninfektion treten zumeist grippeähnliche Symptome auf, etwa Fieber, Schnupfen, Husten. Die Augen sind lichtempfindlich, es kann zu einer Bindehautentzündung kommen. Im Mund bilden sich kleine weiße, rot umrandete Flecken. Vier Tage nach den ersten Symptomen kommt es zu dem typischen Hautausschlag, zunächst an den Ohren, dann am Hals und im Gesicht, später am ganzen Körper. Es kann auch zu Komplikationen kommen, etwa einer Lungen- oder schlimmstenfalls einer Gehirnentzündung, die auch Jahre nach einer Erkrankung auftreten kann. Ein Infizierter ist bereits Tage vor den ersten Symptomen ansteckend. Masern werden durch Husten, Niesen, über Hände oder durchs Sprechen übertragen. Die Krankheit muss dem jeweiligen Gesundheitsamt gemeldet werden. Eine Impfpflicht gibt es in Deutschland nicht. Impfungen gegen Masern werden lediglich empfohlen. wie

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