Meditation in London - Stressabbau im Einkaufsdschungel

London (dpa) · London gilt als ein Epizentrum des Einkaufswahns. Und beim Shoppen ist schnell der Stress da. Dank der Initiative eines Kaufhauses können Kunden beim Einkauf jetzt meditieren, um sich zu entspannen.

Samstagnachmittag, Oxford Street, London. In jedem Laden dröhnt laute Popmusik aus den Lautsprechern, Kleider werden auf den Boden geworfen, Kinder schreien. Großfamilien und Teenager rollen wie Dampfwalzen durch die Gänge. Es wird geschubst, geschimpft - und gekauft. Raus aus einem Laden, schnell rein in den nächsten. Es ist heiß, die Träger der vielen Einkaufstüten schneiden in die Handflächen ein, der Kopf schmerzt, die Füße auch. Bloß nicht aufhören. Londons Shopping-Straßen, die jedes Wochenende auch Tausende von Touristen aus dem Ausland anziehen, sind nichts für schwache Nerven.

Doch in dem exklusiven Kaufhaus Selfridges geschieht etwas. Es lädt seine Kunden bis Ende Februar dazu ein, die „Macht der Stille“ zu feiern und „die Ruhe unter den Massen zu finden“. Das neue Konzept nennt sich „No Noise“ („Kein Lärm“) und entstand in Zusammenarbeit mit Headspace - ein modernes Meditations-Projekt in Form von unter anderem einer App.

Das Konzept dreht sich um die Reinkarnation des „Stillen Raumes“, erstmals in 1909 von Gründer Harry Gordon Selfridge erschaffen. In diesem neu gestalteten Raum können bis zu 50 Menschen gleichzeitig eine wohlverdiente Shopping-Pause einlegen. Eine Art Rezeptionistin bittet die Kunden an der Tür, Schuhe, Telefone und „Ablenkungen des 21. Jahrhunderts“ abzulegen. „Es ist untypisch für London und es wäre nützlich, mehr davon zu haben“, sagt einer der schuhlosen Besucher des Stillen Raumes.

Die britische Hilfsorganisation für psychische Gesundheit „Mind“ begrüßt das neue Konzept. „In London leben und arbeiten kann äußerst anstrengend sein und in unserem überladenen Leben ist oft für Entspannung keine Zeit“, sagt „Mind“-Sprecherin Beth Murphy. „Solch eine Initiative erkennt, dass Menschen eine Änderung der Umgebung brauchen, wenn sie gestresst sind“, sagt sie weiter.

Als Teil der „No Noise“-Initiative wagen es Hersteller hochkarätiger Produkte sogar, ihre Waren im „The Quiet Shop“ ohne Marken-Logo feilzubieten. Überall im Kaufhaus verteilt sind auch Meditations-Gehäuse, die wie große Pilze aussehen und wo man durch geführte Meditation von der Headspace-Gruppe dem Einkaufsstress für zehn Minuten entfliehen kann. „Ich glaube es ist Teil des Zeitgeistes. Menschen wollen berücksichtigt werden, sie sind heutzutage überstimuliert“, sagt Selfridges-Sprecherin, Annette Cremin.

Das Team von Headspace will Meditation in das Leben moderner Menschen integrieren. „Vor 20 Jahren fing die Allgemeinheit an, dank Ernährungsforschung zu verstehen, wie man körperlich gesund bleibt. Wir glauben, Menschen fangen jetzt an zu verstehen, dass man sich auch um seinen Geist kümmern muss“, sagt Richard Pierson, Mitgründer von Headspace. Sein Gründer-Kollege und Ex-Mönch Andy Puddicombe hat zusammen mit Pierson eine App für Smartphones entwickelt, um Meditation mobil zu machen. „Das tolle an Meditation ist, dass du lernst, dir Pausen zu nehmen. Nicht nur beim Shoppen, sondern auch in der Beziehung, bei der Arbeit und zu Hause“, sagt Pierson.

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