Nachhaltige Geldanlagen haben Tücken

Düsseldorf (dpa/tmn) · Nachhaltig Geld anlegen klingt gut, ist aber nicht so einfach. Schon darüber, was das eigentlich heißen soll, lässt sich diskutieren. Und eine sichere Bank sind „grüne“ Investments auch nicht automatisch. Doch das Interesse der Verbraucher wächst.

„Hauptsache, die Rendite stimmt“ - das ist so ein Motto, das keinen guten Klang mehr hat. Viele private Anleger wünschen sich, dass ihr Geld nur da investiert wird, wo bestimmte ethische oder soziale Kriterien erfüllt sind. Und das sind nicht Ökofreaks in Jesuslatschen, sondern auch Otto-Normal-Sparer. Nachhaltige Geldanlagen liegen im Trend. Aber sie haben ihre Tücken. „Blindes Vertrauen ist beim Thema Nachhaltigkeit absolut nicht angebracht“, warnt Christian Urban von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

„Die Begeisterung dafür ist groß“, sagt Urban. „Aber dann stellt sich meist raus, dass die passenden Produkte so gut wie unbekannt sind.“ Aus vielen Gründen: Ohne direkt gefragt zu werden, informierten Bankberater oft gar nicht erst zu nachhaltigen Anlagemöglichkeiten. Das liege zum Teil daran, dass nicht alle Banken ihre Produkte auch in einer nachhaltigen Variante anbieten. Auf der anderen Seiten informieren sich viele Kunden nicht ausreichend.

Das führt dazu, dass es beim Thema nachhaltige Geldanlage zahlreiche Missverständnisse gibt. Eins liegt in der Natur der Sache: Die Bezeichnung ist schwammig. „Nachhaltige Geldanlage ist der Oberbegriff“, erklärt Urban. „Gemeint ist, dass Geld ethisch, sozial und ökologisch investiert wird. Was das genau heißt, kann sehr unterschiedlich sein“, sagt der Experte für Finanzdienstleistungen.

Und auch die Palette der Anlageformen ist breit. Sie reicht beispielsweise von Klimasparbriefen über Tages- und Festgeld, Aktien, Anleihen und Investmentfonds bis hin zu Zertifikaten. Im Grunde gibt es fast alle Geldanlageprodukte in einer nachhaltigen Variante.

Ein typisches Missverständnis ist die Vorstellung, nachhaltige Investments seien zwar gut für Umwelt oder Klima, aber schlecht für die Rendite: „Das stimmt nicht“, sagt Urban. „Nachhaltige Banken können vielleicht nicht mit Direktbanken, aber schon mit üblichen Geschäftsbanken mithalten.“ Es sei durchaus realistisch, etwa für Tages- und Festgeld vergleichbare Konditionen zu bekommen.

Ein anderes Missverständnis ist die Hoffnung, nachhaltige Produkte seien besonders sicher - weil das Geld nicht in die Hand skrupelloser Finanzmarktzocker gerät. „Aber diesen Fehler darf man nicht machen“, warnt Urban. „Von sicher bis hochriskant gibt es bei nachhaltigen Geldanlagen alles. Bei einem geschlossenen Fonds zum Beispiel besteht immer das Risiko eines Totalverlusts, das ist auf jeden Fall hochriskant.“

Mit „grün“ und „nachhaltig“ assoziierten viele Deutsche ausschließlich Positives: „Das gilt inzwischen als sexy“, sagt Urban. „Und manche Anbieter nutzen das möglicherweise sogar aus. Schwarze Schafe gibt es überall.“ Davon abgesehen gibt es Risiken, die gerade bei nachhaltigen Investments, die in spezielle Branchen investieren, bestehen: Geldanlagen im Umweltschutzbereich beispielsweise konzentrieren sich oft auf Unternehmen aus diesem einen Segment.

Und das ist immer schlechter, als das Risiko zu streuen, indem man in mehrere Branchen investiert. Wer zum Beispiel auf bestimmte Umwelttechnologien setzt, ist dann abhängig von der Konjunkturentwicklung in der Branche - geht es da bergab, sinken die Renditeaussichten. Ein Beispiel dafür ist die Photovoltaik: Wer bei der Geldanlage nur auf Hersteller aus Deutschland gesetzt hat, hatte in den vergangenen Monaten viel Grund zur Sorge. „Sicherer ist es, zum Beispiel auch an Unternehmen aus anderen Ländern zu denken und außerdem nicht nur in erneuerbare Energien zu investieren“, sagt Urban.

Ebenfalls ein Missverständnis ist die Erwartung, dass bei nachhaltigen Investments das Geld ausschließlich an ökologisch orientierte Unternehmen geht. Zum Teil gilt bei nachhaltigen Anlagen der „Best-in-Class“-Ansatz: Dabei fließt Geld auch an Unternehmen, die konventionelle Produkte wie Autos herstellen, aber verglichen mit anderen beim Thema Umwelt- und Klimaschutz oder Sozialverträglichkeit relativ am besten abschneiden.

Das Interesse an „Green Investments“ ist nach Urbans Beobachtung deutlich gewachsen. „Das gilt für alle Bevölkerungsschichten.“ Längst sei es kein Thema für die Ökoecke mehr. Etwa ein halbes Dutzend Banken orientiere sich inzwischen ausdrücklich an ökologischen und ethisch-sozialen Prinzipien. Außerdem gibt es kirchliche Banken mit ähnlichen Anlagekriterien.

Zum Teil können Anleger bei diesen Banken mitbestimmen, in welchen Bereichen oder Projekten ihr Geld angelegt wird. Aber beispielsweise auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken machen Angebote für nachhaltige Geldanlagen - und treffen damit bei ihren Kunden auf eine große Nachfrage, wie Verbraucherschützer beobachten. Prinzipiell sei es gut, dass die Kunden inzwischen eine so große Auswahl haben, sagt Urban. Andererseits wird es dadurch nicht leichter - denn übersichtlich ist es längst nicht mehr: „Man muss sich unbedingt mit dem Thema auseinandersetzen, wenn man nachhaltig investieren will.“

In dieser Hinsicht seien die Verbraucher oft überraschend unvernünftig: „Wenn Deutsche ein Auto kaufen, vergleichen sie ein halbes Dutzend Modelle“, sagt Urban. „Wenn es um Geldanlageprodukte geht, sind sie nicht bereit, so viel Zeit zu investieren.“ Das rächt sich oft: „Egal, ob es um konventionelle oder nachhaltige Anlagen geht.“

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