Nicht unter Druck setzen lassen!

Post vom Inkassobüro: "Sie haben auf unserer Internetseite ein kostenpflichtiges Angebot genutzt. Zahlen Sie bitte den Jahrespreis von 59 Euro!" Mit solchen Briefen wollen Abzockerfirmen nichtsahnende Internet-Nutzer ausnehmen.

Berlin. (td) Oft haben die Opfer auf Seiten gesurft, die irgendeinen angeblichen Service bieten: Ahnenforschung, Stellenangebote, Hausaufgabenhilfe, Rezepte, Routenplaner - die Liste ließe sich beinahe unendlich fortsetzen. Typisch ist, dass der Surfer Adresse und Geburtsdatum nennen soll. Dass das Ganze Geld kostet, steht irgendwo klein gedruckt auf der Seite, wird in den allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt oder ist erst zu sehen, wenn man auf der Seite nach unten scrollt.

Nicht zahlen und nicht einschüchtern lassen



Ähnlich sieht es bei Handy-Klingeltönen aus. 80 Prozent der Anbieter arbeiten im Internet mit unsauberen Tricks, erklärte EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva nach der Überprüfung von 558 einschlägigen Websites in Europa.

Ihren Opfern drohen die Seitenbetreiber mit Strafanzeige und Gericht. Und mit jeder Mahnung schlagen sie Anwalts- und Inkassokosten hinzu, um die unfreiwilligen Kunden immer weiter unter Druck zu setzen. Das hat Methode: Die Abzocker setzen darauf, dass viele Betroffene nicht die Nerven haben, monatelang Mahnungen und Anwaltschreiben an sich abprallen zu lassen. Irgendwann zahlen sie, um wieder ruhig schlafen zu können.

Wenn es um offensichtliche Gaunereien geht, sollten die Betroffenen kaltblütig bleiben, nicht zahlen und sich nicht einschüchtern lassen. Denn inzwischen haben mehrere Gerichte entschieden, dass die Opfer nicht zu zahlen brauchen (Amtsgericht München, Az. 161 C 23695/06, AGHamm, Az. 17 C 62/08, Landgericht Hanau, Az. 9 O 870/07).

Erfahrungsgemäß lassen es die Abzocker nicht auf Prozesse ankommen. Sie wissen, dass sie vor Gericht kaum Chancen haben. Es geht ihnen auch nicht darum, ihr vermeintliches Recht durchzusetzen. Vielmehr besteht ihr Geschäftsmodell daraus, die Opfer zu verunsichern, um Geld aus ihnen herauszuholen.

Diese Zermürbungstaktik muss gar nicht bei allen zum Erfolg führen - bei Hunderttausenden solcher Drohbriefe reicht es, wenn nur einige der Opfer zahlen. Um die, die stur bleiben, kümmern die Abzocker sich nicht weiter.

Es hat daher keinen Sinn, auf die Drohbriefe zu antworten, meinen die Verbraucherschützer. Wer reagiert, gilt als lohnendes Ziel, als potenzielles Opfer, das man nur noch weich kochen muss. Wer nicht antwortet, fliegt irgendwann aus der Kartei und hört von den Gaunern nichts mehr.

Da viele Betroffene dennoch vorsichtshalber wenigstens das erste Schreiben nicht einfach in den Müll werfen möchten, halten die Verbraucherzentralen Musterbriefe bereit, etwa unter www.verbraucherzentrale-berlin.de.

Anders ist es, wenn der Kunde mit einer bekannten, seriösen Firma zu tun hat. Da sollte man zunächst auf eine unberechtigte Rechnung reagieren, rät test. Dann liegt meist ein Versehen der Buchhaltung vor. Das sollten Betroffene am besten schriftlich richtigstellen.

Weitere wichtige Themen in der Oktober-Ausgabe von test: Winterreifen, Digitalkameras und Erkältungsmittel.

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