Null Bock auf Politik? Von wegen! - TV-Serie "Generation Y" (Teil 8.1)

Trier/Arzfeld/Hörscheid · Die Eltern gingen auf die Straße, um gegen den Vietnam-Krieg und Atomkraft zu demonstrieren. Wer konservativ war, wählte die CDU, Arbeiter stimmten für die SPD. Doch was zählt Politik noch in der Generation Y - und wie bringt diese Generation sich ein? Drei junge Menschen aus der Region geben Antworten.

Sie bereiten Vorträge vor, um sich für schnelles Internet auf den Dörfern einzusetzen. Pflanzen eigenes Gemüse an, um sich gegen gentechnologisch veränderte Lebensmittel zu wehren. Oder fahren regelmäßig 720 Kilometer bis nach Berlin, um sich für die Belange junger Leute auf dem Land einzusetzen.
Politisches Engagement - das verstehen junge Menschen aus der Region ganz unterschiedlich. Und doch setzen sich viele von ihnen ein. Der TV hat drei Mitglieder der Generation Y (geboren nach 1975) gefragt, wie sie sich politisch engagieren und wie sich ihr Alltag gestaltet.

Sie kämpft für schnelles Netz
Ihre Freunde haben sich längst daran gewöhnt: Carolin Hostert besucht nicht jede Party. Wie auch? Das Leben der 19-Jährigen ist die Politik. Im Kreistag von Bitburg-Prüm sitzt sie für die CDU - als jüngstes Mitglied (Foto: privat). Außerdem ist sie im Vorstand der bundesweiten Schülerunion und engagiert sich bei der Jungen Union.
Ein Praktikum im Bundestag begeisterte sie dafür, sich in der Partei einzubringen. Und ihr Vater Klaus. "Er sitzt im Kreistag und hat zu Hause immer von den Themen aus der Sitzung erzählt. Das hat mich interessiert - deshalb bin ich mal mitgegangen", sagt Hostert. Das Herz der jungen Frau aus Arzfeld schlägt dafür, was vor ihrer Haustür passiert. Die Inhalte im Kreistag empfindet sie nicht als langweilig - allen Vorurteilen zum Trotz. "Ich weiß nun, dass ich bei Themen mitreden kann, die unsere Zukunft betreffen."
Ihr wichtigstes Anliegen: Der Breitbandausbau in der Region. "Schnelles Internet kann darüber entscheiden, dass junge Menschen nach der Schule hier bleiben." Vor vielen älteren Ratsmitgliedern hielt sie sogar einen Vortrag dazu. Nervös war sie nicht.
Ganz cool bleibt Hostert auch bei den Freunden, die sie nicht für die Partei begeistern kann. Unterstützung erhielt sie dennoch reichlich, als sie sich für den Kreistag zur Wahl stellte. Kumpels verteilten Flyer, in sozialen Netzwerken hatte sie teilweise eine Reichweite von 10 000 Nutzern. Daneben arbeitete sie für das Abitur, das sie nun in der Tasche hat. Ihr nächstes Ziel: Ein Studium in Vallendar. Theologie - nicht Politik. Der bleibt sie aber weiterhin treu. Im Kreistag. Und beim Kampf für schnelles Internet.

Wenn Gemüseanbau Politik ist
Jana Hilliges greift gerne zu Spitzhacke und Saatgut, wenn sie Einsatz demonstrieren möchte. Die 22-Jährige (Foto: privat) aus Trier hilft mit, den Gemeinschaftsgarten an der Trie-rer Tuchfabrik zu bewirtschaften. "Tomaten, Kohl, Radieschen, Spinat", zählt sie stolz auf, welche Artenvielfalt die fleißigen Hobbygärtner hergestellt haben. Was daran politisch ist? "Wir zeigen eine tolle Alternative auf, indem wir eigenes Gemüse anbauen, und jeder ist willkommen mitzuarbeiten. Wir schaffen eine grüne Insel in der Stadt, statt Gemüse in Plastikverpackungen einzukaufen."
Alternativen zu Massenkonsum und zu Globalisierung: Dafür kann sich Hilliges begeistern, die auch im Weltladen Besucher über fairen Handel informiert. Ihr Antrieb sei es dabei auch, die Situation von Kleinbauern in Ländern des Südens zu verbessern, die ihre Waren oft für Hungerlöhne verkaufen müssen.
Außerdem widmet sich die 22-Jährige dem Straßentheater. Junge Menschen aus Trier führen in der Innenstadt regelmäßig Stücke auf, die sich mit politischen Themen auseinandersetzen - wie zuletzt mit dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA. Unabhängigkeit ist Hilliges wichtig, darin sieht sie einen Unterschied zu Parteien. "Wir sind selbst organisiert und können Ideen sofort umsetzen, wenn wir sie haben."

Das Land im Herzen
100 000 Menschen bringen sich im Bund der Deutschen Landjugend ein. Sie kämpfen dafür, den Alltag in Dörfern lebenswert zu gestalten. Ihr Vorsitzender kommt aus der Vulkaneifel. Matthias Daun (Foto: privat) ist Landwirt. Auf dem Hof seiner Eltern packt er im Stall mit an. Mindestens einmal in der Woche fährt der 28-Jährige aber von seinem Heimatort Hörscheid nach Berlin.
Dort trifft er häufig auf Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt oder auf andere Politikpromis. In Gesprächen mit ihnen setzt sich Daun dafür ein, die Interessen der jungen Landbevölkerung ernst zu nehmen. Sei es die Frage, ob es genügend Busse gibt, Freizeitmöglichkeiten oder Internetverbindungen. Er sagt: "Wenn wir als Gruppe zusammenhalten, können wir einiges bewegen."
Die Generation Y empfindet Daun nicht als unpolitisch. "Sie engagiert sich nicht mehr so stark in Parteien, sondern lieber kurzfristig. Aber immer noch für Aktionen, die ihr am Herzen liegen." Daun glaubt, dass Politik nach wie vor begeistern kann. Auch junge Menschen. "Das gelingt, indem die Entscheidungen, die politisches Handeln hervorruft, greifbar und erkennbar sind."
Was bewegt die Jugend? Und
wie verändert sie die Gesellschaft? Fragen, die der Volksfreund in der Serie "Generation Y" beantwortet. Eine Generation, geboren nach 1975 und benannt nach dem englischen Wort why (warum)? Im nächsten Teil geht es um die Frage, welchen Einfluss die Internetpornographie auf das Liebesleben hat.

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