Skeptiker-Verein entlarvt obskure Esoterik-Mittelchen

Roßdorf (dpa) · Wie wäre es mit Steinchen gegen innere Blockaden? Oder mit einem „Entstrahlungsgerät“ für mehr Wohlbefinden? Sonderbare Mittelchen gibt es zuhauf. Der Verein GWUP nimmt solche Angebote unter die Lupe.

Der hölzerne Gegenstand auf dem Tisch sieht aus wie ein halbhoher Turm. Er macht nicht viel her, soll aber viel bringen. „Das wird als "Entstrahlungsgerät" angepriesen“, erklärt Martin Mahner vom Verein GWUP mit Sitz in Roßdorf bei Darmstadt. Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) klopft solche obskuren Hilfsmittelchen kritisch ab. Im Turm drin sind Sand, Steine, Kristalle, ein Amulett. „Das hat sich eine Dame gekauft, weil es ihr schlecht ging. Geholfen hat es ihr nicht.“

Schließlich rief die gutgläubige Käuferin die GWUP an. Die 3500 Euro für das „Entstrahlungsgerät“ war sie los. „Am besten zuerst uns fragen, bevor so etwas gekauft wird“, rät der 54-jährige Mahner. Solche Anrufe gingen des Öfteren bei dem Verein ein. Einmal im Jahr macht die GWUP bundesweit Schlagzeilen, wenn sie die Prophezeiungen von Wahrsagern und Apokalyptikern auseinander nimmt.

Den Verein gibt es seit fast 26 Jahren, rund 1200 Wissenschaftler und fachlich Interessierte machen mit. Sie kommen aus verschiedenen Fachrichtungen wie Psychologie, Mathematik und Physik und nennen sich Skeptiker.

Der Deutsche Astrologen-Verband in Heidelberg steht ihnen allerdings kritisch gegenüber. Sie seien nicht neutral, sagte der Vorsitzende Holger Faß. „Das ist eine ideologische Glaubensgemeinschaft, die von vornherein ein bestimmtes Ergebnis haben will.“

Zum GWUP-Wissenschaftsrat etwa gehört Wolfgang Hund, der auch Beauftragter des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes für „Sekten, Psychokulte und Okkultismus“ ist. Seiner Ansicht ist die Esoterik-Welle der vergangenen Jahre momentan abgeebbt, was auch den Skeptikern der GWUP zu verdanken sei.

Laut Landeskriminalamt zählen Fälle wie das „Entstrahlungsgerät“ zu einer regelrechten Betrugs-Masche, mitunter würden kleinere Gegenstände dieser Art auch auf Kaffeefahrten angeboten. Polizeistellen berichten von Wahrsagerinnen, die die Zukunft aus dem Gesicht lesen wollen und für viel Geld billigen Schmuck zum Abwenden von Schicksalsschlägen andrehen.

Mahner leitet den Sitz des Vereins in Roßdorf, ein nüchternes Büro. In einer kleinen Bibliothek gibt es Bücher über „Handlesen“, „Der flüsternde Stein“, „UFOs“ und „Aliens“. Die Skala der GWUP reicht von A bis Z, von der Astrologie bis zur Zelltherapie.

Die Mittelchen gegen alles Mögliche sind mitunter zum Schmunzeln. Mahner bringt ein kleines Glasröhrchen mit einem Korken obendrauf, Respekteinflößend ist es beschriftet wie ein Medikament. Die kleinen weißen Körner sollen geschluckt werden und gegen Hemmungen und Blockaden helfen. Ihr Name: „Berliner Mauer“.

„Viele sind trotz besseren Wissens von ihrem Denken aber nicht abzubringen, suchen eine esoterische Supermacht“, meint Mahner. Sie störe es auch nicht weiter, wenn sich vermeintlich ernstzunehmende Hilfsangebote als Schwindel entpuppten.

Die Skeptiker aber bleiben hartnäckig und kämpfen weiter. Jedes Jahr im Dezember legt die GWUP ihren Bericht vor, wie sehr die Wahrsager und Apokalyptiker wieder einmal mit ihren Vorhersagen daneben lagen. Dass diese Bilanz natürlich vor allem von Skeptikern erwartet wird, ist auch ohne übersinnliche Fähigkeiten nicht schwer vorherzusagen.

Astrologen, Wahrsager und Kartenleger - in Deutschland bieten schätzungsweise mehrere tausend Menschen derartige Dienste an. Wie viele genau sich auf diesem Feld tummeln, kann nicht genau beziffert werden, denn Astrologen, Hellseher und sogenannte Lebensberater müssen ihr Gewerbe nicht anmelden. Dass diese Bezeichnungen nicht geschützt sind, macht die Branche noch unübersichtlicher. In der Lebensberatung, die als Gewerbe angemeldet werden kann, arbeiten Anbieter mit langjähriger Ausbildung ebenso wie Stern- oder Kristallkugel-Deuter.

Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) mit Sitz in Roßdorf bei Darmstadt nimmt die Branche seit Jahren unter die Lupe. Beobachter sprechen von etwa 6000 Astrologen in Deutschland. Der Deutsche Astrologen-Verband geht von einer ähnlichen Größenordnung aus.

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