Sorgerecht: Das sollten Eltern wissen

Trier · Seit Mai dieses Jahres hat sich das Sorgerecht verändert: Unverheiratete Väter können künftig auch gegen den Willen der Mutter das gemeinsame Sorgerecht beantragen. Zwei Stunden lang gaben Fachanwälte für Familienrecht unseren Lesern Tipps am Telefon.

Trier. Hier eine Auswahl an Fragen und Antworten aus der TV-Telefonaktion. Meine Tochter hat das alleinige Sorgerecht, und das Kind lebt bei ihr. Hätte eine gemeinsame elterliche Sorge Auswirkungen auf den Aufenthaltsort des Kindes?Jörg Hosp, Fachanwalt für Familienrecht und Verkehrsrecht in Wittlich: Nein, die gemeinsame elterliche Sorge hat keine unmittelbaren Auswirkungen darauf, bei wem das Kind lebt. Wenn der Aufenthaltsort geändert werden soll, dann müssen sich beide Eltern einig sein, oder der Vater muss gerichtlich das Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen.Meine Tochter ist ein Jahr alt, und der Vater will jetzt die gemeinsame elterliche Sorge beantragen. Das erste halbe Jahr hat er sich überhaupt nicht gekümmert, dann nur, weil seine Eltern Druck gemacht haben. Wir grüßen uns, mehr nicht. Unterhalt zahlt er, seitdem die Anwälte eingeschaltet sind. Kann ich die gemeinsame elterliche Sorge verhindern?Annika Steinmann, Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin in Trier: Sie müssen der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht zustimmen. Wenn Sie eine Übertragung der elterlichen Sorge durch das Familiengericht verhindern wollen, dann stellen Sie dar, warum diese dem Kindeswohl widersprechen würde.Da die Beziehung zum Vater wichtig für die Entwicklung des Kindes ist, rate ich Ihnen, den Kontakt zwischen beiden zu fördern. Erst wenn Sie als Eltern gut zusammenarbeiten, ist die Zeit reif für eine gemeinsame elterliche Sorge.Ich habe ein nichteheliches Kind. Mit der Mutter habe ich nie zusammengelebt. Einmal in der Woche sehe ich meinen Sohn. Wir haben eine gute Bindung. Ich möchte nun das gemeinsame Sorgerecht. Wie schätzen Sie die Aussichten ein?Heinz Dieter Kalicki, Fachanwalt für Familienrecht und Erbrecht in Trier: Der Maßstab ist immer das Wohl des Kindes, und jeder einzelne Fall muss gesondert betrachtet werden. Erst einmal sollten Sie versuchen, mit der Mutter über das gemeinsame Sorgerecht zu sprechen. Das Jugendamt kann helfen: Es ist laut Kinder- und Jugendhilfegesetz dazu verpflichtet, die Eltern zu beraten. Weiter können Sie versuchen, über das Jugendamt eine gemeinschaftliche Sorgeerklärung kostenlos beurkunden zu lassen. Sollte dies nicht möglich sein, etwa wenn die Mutter mauert, dann empfehle ich Ihnen, einen Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge beim Familiengericht zu stellen.Was hat sich seit dem 19. Mai eigentlich geändert? Heinz Dieter Kalicki: Der Prüfungsmaßstab: Vorher wurde geprüft, ob die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht, nun, ob die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. In der Fachsprache nennt man das negative Kindeswohlprüfung.Was kann ich als Vater eigentlich mitbestimmen, wenn ich die gemeinsame elterliche Sorge habe?Annika Steinmann: Praktisch relevant sind die Wahl des Kindergartens, der Schule sowie später der Ausbildungsstätte, die Mitsprache bei medizinischen Behandlungen mit erheblichem Risiko sowie bei der Wahl der Religion. Dies fällt unter die sogenannten Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung. Alle sogenannten Angelegenheiten des täglichen Lebens dagegen bestimmt derjenige Elternteil alleine, bei dem das Kind wohnt. Deshalb kommt es in der Praxis vielmehr darauf an, ob und wie häufig der Vater Kontakt zu dem Kind hat und wie gut die Beziehung und das Vertrauen über die Jahre gedeihen. kat

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort