Spendenbereitschaft der Deutschen geht zurück

Berlin (dpa) · Sind die Deutschen in der Euro-Krise zu Spendenmuffeln geworden? In diesem Jahr sind sie laut Umfragen zumindest weniger spendabel als früher. Und sie wollen Transparenz von Spenden-Organisationen.

Der Euro sitzt nicht mehr so locker: Die Spendenbereitschaft der Deutschen hat nach einer repräsentativen Umfrage in diesem Jahr spürbar nachgelassen. Von Januar bis September zahlten die Deutschen rund 2,5 Milliarden Euro an gemeinnützige Organisationen oder Kirchen, teilte der Deutsche Spendenrat in Berlin mit. Damit liege das private Spendenaufkommen 5,5 Prozent unter dem Niveau der ersten drei Quartale im Jahr 2011.

Die Zeitschrift „Capital“ hat darüber hinaus die Internetaufritte großer Spendenorganisationen nach eigenen Kriterien auf Transparenz untersucht. Dazu gehörten zum Beispiel Informationen über Aufbau, Arbeitsweise und über die Verwendung der Spenden. Rund die Hälfte der Organisationen schnitt bei diesem Test gut ab. Auf den Spitzenplatz kam das Patenschaftsprogramm „Plan International“, auf Platz zwei das Kinderhilfswerk Unicef, das 2008 wegen zu hoher Provisionszahlungen an professionelle Spendenwerber unter Untreue-Verdacht stand. Die Ermittlungen der Staatsanwälte wurden jedoch später eingestellt. Auch sein aberkanntes Spendensiegel erhielt Unicef später zurück. Am schlechtesten schnitten im aktuellen Zeitschriften-Test die Spendenaktionen „Ein Herz für Kinder“ („Bild“-Zeitung) und „Wir helfen Kindern“ (RTL) ab.

Obwohl der traditionelle Spendenmonat Dezember erst noch kommt, geht der Spendenrat bei der Bilanz für das gesamte Jahr 2012 bereits von einem Negativtrend aus. Es gibt unterschiedliche Vermutungen, warum das Geld nicht mehr so locker sitzt. „Das könnte auf die Euro-Krise und die Diskussion zur Rentenpolitik zurückzuführen sein“, sagte Daniela Felser, Geschäftsführerin des Deutschen Spendenrats. Das Spendenaufkommen entspricht bisher aber annähernd den Jahren 2007 und 2009, in denen es keine großen Naturkatastrophen gab. Deshalb blieb eine medienwirksame Werbung um Spenden wie nach dem Tsunami 2005 in Südostasien oder dem Erdbeben auf Haiti 2010 aus.

Für die Umfrage zur Spendenbereitschaft ließ der Spendenrat 2012 rund 10 000 Bundesbürger ab 10 Jahren interviewen. Dabei ging es ausschließlich um freiwillige Spenden an gemeinnützige Organisationen, Hilfs- und Wohltätigkeitsverbände sowie Kirchen. Nach der Umfrage sind die mit Abstand meisten Spender (rund 40 Prozent) über 70 Jahre alt. Geber unter 50 machen weniger als ein Viertel (23 Prozent) aus, ihr Anteil ist noch weiter zurückgegangen (2006: 28 Prozent). Die meisten Zuwendungen gehen nach wie vor an die humanitäre Hilfe (74 Prozent). In der Gunst der Spender zugelegt haben Tierschutz (6,6 Prozent) und die Kultur- und Denkmalpflege (6,7 Prozent).

94 Prozent der Deutschen wünschen sich nach einer Forsa-Umfrage von einer Spendenorganisation genaue Informationen - vor allem auch darüber, wohin das Geld fließt. „Capital“ hat deshalb untersuchen lassen, wie schnell sich solche Infos auf den Internetseiten der 50 großen deutschen Spendenorganisationen finden lassen, die zusammen rund 1,7 Milliarden Euro Spenden im Jahr erhalten. Dazu kamen noch Testanrufe mit Fragen. Im Ergebnis informierte rund die Hälfte der Organisationen im Kern transparent und veröffentlichte zum Beispiel ihre Geschäftsberichte online. Defizite gab es aber bei Angaben der erzielten Wirkung - zum Beispiel über die Schulabschlussquoten bei Bildungsprojekten.

Die Frage, wie seriös Spendenorganisationen arbeiten, ist damit aber nicht pauschal beantwortet. Es kommt immer auf die Prüfungs-Kriterien an. Das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) prüft für die Vergabe seines Spendensiegels zum Beispiel, wie viel Spendengelder für die Verwaltung der Organisation verwendet werden. Als unseriös gelten auch Spendenwerbe-Broschüren mit schockierenden Fotos von leidenden Menschen.

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