Kolumne: Hauptsache gesund! Über das leidige Schnarchen
Wer schläft, sündigt nicht! Dieses Sprichwort gilt nicht ohne weiteres für den Schnarcher. So können sich schon mal ungeahnte Aggressionen in Schlafzimmern aufbauen, und ein arglos Schlafender wird unversehens zum Sündenbock.
Und das in nicht geringem Ausmaß: Im Laufe ihres Lebens werden rund 60 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen zu Schnarchern.
Laut Aussage des Schweizer Wissenschaftlers Franz Theiler sei das Schnarchen ein Relikt unserer Evolution und habe in der Vergangenheit dazu gedient, wilde Tiere zu vertreiben. Auch wenn diese These anzuzweifeln ist, erscheint doch bemerkenswert, dass dem lautesten Schnarcher mit stattlichen 93 Dezibel (das entspricht der Lautstärke eines vorbeifahrenden LKWs) ein Platz im Guinness Buch der Rekorde gewidmet wurde. Vielmehr dürfte die Ronchopathie (altgriechisch ronchos = Schnarchen) eher die Folge einer kleinen Fehlkonstruktion des menschlichen Körpers darstellen.
Grundsätzlich fasziniert bei der Betrachtung des Körperbaus die Multifunktionalität vieler Organe: So dient die Nase der Weiterleitung der Atemluft in die Lunge, gleichzeitig deren Anwärmung, Anfeuchtung und der Wahrnehmung von Geruchsstoffen, und bei Bedarf trägt sie auch ein Brillengestell. Der Rachen wiederum leitet die Atemluft weiter, stellt andererseits den Einfülltrichter für die Aufnahme der Nahrung dar und erfüllt eine wichtige Funktion bei der Kommunikation der Menschen untereinander: der Artikulation der Sprache. Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass die Atmung umso leiser vonstattengeht, je weiter die Atemwege sind, umgekehrt: Je enger, ums lauter. Wie bei der Blockflöte entsteht der lauteste Ton an der engsten Stelle, meist im Bereich des Zungengrundes. Die Annahme, dass das Flattern des Gaumensegels und des Zäpfchens zum Schnarchen führt, haben Schlaf-Endoskopien weitgehend widerlegt. Daher führen operative Maßnahmen an dieser Stelle in den seltensten Fällen zum Erfolg, sind zudem sehr schmerzhaft und mit nicht wiedergutzumachenden Komplikationen behaftet. Die Dispositionen zum Schnarchen sind vielfältig: So disponiert – wie bereits angeführt- das männliche Geschlecht wie auch die fortgeschrittene Jugend zum Schnarchen. Als besonders gewichtige Ursachen gelten Übergewicht ebenso wie Rückenlage, eine notorisch verstopfte Nase und sedierende Medikamente wie auch Alkoholgenuss. Problematisch wird es, wenn die Atemwege wie ein leerer Feuerwehrschlauch zusammenfallen und dadurch beim Schnarchen Atemaussetzer entstehen, die durchaus bis zu zwei Minuten dauern können. Diese lösen dann einen kurzen Weckreiz aus, der wiederum die Schlafrhythmik mit wechselnden Tiefschlaf- und Traumphasen stört. Folge ist ein nicht erholsamer Schlaf mit Müdigkeit und Abgeschlagenheit am nächsten Tag. Man spricht dann von einem Schlaf-Apnoe-Syndrom.
Neben einer Beeinträchtigung der Arbeitsleistung kann es dadurch auch zum Sekundenschlaf kommen, der beim Autofahren durchaus zu lebensbedrohlichen Situationen führen kann. Daher bedarf gerade die Kombination: Schnarchen, Atemaussetzer und morgendliche Müdigkeit einer fachärztlichen Abklärung durch eine schlafmedizinische Untersuchung. So lassen sich die verschiedenen möglichen Ursachen abklären und Lösungen finden, auf dass der Frieden im Schlafzimmer wieder einkehren möge.
Dr. med. Stefan Pappert, HNO-Arzt und Mitglied im Medi-Verbund.