Ungebetene Gäste sanft entfernt

Krabbeltiere im Haus versetzen viele in Panik. Übereifrig werden dann oft schädliche Insektensprays versprüht. Dabei lassen sich unerwünschte Hausgäste auch ohne Gift bekämpfen.

Hamburg. Auch in der saubersten Wohnung tauchen immer wieder mal Ameisen, Motten, Silberfischchen oder Schaben auf. Doch nicht alles, was krabbelt und kriecht, ist ein Schädling. "Viele Lebewesen wie Silberfische sind harmlose Lästlinge", beruhigt Dirk Petersen, Umweltberater bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Andere Eindringlinge wie Spinnen seien sogar nützlich. Man sollte sie daher in Ruhe lassen. Nicht so aber Gesundheitsschädlinge wie Kakerlaken. Hier müsse ein Profi helfen.

Insektensprays, Elektroverdampfer, Mottenpapier und ähnliche Vernichtungsmittel enthielten oft giftige Substanzen wie Organophosphate und Pyrethroide, warnt die Stiftung Warentest. Sie sollen den Schädlingen den Garaus machen, können aber auch dem Menschen schaden. Und: Es geht auch ohne Gift im Haushalt, sagt Rainer Gsell, Bundesvorsitzender des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbands in Essen. "Voraussetzung für erfolgreiche Gegenmaßnahmen ist die genaue Bestimmung der aufgetretenen Tiere."

Viele Schädlinge eingeschleppt



Könne der Betroffene das Insekt nicht selbst bestimmen, sollte er es einfangen und einem Schädlingsbekämpfer zeigen. Der habe Tipps, wie man gegen den Befall vorgehen muss. "Heutige Schädlingsbekämpfer setzen nur so viel Chemie ein wie unbedingt notwendig. Meist kommen sie ohne aus, denn der Profi stimmt die Maßnahmen auf den Schädling ab", erklärt Gsell.

Doch den Profi zu rufen, kostet viel Überwindung. Was, wenn der Profi denkt, man hätte schlecht geputzt? Gsell beschwichtigt: "Die meisten Schädlingsprobleme haben nichts mit Sauberkeit zu tun. Die häufigste Ursache ist Einschleppung." So könne etwa ein Hund einen Floh ins Haus bringen.

"Auch Lebensmittelmotten werden, etwa durch den Einkauf von befallenem Müsli oder Mehl, eingeschleppt", sagt Petersen. Denn in Getreideprodukten, aber auch in Trockenobst, Hülsenfrüchten und Schokolade fühlen sich die Mottenlarven wohl. Deshalb sei es wichtig, diese Lebensmittel nach dem Einkauf in verschließbare Behälter umzufüllen.

Schrank auswaschen hilft



"Flattert eine Motte durch die Wohnung, sollte man alle Nahrungsmittel nach Gespinsten und die Verpackungen nach Löchern absuchen", rät Petersen. Außerdem sollten Schränke ausgeräumt und ausgewaschen werden. In unzugänglichen Bereichen und Ritzen könnten abgelegte Eier mit dem Föhn so erhitzt werden, dass sie absterben.

Motten nisten auch gerne in Wolle. "Sie lieben alte Hautschuppen und Schweißgeruch", sagt Petersen. Die Winterkleidung sollte man daher waschen oder reinigen lassen, bevor sie verpackt ins Sommerquartier verschwindet. Lavendelkissen, Walnussblätter und Zedernholz zwischen den Kleidern beugen Mottenbefall vor.

Sind die Motten schon da, helfen Pheromonfallen. Sie locken mit einem Sexuallockstoff männliche Motten in die Falle, so dass der Vermehrungszyklus der Insekten unterbrochen wird. "Oft werden diese Duftstofffallen jedoch falsch angewendet", warnt Gsell. Werden etwa zu viele Fallen in die Räume gelegt, würden bei geöffneten Fenstern zusätzlich Motten aus der Nachbarschaft angelockt.

Auch Schlupfwespen bekämpfen Lebensmittel- und Kleidermotten. Die Larven der sehr kleinen Schlupfwespen sind nur 0,4 Millimeter groß und werden auf Karten in die Schränke gelegt. Ausgewachsen werden sie dort zum Feind der Motten. "Schlupfwespen legen ihre Eier in die Motteneier, die daraufhin absterben", erläutert Petersen. Auf diese Weise wird die Brut der Lebensmittelmotten zerstört. Anschließend sterben auch die Schlupfwespen. Diese Methode der Motten-Bekämpfung ist jedoch teuer, da sie in einem Zeitraum von drei bis vier Monaten mehrmals wiederholt werden muss.

In den Sommermonaten können Ameisen lästig werden, wenn sie auf der Suche nach Nahrung in Gebäude und Wohnungen vordringen. "In der Regel birgt ein Befall von Ameisen kein gesundheitliches Risiko", sagt Petersen. Eine Ameisenstraße in der Wohnung werde durch Bestreichen des Bodens mit Lavendelöl unterbrochen. Es störe den Orientierungssinn der Tiere. Schlupflöcher ins Haus, wie Ritzen, sollten mit Silikon versiegelt werden. Klebende Barrieren, die es im Handel zu kaufen gibt, blockieren den Zugang durch Fenster und Türen.

Backpulver gegen Ameisen



Radikalere Methoden töten die Tiere: "Backpulver ist ein altes Hausmittel gegen Ameisen. Es wird von den Ameisen gefressen, bläht sich im Magen auf und tötet so die Insekten ab", sagt Petersen. Auch Diatomeenerde wirke tödlich, da es den Chitinpanzer der Insekten verletzt und die Tiere in kurzer Zeit austrocknen.

"Schaben und die seit einiger Zeit wieder verstärkt auftretenden Bettwanzen widerstehen sanften Bekämpfungsmethoden", ergänzt Ingrid Nöh vom Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau. Diese Tiere krabbeln meist nachts aus Schrankritzen und Wandfugen. Bei einem solchen Befall sollte man immer einen Schädlingsbekämpfer beauftragen, rät die Expertin.

EXTRA MIETMINDERUNG BEI UNGEZIEFER



Ungeziefer in der Wohnung ist ein Mangel an der Mietsache und kann zur Mietminderung führen. "Doch kein Vermieter kann verhindern, dass Ameisen, Käfer oder Fliegen durch offene Türen und Fenster in die Wohnung gelangen. Mit ein paar Insekten müssen sich Mieter deshalb arrangieren", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Erst bei einer Plage seien mietrechtliche Konsequenzen angebracht. Der Mieter kann allerdings keine Mietminderung geltend machen, wenn er den Schädlingsbefall etwa durch befallene Nahrungsmittel im Haus selbst verschuldet hat. Der Mieter sei außerdem verpflichtet, seine Wohnung sauber zu halten, damit sich Ungeziefer erst gar nicht verbreiten kann. dpa

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