Gärtnern wie die Vorfahren Vielfalt zeichnet den Bauerngarten aus

Bauerngärten sind so vielfältig wie der Landstrich, in dem sie vorkommen. Dennoch besitzen sie alle ähnliche Merkmale und Pflanzen, die sie unverwechselbar und zeitlos machen.

 Geometrische Strukturen prägen: Buchsumrandungen teilen den Eifeler Bauerngarten der Familie Jakobi in Dockendorf in vier gleiche Beete. Ein ausgedientes Taufbecken betont den Mittelpunkt des Wegekreuzes.

Geometrische Strukturen prägen: Buchsumrandungen teilen den Eifeler Bauerngarten der Familie Jakobi in Dockendorf in vier gleiche Beete. Ein ausgedientes Taufbecken betont den Mittelpunkt des Wegekreuzes.

Foto: Kathrin Hofmeister

Was würde man sagen, wenn einer behauptete, den Bauerngarten gäbe es gar nicht. Der Begriff sei 1855 von einem gewissen Anton Kerner eingeführt worden. Der Grund: Er fürchtete um den Verlust einer Gartenform, die er in österreichischen Dörfern ausgemacht hatte. Man könnte entgegnen: Jeder Garten, der eine bunte Mischung aus farbigen Blumen, Gemüse und Kräutern enthält, ist ein Bauerngarten. Oder – jeder Garten auf dem Land, der an ein Bauernhaus grenzt, ist einer.

Die Entstehungsgeschichte des Bauerngartens ist tatsächlich schwer zu rekonstruieren. Trotzdem sind Bauerngärten geschichtsträchtig. Mancher Eifeler Bauerngarten orientiert sich in seiner Pflanzenauswahl an der Pflanzenliste Karls des Großen und fährt gut damit. 73 Nutzpflanzen einschließlich Kräutern und Obstbäumen hatte der Kaiser der Franken im 8. Jahrhundert festgelegt und befohlen, diese in den Gütern seines Reiches anzupflanzen. Darunter sind Saubohnen und Schnittmangold – fast vergessene Gemüse, die man wieder zu schätzen lernt.

Viele Schmuckpflanzen, wie Flieder oder Tulpen, die man heute zum Inventar eines Bauerngartens zählt, hat die Landbevölkerung von den hohen Herrschaften übernommen. Kamen sie im Gartenstil der Reichen und Mächtigen außer Mode, waren die Bauern so schlau, ihr Fortbestehen zu sichern. Um das Bewahren geht es auch heute im Bauerngarten. Längst zeigt sich, dass historische Zwiebelblumensorten oft gesünder und langlebiger sind als neue Züchtungen. Was über den Gartenzaun getauscht wurde, hat sich in den Boden- und Klimaverhältnissen der Region bewährt und wächst zuverlässiger als manche Handelsware.

Wer einen Bauerngarten anlegt, orientiert sich an den Beeten. Sie müssen gut erreichbar sein und verlaufen daher gerade. Als Vorbild diente dem Bauerngarten der Klostergarten. Deshalb kreuzen sich häufig zwei Hauptachsen. Das Wegekreuz teilt das Terrain in vier gleich große Beete. Parallel zur äußeren Gartengrenze erschließt ein rundlaufender Weg die Beete von hinten. In großen Bauerngärten entsteht zwischen umlaufendem Weg und Zaun oft eine zusätzliche Rabatte. Sie bietet sich für höhere Stauden und Sommerblumen an, während der Innenbereich den Nutzpflanzen vorbehalten bleibt. Das Blumenband lockt bestäubende Insekten in den Nutzgarten. Früher lieferte die Staudenrabatte den Kirchenschmuck. Heute tritt oft ihre dekorative Wirkung in den Vordergrund.

 Nutzpflanzen wie Rotkohl bereichern das Blumenbeet und den Teller.

Nutzpflanzen wie Rotkohl bereichern das Blumenbeet und den Teller.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Will man der Zierde noch mehr Raum geben, schmückt ein Rondell den schlichten Kreuzungspunkt der Mittelachsen. In Eifeler Bauerngärten findet man bisweilen in der Mitte einen zum Brunnen umfunktionierten Sauerkrauttrog. Ein Kump, wie man den Wassertrog in der Eifel nennt, kann aber auch den Garten zu einer Seite hin abgrenzen. Eine Wasserstelle braucht ein Bauerngarten so zwingend wie die Einfriedung. Zäune schützen einen Bauerngarten nicht nur vor Tieren und anderen Eindringlingen. Man kann sie gleich als Rankhilfe für Himbeerruten, Brombeerranken oder anderes Beerenobst zum Anbinden nutzen. Auch hohe Blumen oder kletternde Duftwicken lehnen sich hier gut an. Denn auch duftende Blumen gehören in einen Bauerngarten. Früher steckte man sich beim abendlichen Unkrautjäten eine Duftnelke hinters Ohr, um die Insekten zu vertreiben.

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Foto: istock
 Himbeeren werden im Bauerngarten an den äußeren Zaun gepflanzt und bieten so den Gemüsepflanzen im Inneren Schutz.

Himbeeren werden im Bauerngarten an den äußeren Zaun gepflanzt und bieten so den Gemüsepflanzen im Inneren Schutz.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Was sich Einsteiger heute wieder mühsam anlesen müssen und durch Ausprobieren mit vielen Rückschlägen erlernen, ist im Bauerngarten von einer Generation an die nächste weitergegeben worden. Eifeler Bauerngärtnerinnen berichten beispielsweise, wie sie von der Mutter gelernt haben, dass man Knoblauch zwischen die Erdbeeren setzt, um Pilzkrankheiten zu vermeiden. Damit das Praxiswissen und die gelebte Gartenkultur nicht verloren gehen, könnte man sich jetzt doch mit Anton Kerner anfreunden, der den Begriff Bauerngarten einführte. Wie wäre es, sich mit der Anlage eines Bauerngartens um den Erhalt der immer seltener werdenden Gartenform zu kümmern?!

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