Wenn Chaos und Wut das Lernen stören

Was hilft, wenn es täglich Zoff um die Hausaufgaben gibt? Was kann eine Mutter tun, wenn die Tochter in der Klasse unbeliebt ist? Zwei Psychologen haben unseren Lesern wertvolle Tipps am Telefon gegeben.

Hier eine Auswahl an Fragen und die Antworten der Experten am Schultelefon:Fast täglich streiten meine Tochter und meine Enkelin, zweite Klasse, wegen der Hausaufgaben. Meine Enkelin trödelt immer, weiß nicht, was sie machen soll, meine Tochter schreit dann irgendwann los, und am Ende sind beide fix und fertig. Was kann helfen, damit das endlich mal klappt?Dr. Kerstin Sperber, Psychologin und Leiterin des Beratungszentrums für Hochbegabung/CJD und schulpsychologische Beraterin am Auguste-Viktoria-Gymnasium in Trier: Solche Situationen kennen viele Familien. Der erste Schritt: Ihre Enkelin soll alles, was erledigt werden muss, in ein Hausaufgabenheft eintragen! Falls das nicht klappt, kann es hilfreich sein, mit der Klassenlehrerin zu vereinbaren, dass sie die Eintragungen abzeichnet. Wichtig ist dabei, dass Ihre Tochter zur Lehrerin geht und ihr das Hausaufgabenbuch zeigt. Es geht darum, dass sie die Verantwortung übernimmt. Und immer wenn das klappt: loben! Ihre Enkelin sollte immer am gleichen Arbeitsplatz Hausaufgaben machen, und störende Einflüsse sollten möglichst gering gehalten werden. Alles, was ablenkt, wie Spielmaterialien, gehört nicht auf den Schreibtisch. Feste Hausaufgabenzeiten und ein Plan, wann was in welcher Zeit erledigt werden soll, sind hilfreich. In diesem Alter sollten Kinder nicht erst am späten Nachmittag mit den Hausaufgaben beginnen! Ein Belohnungssystem unterstützt planvolles Lernen. Wichtig ist, dass die Eltern konsequent über mehrere Wochen dranbleiben und man das System nicht schleifen lässt. Und das Kind soll möglichst direkt erfahren, dass es angenehm ist, wenn es sich an die Vereinbarungen hält. Es wird auch Misserfolge und schwierige Tage geben, aber Ihre Tochter soll versuchen durchzuhalten. Es kann auch helfen, sich mit Eltern in ähnlicher Situation auszutauschen. Wenn das Problem jedoch über eine längere Zeit anhält und alle sehr belastet sind, sollte man sich beraten lassen.Unser Junge treibt uns jeden Tag zur Weißglut mit seinen Wutausbrüchen beim Lernen. Was können wir tun?Dr. Kerstin Sperber: Überlegen Sie, was die Ursachen sein könnten. Über- und Unterforderung sollten ausgeschlossen werden.Auch wenn es leichter gesagt als getan ist: Bewahren Sie in der Situation Ruhe! Versuchen Sie nicht, sich provozieren zu lassen und dann auch zu schreien. Überlegen Sie im Vorfeld, was Ihnen helfen kann, in solchen Situationen ruhig zu bleiben - zum Beispiel kurz aus dem Zimmer zu gehen. Es kann auch helfen, das Kind aus der Situation herauszunehmen, es in ein anderes Zimmer zu bringen. Viele Kinder sind während der Wut nicht ansprechbar. Von daher ist es wichtig, nicht zu warten, bis das Kind auf "180" ist, sondern es schon bei "90" rauszubringen. Erklären Sie Ihrem Sohn im Vorfeld, was passieren wird, wie Sie beim nächsten Wutanfall reagieren werden. Und achten Sie darauf, dass sich der Wutausbruch für das Kind nicht lohnt. Sobald man merkt, dass der Junge dran arbeitet, er weniger Wut zeigt, loben Sie ihn. Falls Ihr Sohn während des Wutanfalls nicht ansprechbar ist, gehen Sie etwa beim Abendessen noch mal darauf ein. Es macht auch Sinn, solche Situationen zu protokollieren: Notieren Sie Anlass, Datum, eigenes Verhalten und wie das Kind reagiert hat. Mit Hilfe des Protokolls können Sie Verhaltensmuster eventuell besser erkennen - und ändern.Mein Sohn, 13, hat keine Lust auf Schule. Bei ihm wurde vor Jahren AHDS festgestellt, und er bekommt auch Medikamente. Vor Jahren stand auch mal eine Hochbegabung im Raum. Außerhalb der Schule klappt alles ganz gut, er hat Freunde und er hält sich auch an Regeln.Jochen Fredrich, Psychologe der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais e.V. in Trier: Suchen Sie ein Beratungszentrum auf, um eine aktuelle Diagnostik machen zu lassen. Bei einer Hochbegabung kann hinter dem schulischen Verhalten ihres Sohnes auch eine Unterforderung stecken. Wichtig ist, dass Sie konkrete Dinge, wie das Erledigen von Hausaufgaben, von ihrem Sohn einfordern und dann auch kontrollieren, dass er die Aufgaben macht.Meine Tochter, acht Jahre alt, ist ein liebes und kluges Mädchen, aber sie hat einen schweren Stand in der Klasse. Die Klassenlehrerin und die Schüler scheinen sie nicht zu mögen. Was kann ich dagegen tun?Jochen Fredrich: Sprechen Sie mit der Lehrerin! Auch können Sie Kontakt mit den Klassenelternsprechern aufnehmen und Ihr Problem schildern. Ein Sozialtraining etwa kann zur Veränderung von Klassen, die schwierig sind, beitragen. Oder der schulpsychologische Dienst kann eingeschaltet werden und sich ein Bild von der Situation in der Klasse machen. kat

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