Katholische Kirche denkt um Trierer Bischof für Sondergerichte bei Missbrauchsverdacht

Trier · Viele Täter aus der katholischen Kirche sind ungestraft davongekommen. Stephan Ackermann will künftig für bessere Aufklärung sorgen.

Bischof will Sondergerichte bei Missbrauchsverdacht
Foto: dpa/Felix Kästle

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ist für die Einrichtung von bistumsübergreifenden Sondergerichten, die sich mit Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch durch Priester befassen. Eine solche Spezialisierung würde zu einer stärkeren Professionalisierung führen und die Urteile untereinander vergleichbarer machen, sagte Ackermann dem „Trierischen Volksfreund“.

Mit der Initiative reagiert Bischof Ackermann auf die Ende September veröffentlichte Studie über Missbrauch in der katholischen Kirche (wir berichteten). Darin wird unter anderem auch Kritik an den kirchenrechtlichen Verfahren geäußert. Sie sollten vereinheitlicht und beschleunigt werden, fordern die an der Studie beteiligten Wissenschaftler. Zudem müssten die Entscheidungen transparenter und nachvollziehbarer sein und besser kommuniziert werden, heißt es weiter. Derzeit sind noch die jeweiligen diözesanen Kirchengerichte für die Missbrauchsverfahren zuständig.

Zuletzt war gegen einen unter Missbrauchsverdacht stehenden 63-jährigen Geistlichen des Bistums Trier Anfang dieses Jahres ein Strafverfahren am kirchlichen Gericht des Erzbistums Köln eingeleitet worden. In der Domstadt könne in diesem Fall die „größtmögliche Neutralität“ sichergestellt werden, hieß es zur Begründung der Ortswahl. Das kirchliche Gerichtsverfahren sieht Strafen bis zur Entlassung aus dem Klerikerstand vor.

Nach dem Vorschlag des kirchlichen Missbrauchsbeauftragten Ackermann wären die Sondergerichte für Fälle zuständig, die noch nicht verjährt oder bei einem Kirchengericht anhängig sind. Wo die neuen Gerichte angesiedelt werden sollen und wie sie personell ausgestattet wären, ist noch offen.

Inzwischen beschäftigt eine Strafanzeige gegen unbekannt wegen der mehr als 3600 juristisch nicht aufgearbeiteten Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland. Sechs Juristen hatten am vergangenen Freitag bei den Staatsanwaltschaften in allen 27 katholischen Bistümern Anzeige wegen sexuellen und schweren sexuellen Missbrauchs eingereicht – also auch in Trier, Speyer und Mainz. Die Begründung: Es gebe eine hohe Zahl von Fällen in der Missbrauchsstudie, die noch nicht einzelnen Tätern zugeordnet werden könne.

Der Leitende Trierer Oberstaatsanwalt Peter Fritzen sagte dem „Trierischen Volksfreund“, man prüfe, ob sich aus der Strafanzeige Anhaltspunkte für eine noch nicht verjährte strafbare Handlung ergäben. Das werde einige Zeit dauern. Der Trierer Bischof Ackermann verwies auf die Leitlinien der Bischofskonferenz, wonach bei Anhaltspunkten für sexuellen Missbrauch die Strafverfolgungsbehörden informiert werden müssen. „Wenn es einen Anfangsverdacht gibt, ist die Kooperation alternativlos“, sagte Ackermann.

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