Fragestunde im Bundestag: Außenministerin Baerbock über den Ukraine-Krieg „Tier-Panzer“ am Abendbrot-Tisch

Nun liefert Deutschland doch schwere Waffen an die Ukraine. Außenministerin Annalena Baerbock stellt sich im Bundestag den Fragen der Abgeordneten zum Ukraine-Krieg: „Es gibt keine einfachen Antworten“

Außenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch bei der Befragung der Bundesregierung zum Ukraine-Krieg im Bundestag

Außenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch bei der Befragung der Bundesregierung zum Ukraine-Krieg im Bundestag

Foto: AP/Markus Schreiber

Es ist der Krieg. Er treibt sie um. „Manchmal nachts um drei, da wacht man auf, mein Gott, die Menschen sind im Stahlwerk eingeschlossen“, erzählt Annalena Baerbock zur frühen Nachmittagsstunde im Bundestag. Aber ja, sie wisse, Deutschland dürfe nicht eingreifen, dürfe keine Truppen schicken. Doch mit Waffen an die Ukraine, da könne man helfen. „Das ist kein Kriegseinsatz, weil wir das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung nach der UN-Charta unterstützen“, betont die Grünen-Politikerin.

Die deutsche Außenministerin stellt sich an diesem Tag den Fragen der Abgeordneten. Menschen eingeschlossen im Stahlwerk? Sie meint das Asow-Stahlwerk in der völlig zerbombten ukrainischen Hafenstadt Mariupol, in der sich neben regulären ukrainischen Einheiten noch Söldner, aber eben auch unbewaffnete Zivilisten – Frauen und Kinder – verschanzt haben. Befragung der Bundesregierung an diesem Mittwoch: Abgeordnete fragen, die Ministerin antwortet. Baerbock macht gleich deutlich, dass in jeweils 60 Sekunden, die ihr nach der Geschäftsordnung des Hohen Hauses für ihre Antworten zustehen, der Krieg oder gar ein Ansatz für einen Frieden nicht erklärt werden könne. Es gebe nun mal „keine einfachen Antworten zu Zeiten eines Krieges“.

Die Uhr läuft, grünes Licht blinkt an der großen Anzeigetafel im Rücken des Rednerpultes und wechselt auf Rot, wenn Baerbock ihre Zeit überschritten hat. 60 Sekunden -- für Antworten zum Ukraine-Krieg, zur Lieferung schwerer Waffen, zur Entscheidung in EU und Nato, zu einem möglichen Übergreifen des Krieges auf das kleine Moldawien, auch zu Afghanistan, wo noch nicht einmal die Hälfte jener Menschen, die die Bundesregierung nach Deutschland bringen wollte, inzwischen hier angekommen ist, wie es die Linke schildert.

Niemand weiß vermutlich derzeit eine Antwort, wie es in der Ukraine weitergehen wird. Auch die Bundesregierung fährt auf Sicht, ihr bleibt gar nichts anderes übrig. Baerbock: „Was passieren könnte? Wir wissen es nicht. Niemand kann sagen, wenn wir nun diesen Schritt machen, dann wird morgen dieses oder jenes passieren.“ Nebel, Blindflug, Versuch und Irrtum – bei zugleich bester Absicht.

Die deutsche Außenministerin listet -- soweit sie es kann und darf -- auf, welche Waffen Deutschland bislang der Ukraine zur Unterstützung in deren Verteidigungskampf gegen Russland geliefert habe: Panzerfäuste, Flugabwehrraketen, Handgranaten, Panzerabwehrminen, Artillerie, Munition und nun auch noch schwere Waffen. Rund 50 Flugabwehrpanzer des Typs „Gepard“ aus ehemaligen Beständen der Bundeswehr sollen nun an die ukrainischen Streitkräfte geliefert werden. CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul fragt Baerbock, warum die Bundesregierung mit dem „Gepard“ ausgerechnet das „schwierigste Panzersystem“ ausgesucht habe, für das Soldaten mindestens „sechs Monate Einweisung“ bräuchten. Warum nicht besser Schützenpanzer, etwa den „Marder“? Baerbock, ja alle Welt spreche jetzt „am Abendbrot-Tisch über die Tier-Panzer“: Marder, Puma, Leopard, Gepard, Fuchs. „Auch Schützenpanzer könnten wir nicht einfach so liefern.“ Wie sie überhaupt nicht über jedes Detail der Waffenlieferungen in der Öffentlichkeit reden könne, auch, um jene zu schützen, die die Waffen in die Ukraine transportierten.

Baerbock war unlängst in Mali und Niger, wo die Getreidepreise wegen der ausgefallenen Weizenernten in der Ukraine und Russland regelrecht explodieren. „Dieser Krieg betrifft die ganze Welt“, sagt sie im Bundestag. Erst vergangene Woche war die Außenministerin im Baltikum, wo man die Grenze mit Russland regelrecht sehen könne. Wohin dieser Krieg läuft? Sie wisse es nicht. „Aber deswegen werden wir in Zukunft auch im Baltikum eine andere Verantwortung haben als wir es noch vor zwei Jahren sehen konnten.“ Die Außenministerin und der Krieg. Sie hätte gerne andere Antworten.

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