Corona-Maßnahmen Bundesverfassungsgericht billigt einrichtungsbezogene Impfpflicht

Berlin · Seit zwei Monaten gilt die Corona-Impfpflicht in Pflege, Praxen und Kliniken. Sie hat eine Welle an Verfassungsbeschwerden ausgelöst. Das Bundesverfassungsgericht hat nun nach intensiver Prüfung eine eindeutige Entscheidung verkündet. Doch es gibt Kritik.

Eine Frau lässt sich gegen Covid-19 impfen. (Archiv)

Eine Frau lässt sich gegen Covid-19 impfen. (Archiv)

Foto: dpa/Moritz Frankenberg

Die Corona-Impfpflicht für das Pflege- und Gesundheitspersonal ist rechtens. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat eine Verfassungsbeschwerde gegen die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht zurückgewiesen. Politiker wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßten die Entscheidung am Donnerstag. Patientenschützer äußerten aber Zweifel, ob die einrichtungsbezogene Impfpflicht den bestmöglichen Infektionsschutz bieten könne. Kritik kam auch aus den Krankenhäusern.

Das höchste deutsche Gericht argumentierte bei seiner Entscheidung, der Schutz sogenannter vulnerabler Gruppen wiege verfassungsrechtlich schwerer als die Beeinträchtigung der Grundrechte für Mitarbeitende im Pflege- und Gesundheitsbereich. Zwar liege ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit vor. Dennoch bleibe alternativ nur, den Beruf nicht mehr auszuüben oder den Arbeitsplatz zu wechseln. Doch die Abwägung des Gesetzgebers, „dem Schutz vulnerabler Menschen den Vorrang vor einer in jeder Hinsicht freien Impfentscheidung“ zu geben, sei nicht zu beanstanden. (Az. 1 BvR 2649/21, Beschluss vom 27. April 2022)

Die spezielle Impfpflicht soll alte und geschwächte Menschen vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen. Sie haben ein besonders hohes Risiko, sehr schwer zu erkranken oder daran zu sterben. Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken, in Arztpraxen und bei ambulanten Diensten, Hebammen, Masseure und Physiotherapeuten mussten bis zum 15. März nachweisen, dass sie voll geimpft oder kürzlich genesen sind. Fehlt der Nachweis, muss die Einrichtung das Gesundheitsamt informieren. Es kann den Betroffenen verbieten, ihre Arbeitsstätte zu betreten oder ihre Tätigkeit weiter auszuüben.

Lauterbach sieht sich durch die Entscheidung der Karlsruher Richter bestätigt: „Der Staat ist verpflichtet, vulnerable Gruppen zu schützen“, teilte er mit. Der Minister bedankte sich bei allen Einrichtungen, die diese Impfpflicht umgesetzt haben. „Sie haben großen Anteil daran, dass es in der schweren Omikronwelle nicht noch mehr Todesfälle gegeben hat.“

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, verwies darauf, dass trotz Impfung keine sterile Immunität bestehe. „Eine effiziente Methode wäre ein verpflichtendes Testregime für das Personal in medizinisch-pflegerischen Einrichtungen“, sagte er. „Denn mit täglichen Tests vor Dienstbeginn ohne Ausnahme ist es möglich, das Virus noch vor der Tür zu stoppen.“ Die einrichtungsbezogene Impfpflicht bleibe zudem eine administrative und arbeitsrechtliche Baustelle. Angesichts des politischen Scheiterns einer allgemeinen Impfpflicht ist es auch aus Sicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) geboten, die politische Entscheidung zu treffen, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen. „Grundsätzlich haben wir die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht befürwortet, wenn denn auch eine allgemeine Impfpflicht folgt. Wir sind deshalb der Auffassung, dass es angesichts des politischen Scheiterns einer allgemeinen Impfpflicht konsequent wäre, auch die politische Entscheidung zu treffen, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen“, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß unserer Redaktion.

(jd/dpa)
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