Treffen von Merz und Söder keine „Eintagsfliege“ Wie lange hält der Burgfriede diesmal?

Analyse | Berlin · Stürmisch war es am bayerischen Kirchsee beim Treffen des designierten CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz mit CSU-Chef Markus Söder. Stürmisch ging es zuletzt aber auch zwischen den Schwesterparteien zu. Nun soll alles besser werden. Mal wieder. Doch wie lange hält der Burgfriede diesmal?

Zwei Männer, ein Steg: CSU-Chef Markus Söder (l.) und der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz (r.) während ihres Treffens am bayerischen Kirchsee.

Zwei Männer, ein Steg: CSU-Chef Markus Söder (l.) und der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz (r.) während ihres Treffens am bayerischen Kirchsee.

Foto: dpa/Peter Kneffel

CSU-Chef Markus Söder hätte auch ins Sauerland fahren können, um den künftigen Vorsitzenden der viel größeren Schwesterpartei CDU zu treffen. Doch Friedrich Merz reiste nach Bayern, genauer gesagt an den Kirchsee. Noch ist Merz halt „nur“ Bundestagsabgeordneter ohne Amt, Söder hingegen stolzer Parteichef und Ministerpräsident. Da ist klar, wer wem die Aufwartung zu machen hat.

So also geschehen am Montag. Und weil gerade der Bajuware es mag, Politik über Bilder zu vermitteln - erinnert sei nur an seine pompöse Boots- und Kutschfahrt mit Angela Merkel im Juli 2020 zum Schloss Herrenchiemsee - entstanden Hochglanzfotos der beiden Politiker am See. Merz stilecht im konservativen Janker, Söder im Anorak mit vom Wind zerzausten Haaren. Keine Presse, keine Statements, es habe aber eine „gute und intensive Abstimmung“ gegeben, twitterte Söder anschließend freudig. Was man halt so schreibt.

Diesmal freilich ohne Subtext. In der Vergangenheit hatte Söder nur allzu oft die gute Zusammenarbeit mit dem gescheiterten Kanzlerkandidaten und CDU-Chef Armin Laschet beschworen, sogar seine volle Unterstützung zugesichert, um zugleich noch irgendwo ein kleines, verbales Foul zu verstecken. Stürmisch wie am See ging es im vergangenen Jahr zu zwischen den Schwesterparteien, intern spricht mancher heute sogar von „offener Feldschlacht“ während des Wahlkampfes. Danach warf man sich dann gegenseitig vor, für das Debakel bei der Bundestagswahl verantwortlich gewesen zu sein. Selbst Merz mischte mit: So ließ er noch im Oktober letzten Jahres wissen, der Umgang zwischen den Schwesterparteien rund um die Bundestagswahl sei „stillos, respektlos und streckenweise rüpelhaft“ gewesen. Viele sahen darin eine klare Kritik an Markus Söder.

Unionisten sagen, dass der Sauerländer und der Bayer eher in Abneigung miteinander verbunden sind. Nun der neue Burgfriede, die schwesterliche Versöhnung. Oder doch nicht? „Aus der erbitterten Gegnerschaft zwischen Markus Söder und Friedrich Merz ist natürlich nicht über Nacht plötzlich eine große Freundschaft geworden“, glaubt der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke, Redakteur der „Blätter für deutsche und internationale Politik“. Söder und Merz würden jetzt eine „kühl kalkulierte Zweckgemeinschaft“ eingehen. Beide seien schließlich aufeinander angewiesen, so von Lucke zu unserer Redaktion. „Söder auf Merz, weil der CSU-Mann unbedingt die bayerische Landtagswahl 2023 gewinnen muss, um nicht als Versager in die Geschichte einzugehen. Und Merz auf Söder, weil der CDU-Mann nur mit einer starken, geeinten Union im Rücken die Chance hat, 2023 als Parteivorsitzender bestätigt zu werden.“ Und dann? Die wundersame Freundschaft zwischen Söder und Merz werde spätestens wieder enden, wenn der Kampf um die nächste Kanzlerkandidatur der Union beginne, so der Experte.

Bis dahin wird der Wind freilich noch oft den oberbayerischen Kirchsee nordöstlich von Bad Tölz aufwühlen. Zuletzt mussten öfter mal zwischen CDU und CSU die Wogen geglättet werden. Vor drei Jahren beispielsweise reiste die damalige CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zur CSU-Klausur ins Kloster Seeon. Nach dem Asylstreit im Sommer 2018 zwischen Horst Seehofer und Angela Merkel, der fast zum Bruch der Fraktionsgemeinschaft geführt hätte, galt es, das Miteinander beider Parteien wieder zu befrieden. AKK und Söder gelang dies.

Doch dann machten politische Fehler, persönliche Eitelkeiten und der Machtkampf um die Kanzlerkandidatur alles wieder zunichte. Soweit soll es künftig aber nicht mehr kommen. In der Union wird daher intensiv darüber beraten, wie solche Eskalationen künftig verhindert werden können. Die noch amtierende Parteivize Julia Klöckner betont, das Treffen von Merz und Söder werde „keine Eintagsfliege“ sein. CDU und CSU seien nur gemeinsam stark. „Das wissen Friedrich Merz und Markus Söder“, so Klöckner zu unserer Redaktion. Dabei gehe es nicht darum, welche der beiden Schwesterparteien größer sei, „sondern es geht um Augenhöhe“.

Nach Ansicht des Vorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kuban, ist das Gespräch von Söder und Merz zwar ein richtiges Signal zur Geschlossenheit gewesen, „aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“. Es brauche einen Unionsrat, „der die persönlichen Verbindungen zwischen den Kommunal-, Landes- und Bundespolitikern von CDU und CSU stärkt, gemeinsam die neue Programmatik der Union entwickelt, ausdiskutiert und beschließt“. Kuban weiter: „Es sollte das große Familientreffen auf die Treffen der Vorsitzenden und Führungsgremien folgen.“ An diesem Mittwoch schalten sich erst einmal die Präsidien von CDU und CSU zusammen, um die Aussöhnung voranzutreiben.

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