Corona-Lage nach Ostern Städte vermissen Notfallplan gegen die Herbstwelle

Exklusiv | Berlin · Die Zahlen sinken, Ostern hat zu keiner neuen Corona-Welle geführt. Doch schon richten sich die Blicke auf den Herbst. Der Deutsche Städtetag fordert Vorbereitungen von der Bundesregierung. Die Rückkehr der Maskenpflicht sei durchaus möglich.

 Corona-Tests spielen für die meisten Reiserückkehrer keine Rolle mehr.

Corona-Tests spielen für die meisten Reiserückkehrer keine Rolle mehr.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Osterferien enden, ein dramatischer Corona-Effekt ist bisher nicht erkennbar. Vielmehr sind die Trends bei mehreren Corona-Indikatoren laut Robert-Koch-Institut (RKI) rückläufig. Fazit: Der Gipfel der aktuellen Welle sei klar überschritten, so das Bundesgesundheitsministerium von Karl Lauterbach (SPD) am Freitag auf Nachfrage.

Demnach ist die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz im Wochenvergleich um knapp ein Viertel gesunken. Auch Kennzahlen zu Krankenhausaufnahmen und zu Ausbrüchen in Einrichtungen nähmen ab, hieß es. Aber: „Der Infektionsdruck bleibt trotzdem mit mehr als 750.000 innerhalb einer Woche an das RKI übermittelten Covid-19-Fällen noch hoch“, warnte das Ministerium. Mit Sorge wird nun auf den Herbst geschaut. Laut Städtetag fehlt es an Vorbereitungen für eine mögliche Herbstwelle.

Zu Ostern habe es keinen Ansturm auf die Teststellen gegeben, „aber eine leicht erhöhte Nachfrage. Das ist gut“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, unserer Redaktion. Das Gesundheitsministerium will nach Angaben eines Sprechers im Juni allerdings prüfen, ob die kostenlosen Bürgertests entfallen können. Sie sind bis Ende Juni befristet. Mehrere ärztliche Verbände sprachen sich am Freitag dafür aus.

Die Nachfrage nach Impfungen lasse weiter deutlich nach, ergänzte Dedy. „Es ist wahrscheinlich auch Folge davon, dass die allgemeine Impfpflicht im Bundestag gescheitert ist.“ Virologen würden ganz klar sagen, dass eine neue Corona-Welle sicher sei. „Sie wissen nur noch nicht, welche Virus-Variante es sein wird.“ Man vermisse daher Vorbereitungen der Bundesregierung. „Wir brauchen einen Notfallplan für neue Infektionswellen“, betonte Dedy weiter. Der Bund müsse „etwas in der Schublade haben für den Fall, dass es wieder losgeht und neue Virusvarianten bekämpft werden müssen“. Die Ruhe, die derzeit manche empfinden würden, könne trügerisch sein.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte jüngst für Wirbel gesorgt, als er vor eine möglichen neuen „Killervariante“ warnte. Lauterbach hatte angesichts der Impflücke von einem möglichen „harten Herbst“ gesprochen. „Es ist durchaus möglich, dass wir eine hochansteckende Omikron-Variante bekommen, die so tödlich wie Delta ist. Das wäre eine absolute Killervariante“, sagte der SPD-Politiker am vergangenen Sonntag. Lauterbach handelte sich damit die Kritik ein, übertriebene Panik zu verbreiten. Verschiedene Fachleute betonten stattdessen, dass das langfristige Infektionsgeschehen und mögliche neue Varianten im Herbst schwer vorhersehbar seien.

Nach Angaben des Einzelhandelsverbands Deutschland (HDE) sind die Bürger zumindest beim Einkauf noch vorsichtig. Laut aktuellster Umfrage gaben 81 Prozent der Unternehmen an, dass die Mehrheit der Kunden weiterhin freiwillig eine Maske tragen würden. Zugleich machen rund zehn Prozent der befragten Einzelhandelsunternehmen aktuell von ihrem Hausrecht Gebrauch und verlangen von den Kunden das Tragen einer Maske, 37 Prozent bitten lediglich darum. Einen deutlich positiven Effekt auf die Umsätze sehen durch den Wegfall der Maskenpflicht beim Einkauf mit 13 Prozent nur recht wenige Betriebe. Vielmehr hätten viele Händler die Einschätzung geäußert, dass viele Kunden dem Wegfall der Maskenpflicht kritisch gegenüberstünden, so ein HDE-Sprecher. „Dies sagen 56 Prozent.“

Städtetags-Hautgeschäftsführer Dedy betonte, es könne sein, dass in ein paar Monaten die Maskenpflicht im Einzelhandel wieder eingeführt werden müsse, weil eine gefährliche Virusvariante auftrete. „Dann braucht man für eine bundesweite Regelung aber erst wieder eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes.“ Denn das vom Bundestag Mitte März beschlossene neue Ampel-Gesetz habe den Instrumentenkasten für Länder und Städte stark verkleinert.

Trotz der aktuell unstetigen Inzidenzwerte, die tageweise steigen und wieder fallen, hält das Gesundheitsministerium weiter an dem Kennwert fest. Die Sieben-Tage-Inzidenz sei ein „robuster und früher Parameter“, um die Ausbreitung und Übertragbarkeit des Virus zu messen. Sie sei zudem der zeitlich früheste Indikator, wenn die Virusverbreitung wieder zunimmt. Zugleich aber seien aber mehrere Parameter in ihrem zeitlichen Verlauf relevant, um das Pandemiegeschehen weiterhin einzuschätzen.

Auch will das Ministerium trotz der zunehmend geimpften Bevölkerung die Hospitalisierungsinzidenz nicht aufgeben, etwa wenn es um den Schutz der sogenannten kritischen Infrastrukturen geht. Die sogenannte Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz soll dazu dienen, einen Überblick über die Krankheitsschwere zu behalten.

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