Baerbock-Forderung Das Fliegen nicht verteufeln

Meinung · Wenn Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock das Fliegen verteuern und in Teilen verbieten will, kollidiert sie mit einer Realität, in der vor allem Grünen-Anhänger gerne fliegen. Sie sollte sich mal um sie kümmern.

Annalena Baerbock bei einer Pressekonferenz Ende April in Berlin.

Annalena Baerbock bei einer Pressekonferenz Ende April in Berlin.

Foto: AP/Markus Schreiber

Mit dem Fliegen im Zusammenhang mit Energiepreisen kennen sich die Grünen aus. Als sie im Frühjahr 1998 fünf Mark für den Liter Sprit forderten, stürzten sie von zweistelligen Umfragewerten Richtung Fünf-Prozent-Hürde und wären beinahe aus dem Parlament geflogen. Erst nach intensiven Erklärungen und Aufweichungen landeten sie stattdessen an der Seite der SPD in der Regierung und konnten ihr Prinzip umsetzen, mit höheren Preisen klimaschädliches Verhalten steuern zu wollen. Nun ja, das hat nicht bei allen zu besserem Bewusstsein geführt.

Die Forderung von Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock nach Verteuerung von Flügen und spritfressender Mobilität ist so ganz im Sinne der Grünen-Klientel. Sie ist im Schnitt besser verdienend, sie will, dass weniger geflogen wird und kann mit dem SUV als Feindbild gut leben. Es ist bezeichnend, dass Jahr für Jahr ausgerechnet die Grünen-Sympathisanten als die Gruppe identifiziert werden, die am liebsten fliegt. Nun ist eine weitere Untersuchung hinzugekommen, wonach die Grünen-Klientel auch eine besondere Liebe zur Fortbewegung mit SUVs pflegt.

Natürlich ist es richtig, die CO2-Produktion in den Griff zu bekommen, und um so nachhaltiger zu wirken, je mehr durch einfache Verhaltensänderungen eingespart werden kann. Und genauso richtig ist es, die Rahmenbedingungen im Wettbewerb zwischen Flieger und Bahn im Sinne des Klimaschutzes zu überprüfen. So lange die Jets nicht mit klimaneutralen Kraftstoffen betankt werden, dürfen die Fluggesellschaften auch über den CO2-Preis darauf gestoßen werden, die Entwicklung neuer Technologien mit geringerem Verbrauch zu forcieren. Aber mit Verboten von so genannten „Kurzstrecken“-flügen (wie lang darf „kurz“ sein?) setzt Baerbock das falsche Zeichen.

Denn eine Verteufelung des Flugverkehrs hilft gerade einem Land, das seinen Wohlstand dem Austausch von Menschen und Gütern verdankt, nicht weiter. Und die Verteuerung von Flugtickets und Spritpreisen hat einen mehr als schalen Beigeschmack, so lange das dazu beiträgt, dass sich die Grünen-Klientel nur an ihrem guten Gewissen darüber erfreut, dass andere gezwungen werden, aufs Fliegen und Fahren zu verzichten - während sie als Wohlhabende ihre Privilegien umso mehr genießt. Deshalb wäre es ein sinnvoller Ansatz für eine Grünen-Kanzlerkandidatin: die klimamoralische Keule mal über dem eigenen Lager kreisen zu lassen.

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