K-Frage Unions-Duell spitzt sich auf offener Bühne zu

Berlin · Die Spitzengremien der CDU haben sich klar für ihren Parteichef Armin Laschet als Kanzlerkandidat ausgesprochen. Doch gelöst ist der Machtkampf zwischen Laschet und Markus Söder damit keineswegs. Denn auch der CSU-Chef bringt in München seine Truppen in Stellung.

 Armin Laschet (links) trifft neben seinem Kontrahenten Markus Söder zu einer Pressekonferenz im Bundestag ein.

Armin Laschet (links) trifft neben seinem Kontrahenten Markus Söder zu einer Pressekonferenz im Bundestag ein.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Nacht ist kurz für Armin Laschet. Lange noch hatte die engere CDU-Führung am Sonntagabend in der hessischen Landesvertretung in Berlin getagt, um über die Kampfkandidatur des CDU-Vorsitzenden und des CSU-Chefs Markus Söder zu beraten. Laschets Ziel war dabei klar: Möglichst große Einigkeit für seine Kandidatur in den am Montag tagenden Gremien. Das CDU-Präsidium kam am Montag um 9 Uhr persönlich zusammen. Es wird ein Heimspiel. Es melden sich fast alle Präsidiumsmitglieder zu Wort. Mehrere Teilnehmer machen deutlich, dass die aktuellen Umfragen nicht die Entscheidung über die Kandidatenfrage bestimmen sollten. Laschet, so der Tenor, sei in der Lage „Meinungen zusammenzuführen, Haltung zu entwickeln und diese auch durchgehend zu vertreten“. Selbst Kritiker Norbert Röttgen hält sich zurück. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble wirbt ebenfalls für Laschet – das ist interessant, weil er in der Frage des CDU-Vorsitzes ein Unterstützer von Friedrich Merz war. Schäuble attestiert Laschet, er bringe alles mit für die Herausforderungen einer Kanzlerkandidatur. „Armin Laschet kann integrieren, zusammenführen und hat ein festes Werte- und Entscheidungsgerüst“, sagt Bundesagrarministerin und Vize-Parteivorsitzende Julia Klöckner nach Präsidiumssitzung, die ob der Brisanz der Lage in Präsenz in Berlin stattfindet. Wenig später gibt auch der erweiterte Vorstand seine breite Rückendeckung für Laschet bekannt. Für den NRW-Ministerpräsident dürfte das nach turbulenten Tagen harter und härtester Auseinandersetzungen der erste Moment des Aufatmens gewesen sein. Doch das Kämpfen ist für ihn auch nach diesem Montag keineswegs vorbei.

Laschet tritt in der Pressekonferenz nach den Gremien nicht in der Rolle des Siegers auf, er gibt sich staatsmännisch, beginnt mit dem Kampf gegen die Corona-Pandemie. Und macht doch deutlich, dass er am Zug ist: Er werde noch am Montag das Gespräch mit Söder suchen. „Eines war heute in unseren Gremien erkennbar: Alle wollen eine schnelle Entscheidung. Alle Fakten liegen auf dem Tisch.“ Die in dieser Woche noch zu lösenden Probleme seien so groß, dass die Union sich nicht mehr länger mit ihren innerparteilichen Fragen, sondern mit diesen Aufgaben beschäftigen sollte, betont der 60-Jährige mit Blick auf die Corona-Pandemie. Und wird dann doch noch mal persönlich: „Ich habe mich sehr gefreut über die große Unterstützung" für ihn selbst, sagte Laschet nach den Sitzungen von Präsidium und Bundesvorstand. Es habe in der Führung ein "klares Meinungsbild" zu seinen Gunsten gegeben. "Dieses werden wir jetzt der CSU vortragen." Zu diesem Zeitpunkt geht er davon aus, dass es jetzt schnell gehen wird mit der CSU. Doch er macht die Rechnung ohne Söder-

Die gegenseitigen Sticheleien zwischen Laschet und seinem bayerischen Widersacher und CSU-Chef Markus Söder waren in den vergangenen Tagen immer schärfer geworden. So scharf, bis Laschet schließlich auch das Wort „Schmutzeleien“ in den Mund nahm. Eine Anspielung auf eine frühere Aussage von Ex-CSU-Chef Horst Seehofer, der den Begriff mit Blick auf die „charakterlichen Schwächen“ seines damaligen Erzrivalen prägte. Söder, so sagte Seehofer 2012, sei von "Ehrgeiz zerfressen". So weit ging Laschet nicht. Doch der harte Machtkampf zwischen den beiden Anwärtern auf die Kanzlerkandidatur tobt. Söder hatte am Sonntag in einer Klausurtag der Fraktionsspitze erstmals seine Bereitschaft zur Kandidatur offen erklärt, zugleich aber auch deutlich gemacht, er werde Laschets Kandidatur „ohne Groll“ akzeptieren, wenn es in der CDU kein klares Votum für ihn gebe.

Dennoch, der Machtkampf läuft seit diesem Sonntag auf offener Bühne. Umso wichtiger war es den CDU-Gremien offenbar, ein einhelliges Signal für ihren Mann zu senden. Nach gerade einmal drei Monaten will man den neuen Vorsitzenden nicht demontiert sehen, zumal nicht von der kleinen Schwester CSU. Und so gab es eindeutige Signale in Richtung Bayern. „Markus Söder hat gestern verdeutlicht, wenn eine starke Stimmung für Armin Laschet in den Gremien der CDU vorhanden ist, dann nimmt er das ohne Groll an, um gemeinsam zu kämpfen“, sagt Klöckner dieser Redaktion – um dann auch nochmals zu betonten, dass im Präsidium wie im Bundesvorstand ein „hohes Vertrauen in und für Armin Laschet“ gegeben habe. Auch ihre CDU-Kollegin Silvia Breher, ebenfalls Vize-Parteivorsitzende und Präsidiumsmitglied, ruft die CSU zum Einlenken auf. Söder habe verdeutlicht, dass er auch die Kandidatur Laschet mittragen würde. „Ich gehe davon aus, dass in dieser Tonalität auch die weiteren Gespräche zwischen den beiden in den kommenden Tagen fortgesetzt werden“, sagte Breher. Ein Bayer in Berlin – so richtig kann und will sich das keiner in der CDU vorstellen. Es soll jetzt schnell entschieden werden. Es müsse nicht schon an diesem Montag sein, sagt Laschet selbst. „Es sollte nur recht bald sein.“

Auch die CSU-Spitzengremien tagen am Montag – allerdings in einer ganz anderen Tonalität. Denn auch in München ist man sich sicher, dass man mit dem eigenen Parteichef den besten Mann hat – und zwar nicht nur für die Kanzlerkandidatur, sondern auch für das Kanzleramt. Entsprechend selbstbewusst sagt Bayerns Finanzminister und Söder-Vertrauter Albert Füracker (CSU): „Ich bin der Überzeugung, Markus Söder wäre ein sehr starker Bundeskanzler.“ Söder handle „entschlossen, energisch und beherzt“. Es gehe hier nicht „um machtpolitische Parteispielchen“, sondern um „die Führung unseres Landes in einer der schwierigsten Situationen seit Jahrzehnten“. Eindeutiger könnte die Botschaft in Richtung Berlin wohl kaum sein.

Söder selbst macht dann auch deutlich, dass er mit der Entscheidung nicht so eilig hat wie die große Schwester CDU. Es sei jetzt noch nicht der Tag der Entscheidung, vielmehr werde man sich Ende der Woche zusammensetzen, soll Söder in der Schalte des CSU-Präsidiums am Montag nach Teilnehmerangaben gesagt haben. Und er werde auch darum bitten, dass sich nicht nur zwei Personen zusammensetzten, sondern das weitere Vertreter beider Parteien mit dabei seien. Er sei gegen ein „Hau-Ruck-Verfahren“. Söder also spielt weiter auf Zeit.

Dabei kann sich Söder nicht nur auf gute Umfragen stützen, auf die die Christsozialen in diesen Tagen bei jeder Gelegenheit verweisen. Der CSU-Chef liegt in den Popularitätswerten himmelweit vor Laschet. Auch in den Reihen der CDU ist das Bild keineswegs so eindeutig, wie es den Spitzengremien am Montag gezeichnet wird. Zuletzt hatten mehr als 60 Bundestagsabgeordnete der CDU eine Beteiligung der Fraktion bei der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur gefordert, einige davon haben sich bereits offen für Söder ausgesprochen. Nach mehreren CDU-Parlamentariern aus Baden-Württemberg sowie aus ostdeutschen Landesverbänden stellt sich am Montag auch die Berliner CDU hinter Söder. Für die Bundestagswahl im Herbst sieht man in Söder den größeren Erfolgsgarant als in Lasche, für viele Abgeordnete hängt schließlich das eigene Mandat am Wahlerfolg der Union. In München hofft man darauf, dass sich daraus eine größere Dynamik entfaltet und der Druck auf die CDU wächst, ihrerseits einzulenken.

 In diesem Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union waren die konkurrierenden Positionen noch nie so offen sichtbar. Das Rennen ist noch nicht beendet.

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