Blockaden gegen Verschwendung Ein Weg, der mächtig verprellt

Meinung | Berlin · Die Blockaden der „Letzten Generation“ nutzen dem ehrenwerten Ziel, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und das Klima zu schützen, absolut nicht. Im Gegenteil, so verspielt man die politische Unterstützung. Die Ampel bleibt trotzdem gefordert.

 Am Montag blockierten die Aktivisten von „Aufstand der Letzten Generation“  eine Kreuzung in Hamburg in Hafennähe.

Am Montag blockierten die Aktivisten von „Aufstand der Letzten Generation“  eine Kreuzung in Hamburg in Hafennähe.

Foto: dpa/Christian Charisius

Zu viele Lebensmittel werden weggeworfen und verschwendet. Daran besteht doch kein Zweifel. Nur: Mit Blockaden gewinnt man keine Unterstützer, sondern man sorgt für Unverständnis, Ärger und konterkariert die Ziele, die man hat. Mit Blockaden erzwingt man auch kein politisches Handeln, weil man dann einer Erpressung nachgeben würde. Kein Minister, kein Parlamentarier kann und darf dies tun. Das würde zugleich weitere Gruppierungen ermutigen, so vorzugehen und die Republik hier oder dort lahmzulegen. Mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen für andere Menschen, die auch von den Protesten der „Letzten Generation“ derzeit ausgehen.

Das Problem der Lebensmittelverschwendung ist politisch ja nicht erst auf der Tagesordnung, seitdem die Ampel regiert und ein Grüner das Ernährungsministerium führt. Schon frühere Minister haben Kampagnen wie etwa „Zu gut für die Tonne“ initiiert oder aber Debatten angestoßen, ob das Mindesthaltbarkeitsdatum auf Produkten eher irreführend denn hilfreich ist. Aufklärung ist bislang meist das Mittel gewesen, um das Problembewusstsein bei den Verbrauchern zu schärfen und die Verschwendung einzudämmen. Gleichwohl mit überschaubarem Erfolg: Nach wie vor landen laut Experten jedes Jahr 18 Millionen Tonnen Nahrung einfach auf dem Müll. Viel zu viel und in der Tat nicht akzeptabel.

Es fehlen flankierende, gesetzliche Regelungen wie in anderen Ländern, auf die man hierzulade bisher wohl aus Rücksicht auf die mächtigen Handelsketten verzichtet hat. Es macht Sinn, Lebensmittelproduzenten und -händler ab einer bestimmten Größe gesetzlich vorzuschreiben, dass noch genießbare Lebensmittel nicht einfach weggeworfen oder absichtlich unbrauchbar gemacht werden dürfen. Auch ist es notwendig, dann die Weitergabe an Tafeln oder soziale Einrichtungen verpflichtend zu regeln. Sinnvolle Vorschläge zur Anpassung des Mindesthaltbarkeitsdatums sind ebenso erforderlich, weil viele Verbraucher diese Angabe immer noch als Wegwerfdatum ansehen.

Dass die Aktivsten der „Letzten Generation“ auf mehr Verbindlichkeit und auf klare Vorgaben drängen, ist legitim. Zumal die Produktion von Lebensmitteln, die nie auf den Tellern der Menschen landen, einhergeht mit unnötigem Verbrauch von Flächen, von Wasser oder Energie und damit das Klima belastet wird. Und während die Wegwerfgesellschaft dem Überfluss frönt, wächst woanders die Not. Auch das gehört zur Debatte dazu.

Die Ampel ist hier jetzt gefordert. Der Koalitionsvertrag ist diesbezüglich aber vage. Man wolle die Lebensmittelverschwendung verbindlich branchenspezifisch reduzieren, heißt es in dem Papier. Nur, wie? Der Druck der Aktivisten, endlich klarer zu werden, ist da verständlich. Aber der Weg, den die Bewegung geht, ist falsch. Er verprellt mächtig. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Auch nicht dann, wenn es um Lebensmittel und Klimaschutz geht.

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