Politik Womit nach den Verhandlungen der Ampelkoalition zu rechnen ist

Mainz/Trier · SPD, Grüne und FDP wollen heute Farbe bekennen, wie sie Rheinland-Pfalz bis 2026 regieren wollen. Was sich bei Inhalten, Ministerien und neuen Köpfen anbahnt.

 ARCHIV - 15.03.2016, Hessen, Frankfurt/Main: ILLUSTRATION - Drei Farbstifte in den Farben Rot, Grün und Gelb sind vor einem Wappen von Rheinland-Pfalz platziert. (zu dpa «Dreyer sieht Vertrauen als Stärke der Ampel - Kritik von CDU und AfD» vom 04.11.2018) Foto: Arne Dedert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 15.03.2016, Hessen, Frankfurt/Main: ILLUSTRATION - Drei Farbstifte in den Farben Rot, Grün und Gelb sind vor einem Wappen von Rheinland-Pfalz platziert. (zu dpa «Dreyer sieht Vertrauen als Stärke der Ampel - Kritik von CDU und AfD» vom 04.11.2018) Foto: Arne Dedert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Arne Dedert

Die Folgen der Corona-Pandemie dürften in Rheinland-Pfalz die Legislaturperiode bis 2026 überschatten. Die Ampelkoalition muss Antworten finden, um die Krise von Innenstädten zu stoppen, Bildungsrückstände von Kindern aus sozialen Brennpunkten aufzuholen und die Digitalisierung rascher voranzubringen. Das kostet Geld. Genauso wie der Klimawandel und der verfassungswidrige kommunale Finanzausgleich. Finanzministerin Doris Ahnen sitzt aber auf der Sparbüchse und will neu aufgetürmte Schuldenberge abbauen. Wie wollen SPD, Grüne und FDP diesen Spagat meistern? Farbe müssen sie heute bekennen. Dann wollen die Parteien erste Details aus dem Koalitionsvertrag vorstellen.

Vieles bleibt dabei gleich. Vor allem, wenn es um Personal und Zuschnitte geht. Bei der SPD bleibt Malu Dreyer sicher Ministerpräsidentin, Roger Lewentz Innenminister, Doris Ahnen Finanzministerin, Sabine Bätzing-Lichtenthäler Gesundheitsministerin und Stefanie Hubig wohl auch Bildungsministerin. Nur der blasse Wissenschaftsminister Konrad Wolf wackelt. Bei der FDP dürfte Herbert Mertin weiter das Justizministerium anführen.

Und sonst? Ein neues Superministerium dürfen die Grünen für sich beanspruchen, das Anne Spiegel leitet. Neben Energie bekommen die Grünen dabei ein Stück vom Verkehr, genauer: den öffentlichen Nahverkehr. Straßenbau, pikanterweise inklusive der Radwege, könnten demnach im Wirtschaftsministerium bleiben. Führen soll das als Nachfolgerin von Volker Wissing Daniela Schmitt. Der Vorteil einer solchen Lösung: Die FDP könnte Prestigeprojekte wie den A1-Lückenschluss weiter bewerben und Straßenbändchen durchschneiden, wofür die Grünen gar nicht erst die Schere in die Hand nehmen wollen.

Als Staatssekretärin könnte Katrin Eder in das grüne Ministerium rücken, derzeit Verkehrsdezernentin von Mainz, nachdem sie zuvor von einigen Medien gar als Ministerin gehandelt wurde. Nicht ohne Reibungspotenzial: Sie gilt als ausgemachte Kritikerin des ÖPNV-Gesetzes, das die FDP angestoßen hat. Vorantreiben könnten die Grünen in dem Ministerium den Ausbau erneuerbarer Energien wie Windräder. Nach Informationen der „Rheinpfalz“ haben sich die Ampelkoalitionäre geeinigt, Windräder zumindest in vorbelasteten Waldgebieten des Pfälzer Waldes zu erlauben. Im Naturreservat würde das beispielsweise in der Nähe von Autobahnen gelten.

Im Umkehrschluss sollen Wälder einen besonderen Schutz bekommen, in denen es mindestens 100 Jahre alte Baumbestände gibt. Unklar blieb bis zuletzt, ob die Solarpflicht auf Dächern von Neubauten kommt.

Das zweite grüne Ministerium, das Integration, Frauen, Familien und Jugend unter einem Dach vereint, behalten die Grünen wohl. Sonderlich geliebt ist es in der Partei nicht, weil wenig Geld drin steckt, das großes Gestalten ermöglicht und Abschiebungen stets ein Reizthema für die grünen Vorfeldorganisationen bleiben. So pochte die FDP auf sehr konsequente Rückführungen. Die Verhandlungen mussten mehrfach unterbrochen werden.

Anführen könnte das Ministerium die Mainzer Landtagsabgeordnete Katharina Binz, die das erste grüne Direktmandat in der rheinland-pfälzischen Geschichte einheimsen konnte. Ex-Grünen-Spitzenkandidat Daniel Köbler würde dann als Abgeordneter nachrücken, der Absturz in die politische Bedeutungslosigkeit bliebe ihm erspart. Ebenfalls gehandelt als Ministerin wird Pia Schellhammer. Für Binz spricht neben dem offensichtlichen Erfolg beim Wähler auch ihre inhaltliche Stärke. Vor ihrer Babypause wirkte sie in jeder Sitzung des Integrationsausschusses – auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsdebatte – perfekt vorbereitet. So stützte sie die damals strauchelnde Ministerin Spiegel und ermöglichte deren Aufstieg überhaupt.

Kernthema der kommenden Legislaturperiode sollte – darin waren sich die Koalitionäre rasch einig – die Digitalisierung werden. Früh machten Gerüchte von einem „Digitalstaatssekretär“ die Runde. Mister Breitband könnte Randolf Stich werden. Der Innenstaatssekretär war  schon in den vergangenen Jahren für den Glasfaserausbau zuständig.

An einem Haus basteln die Genossen noch: dem Wissenschaftsministerium. Minister Wolf konnte politisch kaum positive Akzente setzen. Die Hochschulreform wurde zu einem Dauerzankapfel. Einmal pro Jahr durfte das Haus die defizitären Finanzen der Unimedizin in Mainz rechtfertigten. An Impulsen fehlte es. Ausgerechnet der mächtige Fraktionschef Alexander Schweitzer scheint es sich zur persönlichen Agenda gemacht zu haben, dies zu ändern. Der Pfälzer verhandelte die Bereiche Wissenschaft und Wirtschaft, soll den Bereich Innovation und Wissenstransfer im Haus ansiedeln wollen. Damit würde aus dem Hochschulverwaltungshaus ein Zukunftsministerium.

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