Wahlkampf in Hessen Doppelrolle von Innenministerin Faeser stößt auf geteiltes Echo

Berlin · Seit Monaten hielten sich Spekulationen, ob Nancy Faeser als Bundesinnenministerin die Hessen-SPD in den Landtagswahlkampf führt. Jetzt herrscht Klarheit - mit gemischten Reaktionen.

 Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Foto: dpa/Boris Roessler

Die Karrierepläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) haben eine lebhafte Debatte ausgelöst: Im Kern geht es um die Frage, ob ein Mitglied des Bundeskabinetts zugleich die Spitzenkandidatur bei einer Landtagswahl übernehmen kann, so wie Faeser das nun in Hessen vorhat. Kritiker warnten am Freitag davor, dass Faeser ihre Pflichten als Ministerin nicht werde erfüllen können.

Die Entscheidung von Nancy Faeser für ihre Doppelrolle als SPD-Spitzenkandidatin in Hessen und Bundesinnenministerin liegt nach Auffassung des Koalitionspartners FDP bei der SPD und Faeser selbst. „Der Entschluss von Frau Faeser ist in erster Linie eine Entscheidung der SPD und von ihr selbst“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai unserer Redaktion. „Bei der hessischen Landtagswahl haben die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, ihr eigenes Urteil zu fällen“, sagte er. Grünen-Chef Omid Nouripour kritisierte Faeser indirekt. „Manuela Rottmann hat ihren Job als Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium aufgegeben, um als Grüne Oberbürgermeisterin von Frankfurt anzutreten. Ohne Rückfahrkarte, ohne Zweifel an ihren Chancen. Wie die SPD ihre Kandidaturen entscheidet, ist ihre Angelegenheit“, sagte Nouripour.

Die CSU erhöhte unterdessen den Druck auf die SPD-Politikerin vor allem in der Migrationspolitik. „Ich habe kein Problem damit, dass man sagt, man will Bundesinnenministerin bleiben – aber dann muss man den Job auch erfüllen“, sagte CSU-Chef Markus Söder am Freitag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. „Die Jobbeschreibung heißt, sich zu kümmern und nicht sich wegzuducken.“

Faesers Doppelrolle sei „nicht von vornherein unvereinbar, aber nur dann, wenn man seinen Job halt macht“. Konkret forderte der bayerische Ministerpräsident Faeser auf, wegen der hohen Flüchtlingszahlen umgehend einen Kommunalgipfel einzuberufen, die Migrationspolitik effektiver zu steuern und die Kommunen im ganzen Land deutlich stärker als bisher zu unterstützen.

Der Innenexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm (CDU), warf Faeser gar einen Bruch ihres Amtseids vor. „Nancy Faeser wird dem Eid, den sie als Innenministerin dem deutschen Volk geschworen hat, nicht gerecht“, sagte Throm der Mediengruppe Bayern. „Ab jetzt ist Wahlkampf. Dieses Amt verträgt keine Teilzeitministerin.“

Faeser und ihre Partei verwiesen zuletzt immer wieder darauf, dass es nicht unüblich sei, dass ein Amtsträger oder eine Amtsträgerin sich aus dem aktuellen Amt heraus für ein neues bewirbt. Und in den 90-er Jahren war mit Manfred Kanther (CDU) schon einmal ein amtierender Bundesinnenminister als Spitzenkandidat in Hessen angetreten. Der CDU-Politiker behielt damals sein Ministeramt, nachdem sich seine Ambitionen auf das Ministerpräsidentenamt in Hessen nicht erfüllt hatten.

Faeser hatte am Donnerstag angekündigt, nur wenige Termine im Hessen-Wahlkampf wahrzunehmen, um sich mit voller Kraft um ihr Ministeramt in Berlin kümmern zu können. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte ihr dafür ausdrücklich Unterstützung zu.

Aus der SPD-Fraktion kam Unterstützung für Faeser. „Man weiß doch: Frauen sind Multitasking fähig“, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese dem ZDF. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass man auch aus dem Amt heraus für Spitzenpositionen kandidiere.

(jd/mar/afp)
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