Zweites Entlastungspaket wegen hoher Energiepreise Tankrabatt, Kinderbonus, 300-Euro-Gehaltszuschuss und das 9-Euro-Ticket im ÖPNV sollen ab 1. Juni kommen

Berlin · Tankrabatt, 100-Euro-Kinderbonus, 300-Euro-Gehaltszuschuss – die Ampel ringt noch um die Umsetzung ihres zweiten Entlastungspakets für Bürger und Unternehmen. Die Erleichterungen sollen ab dem 1. Juni gelten, doch unter hohen Preissteigerungen haben die Verbraucher schon länger zu leiden: Im März kletterte die Inflationsrate auf 7,3 Prozent.

Die Preise für Diesel und E 10 sind vielerorts – wie etwa hier in Mecklenburg-Vorpommern – wieder unter die Zwei-Euro-Marke gesunken.

Die Preise für Diesel und E 10 sind vielerorts – wie etwa hier in Mecklenburg-Vorpommern – wieder unter die Zwei-Euro-Marke gesunken.

Foto: dpa/Stefan Sauer

Zehn Stunden lang hatte die Ampelkoalition wegen der anhaltend hohen Energiepreise über ein zweites Entlastungspaket für Bürger und Unternehmen verhandelt, bis sie am 23. März endlich eine Einigung präsentieren konnte. Bei der Umsetzung der Beschlüsse lassen sich SPD, Grüne und FDP wiederum viel Zeit: Das Paket soll erst am 27. April zusammen mit dem zur Finanzierung geplanten Ergänzungshaushalt von Finanzminister Christian Lindner (FDP) ins Kabinett kommen. Das Paket belaste den Haushalt mit rund 17 Milliarden Euro, so Lindner.

Die Beschlüsse machen mehrere Gesetzentwürfe nötig, die aus verschiedenen Ministerien kommen. Sie werden den Koalitionsfraktionen als Formulierungshilfen vorgelegt, um den anschließenden Gesetzgebungsprozess zu beschleunigen. Starttermin für fast alle Entlastungen soll der 1. Juni sein. Viele Details sind regierungsintern allerdings noch „in der Abstimmung“, wie es am Dienstag hieß. Kommende Woche solle es finale Abstimmungsrunden geben. Das sind die Bestandteile des Maßnahmenpakets:

Energiesteuersenkung Die Ampel will für günstigere Spritpreise sorgen, indem sie die Energiesteuer auf Kraftstoffe befristet für drei Monate vom 1. Juni an auf das europäische Mindestmaß absenkt. Das mache bei Benzin 30 Cent und bei Diesel 14 Cent pro Liter aus, rechnete Lindner vor. „Die temporäre Senkung der Steuersätze für die Kraftstoffe Diesel, Benzin, Erdgas und Flüssiggas und deren steuerlich gleichgestellte Äquivalente hat Steuermindereinnahmen für den Bundeshaushalt in Höhe von 3,15 Milliarden Euro zur Folge“, heißt es in Lindners Gesetzentwurf. Die Regierung möchte, dass die Steuersenkung von den Anbietern voll an die Endverbraucher weitergegeben wird. Das Bundeskartellamt nimmt daher nun die Raffinerien unter die Lupe, wie die Behörde am Dienstag ankündigte: Die Spritpreise waren spürbar weniger gesunken als der Ölpreis, was hohe Gewinnmitnahmen durch die Unternehmen vermuten lässt. Es gibt koalitionsintern aus Klimaschutzgründen auch Kritik an der Steuersenkung. Getrieben von hohen Energiepreisen ist die deutsche Inflationsrate im März auf 7,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr in die Höhe geschossen, wie das Statistische Bundesamt bestätigte.

Energiepauschale Jeder einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige soll eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto bekommen. Das Geld wird vom Arbeitgeber als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt, bei Selbstständigen wird die Steuer-Vorauszahlung gesenkt. Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer. Die Regierung muss noch klären, ob auch Rentner oder Menschen mit einem steuerfreien Minijob davon profitieren sollen.

Neun-Euro-Ticket Für 90 Tage soll bundesweit ein Ticket für neun Euro pro Monat im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angeboten werden – voraussichtlich ebenfalls ab 1. Juni. Der Bund will den Ländern das Geld dafür zur Verfügung stellen, die Kosten werden auf rund 2,5 Milliarden Euro geschätzt. Das Ticket soll auch überregionale Fahrten in den Regiozügen der Bahn ermöglichen. Für Zeitkarten-Abonnenten könnte es eine Gutschrift oder eine Erstattung der Differenz zwischen ihrem Abopreis und dem Neun-Euro-Ticket geben. Details sind hier noch offen. Für Jobtickets und Semestertickets soll die Ermäßigung ebenfalls gelten. Das Ticket soll online, über Fahrkartenautomaten und Servicecenter gebucht werden können.

Gasheizungen Ab 2024, ein Jahr früher als geplant, sollen nur noch Heizungen neu eingebaut werden, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es soll zudem der Rahmen dafür geschaffen werden, dass Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien ihre über 20 Jahre alten Heizungsanlagen austauschen können. Außerdem soll eine große Wärmepumpen-Offensive mit staatlicher Förderung gestartet werden. Ab 2023 soll im Wohnungsbau zudem der Effizienzstandard EH 55 gelten.

Kinderbonus Familien sollen zusätzlich zum Kindergeld pro Kind einmalig 100 Euro über die Familienkassen erhalten. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet, kommt also stärker bei Familien mit wenig Geld an.

Sozialhilfe Wer Sozialleistungen bezieht – etwa als Hartz-IV-Empfänger – soll zusätzlich zum bereits zuvor beschlossenen 100-Euro-Zuschuss eine weitere Einmalzahlung von 100 Euro bekommen. Ab Januar sollen dann die Regelbedarfe angesichts der Preissteigerungen angemessen erhöht werden.

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