Wahlalter, Stimmzettel, Kandidaten Wie funktioniert die Europawahl 2024 und was ist dieses Mal neu?

Ein großer Termin steht im kommenden Juni bevor. In allen EU-Staaten werden die Abgeordneten für das Europäische Parlament gewählt. Wir beantworten die wichtigen Fragen zum Ablauf der Europawahl.

Eine Europaflagge, die vor dem Europäischen Parlament in Straßburg weht.

Eine Europaflagge, die vor dem Europäischen Parlament in Straßburg weht.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Alle fünf Jahre können die Wähler in der gesamten EU ihre Stimme abgeben. Der Trierische Volksfreund erklärt, wie die Europawahl 2024 abläuft, welche Aufgaben die gewählten Abgeordneten haben und was für die Wahl in Deutschland neu ist.

Wann findet die Europawahl 2024 statt?

Für die kommende Europawahl gibt es einen Zeitkorridor von vier Tagen. Die Mitgliedstaaten der EU können zwischen dem 6. und 9. Juni ihre nationale Wahl abhalten. In Deutschland findet die Europawahl am 9. Juni 2024 statt. Sie fällt damit wie gewohnt auf einen Sonntag.

Neuheit: Wer ist bei der Europawahl 2024 wahlberechtigt?

Das Mindestalter für Wähler in Deutschland ist auf 16 Jahre abgesenkt worden. Beim letzten Mal galt in Deutschland noch ein Mindestalter von 18 Jahren. Alle Bewerber, die auf einer Liste gewählt werden wollen, müssen aber weiterhin am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Nicht nur Deutsche können in Deutschland wählen. Auch Bürger anderer EU-Staaten dürfen hier ihre Stimme abgeben. Die Stimmabgabe darf allerdings nur an dem Ort erfolgen, an dem ein EU-Bürger den Hauptwohnsitz hat. Damit wird gewährleistet, dass niemand in mehreren Ländern wahlberechtigt ist.

Was genau wird bei einer Europawahl gewählt?

Die Bürger der Europäischen Union wählen das Europäische Parlament. Es wird umgangssprachlich auch als Europaparlament oder EU-Parlament bezeichnet. Es gehört zu den sieben Organen der EU und ist das einzige von ihnen, das direkt gewählt wird.

Das Parlament hat 705 Sitze. Seine Arbeit verteilt sich auf die Standorte Straßburg (Frankreich), Brüssel (Belgien) und Luxemburg. Die Einwohnerzahl der EU-Staaten entscheidet darüber, wie viele Abgeordnete die Staaten ins Parlament schicken dürfen. Deutschland stellt die maximale Anzahl von 96 Abgeordneten. Auch die kleinsten Staaten haben das Recht auf mindestens sechs Abgeordnete.

Was hat das Europäische Parlament zu sagen?

Die politischen Institutionen der EU bilden ein einzigartiges Konstrukt. Die Aufgaben des Europäischen Parlaments sind aber zumindest vergleichbar mit denen eines nationalen Parlaments. Es ist erstens zuständig für die Gesetzgebung. Diese Aufgabe teilt sich das Parlament mit dem Ministerrat, in dem die Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten vertreten sind. Zweitens entscheiden die Abgeordneten über den Haushalt der EU. Das geschieht ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Ministerrat.

Die dritte Aufgabe des Europäischen Parlaments ist die Kontrollfunktion gegenüber Kommission und Ministerrat. Für diesen Zweck sind auch Untersuchungsausschüsse und Klagen des Parlaments vor dem Europäischen Gerichtshof möglich. Schließlich wählt das Parlament den Kommissionspräsidenten und damit das Amt, das in der EU einem Regierungschef am nächsten kommt. Auch die weiteren Mitglieder der Kommission müssen vom Parlament bestätigt werden.

Wie funktioniert die Wahl mit 27 EU-Staaten?

Der Ablauf der Europawahl 2024 ist soweit vereinheitlicht, dass die Stimmabgabe überall nach dem gleichen Prinzip funktioniert. Es gilt in allen Staaten das Verhältniswahlrecht. Das bedeutet, die Wähler geben überall ihre Stimme für die Liste einer Partei oder politischen Vereinigung ab. Sie können nur Listen wählen, die im gleichen Land zur Wahl antreten. Es existieren keine grenzüberschreitenden Listen. Die Verhältniswahl kennt man zum Beispiel auch von der Zweitstimme bei einer Bundestagswahl.

Ein Unterschied zwischen den Staaten ist aber die Sperrklausel. In Deutschland gibt es keine Sperrklausel bei Europawahlen. Die Parteien müssen also keinen bestimmten Prozentwert bei der Stimmauszählung erreichen, um einen Kandidaten ins Europäische Parlament zu schicken. Solange es rechnerisch für einen Abgeordneten reicht, erhält die Partei den Sitz. In manchen Staaten sieht das anders aus. Eine Sperrklausel bis zu einer Höhe von fünf Prozent ist bei der Europawahl möglich.

Wer sind die Spitzenkandidaten für die Europawahl 2024?

Aller Voraussicht nach wird es auch 2024 wieder europäische Spitzenkandidaten geben. Das heißt, einzelne Fraktionen stellen Kandidaten an die Spitze des europaweiten Wahlkampfes, anstatt nur Spitzenkandidaten für die jeweiligen nationalen Wahlen zu präsentieren. Die Europäische Volkspartei (EVP), zu der CDU und CSU gehören, die Sozialdemokraten mit dem deutschen Mitglied SPD und auch die europäischen Grünen wollen nach diesem Prinzip verfahren. Bei der EVP deutet sich stark eine Entscheidung für die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) an.

Die folgenden Personen wurden bisher von den deutschen Parteien als nationale Spitzenkandidaten nominiert (Reihenfolge entsprechend des Wahlergebnisses 2019, Stand 24. August 2023):

  • AfD: Maximilian Krah
  • Die Linke: Martin Schirdewan, Carola Rackete
  • FDP: Marie-Agnes Strack-Zimmermann
  • Freie Wähler: Christine Singer

Wie funktioniert der Stimmzettel für die Europawahl?

Die Europawahl ist eine Listenwahl. Der Wähler hat genau eine Stimme, die er an die Liste einer Partei oder politischen Vereinigung verteilen darf. An welcher Reihenfolge die Kandidaten auf der Liste stehen, können die Wähler nicht beeinflussen.

In Deutschland treten fast alle großen Parteien bundesweit zur Europawahl an. Es gibt aber keine Pflicht dazu. So macht beispielsweise die CSU immer wieder von der Möglichkeit Gebrauch, eine Liste ausschließlich für den Freistaat Bayern aufzustellen. Die CDU tritt in allen anderen der 15 Bundesländern an. Die Wähler finden also nicht in ganz Deutschland einen Stimmzettel mit den exakt gleichen Parteien vor. Der Wahlvorgang mit einem einzelnen Kreuz bleibt aber unabhängig vom Wohnort immer gleich.

Ist bei der Europawahl 2024 Briefwahl möglich?

Ja, die Bestimmungen zur Briefwahl sind die gleichen, die auch bei anderen Wahlen in Deutschland gelten. Der Antrag erfolgt beim Wahlamt der Kommune, in der ein Wähler wahlberechtigt ist – entweder schriftlich oder durch persönliches Erscheinen auf dem Amt.

Zu den Briefwahlunterlagen gehört neben dem Stimmzettel auch der Wahlschein. Darauf muss der Wähler die eidesstattliche Erklärung ausfüllen. Wahlschein und Stimmzettel müssen gemäß der beigefügten Anleitung in die ebenfalls beiliegenden Umschläge gesteckt werden. Wer seine Unterlagen persönlich beim Amt abholt, kann dort auf Wunsch auch gleich den Wahlbrief fertig machen und in die Urne werfen. Der Rückversand des Wahlbriefes per Post ist portofrei. Die korrekte Anschrift ist bereits auf dem Umschlag aufgedruckt.

Die Frist für den Antrag endet am Freitag, 7. Juni, um 18 Uhr. Bei einer nachgewiesenen plötzlichen Erkrankung ist ein Antrag noch bis 15 Uhr am Wahlsonntag möglich. Alle Wahlbriefe müssen am 9. Juni bis 18 Uhr an der angegebenen Adresse eintreffen – entweder per Post oder durch persönliches Einwerfen in den Briefkasten. Falls Briefe zu spät ankommen, werden die Stimmen nicht gezählt.

Wann erhalte ich die Wahlbenachrichtigung?

Der Bundeswahlleiter informiert, dass die Wahlbenachrichtigung spätestens am 21. Tag vor der Wahl bei den Wahlberechtigten ankommen muss. Die Wähler werden mit diesem Schreiben darüber informiert, in welcher Gemeinde sie wahlberechtigt sind und in welchem Wahlraum sie am 9. Juni wählen können. Außerdem finden Sie darauf Informationen zur Beantragung der Briefwahl.

Wann gibt es erste Prognosen, Hochrechnungen und Ergebnisse?

In Deutschland beginnt am Wahlabend um 18 Uhr die Auszählung der Stimmen. Erst ab diesem Moment dürfen Prognosen veröffentlicht werden. Bei den Prognosen handelt es sich um die Ergebnisse von Wählerbefragungen, nicht um eine erste Auszählung von Stimmen. Ein genaueres Bild vom möglichen Ergebnis der Europawahl ergibt sich aus den Hochrechnungen. Sie kombinieren die bereits fertigen Auszählungen mit der Prognose. Dadurch nähern sich die Hochrechnungen im Laufe des Abends immer näher dem tatsächlichen Ergebnis an. Mit einem vorläufigen amtlichen Wahlergebnis ist noch am Wahlsonntag zu rechnen.

Wie ging die letzte Europawahl aus?

Die Ergebnisse der Europawahl 2019 in Deutschland:

  • CDU/CSU: 28,9 Prozent
  • Grüne: 20,5 Prozent
  • SPD: 15,8 Prozent
  • AfD: 11,0 Prozent
  • Die Linke: 5,5 Prozent
  • FDP: 5,4 Prozent
  • Die Partei: 2,4 Prozent
  • Freie Wähler: 2,2 Prozent
  • Tierschutzpartei: 1,4 Prozent
  • ÖDP: 1,0 Prozent
  • Piraten: 0,7 Prozent
  • Familie: 0,7 Prozent
  • Volt: 0,7 Prozent
  • NPD: 0,3 Prozent
  • Sonstige: 3,5 Prozent

Die Fraktionen im Europaparlament unmittelbar nach der Wahl 2019:

  • EVP (mit CDU und CSU): 182 Sitze
  • S&D (mit SPD): 154 Sitze
  • Renew Europe (mit FDP und Freie Wähler): 108 Sitze
  • Grüne/EFA (mit Bündnis 90/die Grünen, Piraten, ÖDP und Volt): 74 Sitze
  • ID (mit AfD): 73 Sitze
  • EKR: 62 Sitze
  • Fraktionslos: 57 Sitze
  • GUE/NGL (mit Die Linke): 41 Sitze

Gibt es Umfragen zur Europawahl 2024?

Bei der Europawahl wählen die einzelnen EU-Staaten ihre eigenen Vertreter ins Europäische Parlament. Für diese nationalen Wahlen gibt es Umfragen, die jeweils die Stimmungslage in einem Land beleuchten. Es gibt jedoch bisher keine Europawahl-Umfragen, die grenzüberschreitende Ergebnisse liefern. Schließlich gibt es auch keine europäischen Parteilisten für eine einheitliche Wahl in ganz Europa.

Es gibt Ansätze für europäische Umfragewerte, die auf Basis nationaler Befragungen erstellt werden. Auf diese Art lassen sich Hochrechnungen anstellen, wie sich die Stärke der bisherigen Fraktionen im Europäischen Parlament entwickeln könnte. Eine solche Betrachtung der Umfragewerte beruht auf der Annahme, dass die Parteien sich weiterhin auf die bisherigen Fraktionen verteilen werden.

Für die Europawahl in Deutschland sind regelmäßige Umfragen der großen Meinungsforschungsinstitute zu erwarten. Dazu gehören beispielsweise Forsa, Forschungsgruppe Wahlen, INSA und Infratest dimap.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort