Reformbedarf bei Hubschraubern Grüne sehen Luftrettung in Deutschland beeinträchtigt

Exklusiv | Berlin · Die Zivilschutzhubschrauber des Bundes werden eigentlich für den Verteidigungsfall vorgehalten. Doch in der Praxis spielen sie bei der Luftrettung eine wichtige Rolle. Eine Antwort der Bundesregierung auf einen Grünen-Anfrage zeigt nun, dass es bei medizinische Koordination erhebliche Defizite gibt. Für die Luftrettung ist das heikel.

 Der Bund hält 18 Zivilschutz-Hubschrauber in deutschlandweit 12 Luftrettungszentren bereit.

Der Bund hält 18 Zivilschutz-Hubschrauber in deutschlandweit 12 Luftrettungszentren bereit.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

„Christoph“ ist weit davon entfernt, sein volles Potenzial auszuschöpfen. Der Zivilschutz-Hubschrauber (ZSH) des Bundes ist nach dem heiligen Christophorus benannt, dem Schutzpatron der Reisenden, Seeleute, Kraftfahrer und Luftschiffer. Doch aus Sicht der Grünen kann der Hubschrauber seine Schutzfunktion nicht vollumfänglich erfüllen. Es fehle an technischer wie medizinischer Koordination und die Zuständigkeiten seien nicht klar aufgeteilt. „Durch den Kompetenz-Wirrwarr zwischen Bund und Ländern fehlt beispielsweise die Einheitlichkeit in der medizinischen Ausbildung und Ausstattung“, kritisiert der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen. Außerdem gebe es keine bundesweite Koordination der Hubschrauber, die besonders bei länderübergreifenden Lagen wie der Corona-Pandemie entscheidend sei. Die Kritik des Grünen-Politikers trifft einen sensiblen Punkt: Im schlimmsten Fall könne die Qualität der Luftrettung in Deutschland beeinträchtigt sein.

Dahmen leitet seine Einschätzung aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage ab, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Insgesamt 18 ZSH stellt der Bund an 12 Standorten bereit, darunter in den Luftrettungszentren Frankfurt, Köln, Hannover und Duisburg. Eigentlich sind die Hubschrauber für den Bevölkerungsschutz im Verteidigungsfall vorgesehen und können von den Ländern auch im Katastrophenfall genutzt werden. In der Praxis kommen sie jedoch primär in der regulären Notfallversorgung zum Einsatz. Im Jahr 2020 war das bundesweit 14.039 Mal der Fall, wie aus der Aufstellung der Bundesregierung hervorgeht. Aus Sicht des Grünen-Politikers bilden die Hubschrauber einen elementaren Baustein der Luftrettung. „Wir brauchen deshalb eine stärkere technische und medizinische Koordination der Zivilschutzhubschrauber durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, um die Qualität der Luftrettung in Deutschland sicherzustellen“, fordert Dahmen.

Bereits seit 2017 arbeitet das Bundesinnenministerium an einem neuen Rahmenkonzept für die ZSH, bis heute liegt jedoch kein veröffentlichtes Konzept vor. Bisher wird die Ausbildung und Qualifikation der medizinischen Besatzungsmitglieder der Hubschrauber „nach landesrechtlichen Standards“ vorgenommen, wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht. Auch die medizinische Ausstattung und Ausrüstung sowie das medizinische Qualitätsmanagement obliegt den Ländern. Für alle technischen und flugbetrieblichen Fragen hingegen trägt der Bund die Verantwortung. Dahmen kritisiert, dass es dadurch zu großen Unterschieden bei der medizinischen Ausstattung der ZSH komme. Diese Uneinheitlichkeit würden die länderübergreifende Einsatzfähigkeit vermindern. „Wir brauchen dringend eine Reform der Zivilschutzhubschrauber, um ihre Einsatzfähigkeit vom Zivilschutz bis zur regulären Luftrettung sicherzustellen“, sagt der Gesundheitspolitiker.

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