Kleiner Parteitag in Düsseldorf Die Grünen stimmen als „Friedenspartei“ für schwere Waffen an die Ukraine

Düsseldorf/Berlin · Wandel durch Krieg: Die Grünen wollen zwar weiterhin Friedenspartei sein, haben sich aber dennoch in der Außen- und Sicherheitspolitik ganz neu aufgestellt. Der kleine Bundesparteitag in Düsseldorf stimmte relativ geräuschlos für die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine und für das geplante 100-Milliarden-Sondervermögen zur Aufrüstung der Bundeswehr.

Grünen-Parteichef Omid Nouripour am Samstag in Düsseldorf.

Grünen-Parteichef Omid Nouripour am Samstag in Düsseldorf.

Foto: dpa/David Young

Die Grünen unterstützen mehr Geld für die Bundeswehr und die Lieferung auch schwerer Waffen an die Ukraine, lehnen das Zwei-Prozent-Ziel der Nato für Rüstungsausgaben aber ab. Einen entsprechenden Antrag beschlossen die Delegierten am Samstag bei einem kleinen Parteitag in Düsseldorf. Zuvor hatte Parteichef Omid Nouripour versprochen: „Wir werden immer Friedenspartei bleiben.“

Für die Grünen, die immer an der Seite der Friedensbewegung gestanden haben, ist die neue Situation als Regierungspartei im Ukraine-Krieg nicht einfach. Kulturstaatsministerin Claudia Roth sprach von „Situationen der Zerrissenheit“. Zugleich ließen Redner und Delegierte aber wenig Zweifel an ihrer Unterstützung für die Ukraine.

Pazifisten wie Mahatma Gandhi hätten das eigene Leben für den Frieden aufs Spiel gesetzt, betonte der wegen Corona-Verdachts digital zugeschaltete Wirtschaftsminister Robert Habeck. „Pazifismus bedeutet nicht, dass wir andere sterben lassen, weil wir nicht bereit sind, unangenehme Entscheidungen zu treffen.“

Die Grünen wollen die Ukraine laut beschlossenem Antrag mit der Aufnahme Schutzbedürftiger helfen, mit Diplomatie, schnellen und konsequenten Sanktionen, der „Unterstützung mit wirksamen, auch schweren und komplexen Waffen“ und mit dem Annehmen einer aktiven, verantwortlichen Rolle innerhalb der EU, der Nato und der Weltgemeinschaft. Das Ziel der Nato, dass die Bündnisstaaten jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, lehnte der Parteitag hingegen ab. „Fixe Quoten abseits des Bedarfs der Bundeswehr, bei fehlenden effizienten Beschaffungsstrukturen und einem Zu-wenig an europäischer Zusammenarbeit bedeuten eben genau nicht mehr Sicherheit“, heißt es in dem Antrag.

Das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr billigten die 99 Delegierten mehrheitlich. Die Grünen fordern auch eine zügige Reform des Beschaffungswesens der Truppe. Ein Änderungsantrag der Grünen Jugend, der forderte, vor einer Zustimmung zunächst das Beschaffungswesen zu reformieren, fand keine Mehrheit. Nur ungefähr 25 von 99 Delegierten stimmten dafür. „Es ist richtig, dass wir die Ukraine unterstützen, auch militärisch, auch mit Waffen“, sagte der Co-Chef der Jugendorganisation, Timon Dzienus. Er sagte aber auch, dass der Etat der Bundeswehr über Jahre gestiegen sei. „Das Motto „Viel hilft viel“ hilft uns bei der Bundeswehr aktuell nicht weiter.“

Parteichef Omid Nouripour sagte, dass die Grünen als Regierungspartei der Realität ins Gesicht schauten. Das bedeute keinen Abschied vom Bemühen um friedliche Konfliktlösungen. Der Einsatz von Militär dürfe nur „ein aller-, allerletztes Mittel“ sein. Die Lage in der Ukraine zwinge die Grünen nun, Dinge zu tun, die sie vor einigen Wochen nicht getan hätten, darunter die Lieferung schwerer Waffen. „Es ist unser Job als Grüne, die historisch gewachsene berechtigte Kultur der militärischen Zurückhaltung nicht aufzugeben. Das ist und bleibt richtig“, sagte Nouripour.

Es war der erste Bundesparteitag seit der Wahl des neuen Vorstandes Ende Januar. Vor der NRW-Landtagswahl am 15. Mai ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD zu beobachten. Die Grünen lagen zuletzt mit um die 16 Prozent an dritter Stelle. (mit dpa)

(dpa/mar )
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